e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
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„I hob’s net gechecked“ – „Ob die Ballett machen?“<br />
Stimmungsbild von Sebastian Schley, 15.04.2011<br />
Gerade hat sich die „kommende Königin“ hinter die kleine<br />
Bühne des <strong>brut</strong> im Konzerthaus zurückgezogen. Die Audienz<br />
ihrer Majestät scheint beendet. Langsam erlöschen die<br />
Scheinwerfer, die Boxen verstummen und es wird dunkel und<br />
still. Nur eine Handvoll Zuschauer begreift diesen inzwischen<br />
ritualisierten, beinahe standardisierten Vorgang der theatralen<br />
Dramaturgie und beginnt nun zögerlich damit, ihre<br />
Handflächen aneinanderzuklatschen. Der mehrheitliche Rest<br />
– darunter ich – verharrt in der Stille und reagiert erst, als das<br />
große Saallicht zum kollektiven Mitmachen einlädt.<br />
Was zurückbleibt, ist allumgreifende Ratlosigkeit. Floskeln machen<br />
die Runde. „I glaub, I hob’s net gechecked“, „Aha“, „Was<br />
war das denn?“.<br />
Ich gehe in den Vorraum, schaue mich um und blicke ausschließlich<br />
in irritierte und nachdenkliche Gesichter. „Ich<br />
brauch wohl noch ein bisschen Zeit, bis sich mir der Sinn des<br />
Ganzen erschließt“, erklärt ein e-<strong>xilant</strong>-Kollege, „vielleicht weiß<br />
ich’s in drei Stunden.”<br />
Bildrechte: Christoph Wingelmayr<br />
Vielen scheint es da nicht anders zu gehen. Ein paar<br />
Meter weiter treffe ich auf eine Kulturreferentin des Landes<br />
Niederösterreich. „Mal was anderes, irgendwie passend zu<br />
Österreich, das Monarchie-Thema“, erzählt sie. Ihre Freundin<br />
fügt hinzu, dass vor allem die tänzerische Choreografie eine<br />
Wahnsinnsleistung sei. „Ich arbeite im Bereich Theater und<br />
Performancekunst und hab so was selber mal einstudiert –<br />
das ist unglaublich anstrengend.”<br />
Ich frage, was ihnen das Stück inhaltlich gesagt habe, und<br />
ernte zunächst langes Schweigen. Die Kulturreferentin<br />
versucht sich an der Interpretation der doppelmenschlichen<br />
Beschaffenheit der „kommenden Königin“, was ihr allerdings<br />
nicht so recht zu gelingen scheint. Anschließend ergänzt sie:<br />
„Man hat sich aber wirklich wie das Volk gefühlt“, und ihre<br />
Freundin bemerkt: „Die eine hatte so einen ganz durchdringenden<br />
Blick, das hat wirklich funktioniert.”<br />
Inzwischen hat sich der Vorraum fast vollständig geleert. Ich<br />
beschließe zu gehen, um die Lovefuckers-Inszenierung im<br />
Künstlerhaus nicht zu verpassen. Um mich herum scheint sich<br />
die Irritation allmählich in verblüffte Anerkennung gewandelt<br />
zu haben. Auch die Wortfetzen, die ich hier und da noch auf<br />
der Stiege aufschnappe, sind jetzt andere:<br />
„Große Leistung“, „Sich so zu bewegen, muss schwer sein“,<br />
„Ob die Ballett machen?“.<br />
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