PDF-Download - BKU
PDF-Download - BKU
PDF-Download - BKU
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Schwerpunkt: Katholische Soziallehre aktuell<br />
Gottes- und Menschenbild stehen im Zentrum<br />
<strong>BKU</strong>-Berater Roos über zentrale Gedanken der neuen Enzyklika<br />
Der Mensch ist nicht das<br />
Produkt einer „blinden<br />
Evolution“, sondern von einem<br />
liebenden Gott geschaffen.<br />
Diese Erkenntnis<br />
und ihre Folgen für die Theologie<br />
bilden das Zentrum<br />
der neuen Papstenzyklika.<br />
von Prof. Dr. Lothar Roos<br />
ist das Wichtigste<br />
am christ-<br />
1.Was<br />
lichen Glauben?<br />
Mit der ersten Enzyklika Papst<br />
Benedikts XVI. lautet die Antwort:<br />
Unser Gottesbild und<br />
das von ihm geformte Menschenbild:<br />
„Gott ist die Liebe“<br />
und: „Wir haben die Liebe erkannt,<br />
die Gott zu uns hat, und<br />
ihr geglaubt“ (1 Joh 4,16).<br />
„Wir sind nicht das Produkt einer<br />
blinden Evolution, sondern<br />
jeder von uns entspringt einem<br />
eigenen Gedanken Gottes: Jeder<br />
ist gewollt, jeder ist geliebt,<br />
jeder wird gebraucht“, so hatte<br />
Benedikt XVI. bereits in seiner<br />
ersten Predigt als Papst gesagt.<br />
Wir sind von Gott geliebt<br />
und in dieser Liebe untereinander<br />
und mit allen Menschen<br />
dieser Erde in Liebe verbunden<br />
und zur Liebe verpflichtet.<br />
Da dies nur in Glauben zu erfassen<br />
ist, richtet sich die Enzyklika<br />
„an alle Christgläubigen“.<br />
Wer diesen Glauben<br />
nicht teilt, vermag der Botschaft<br />
der Enzyklika nicht ohne<br />
weiteres zu folgen.<br />
bedeutet aber<br />
nicht, dass „das Ei-<br />
2.Das<br />
gentliche des Christentums<br />
aus den grundlegenden<br />
Lebenszusammenhängen<br />
des Menschseins ausgegliedert<br />
und zu einer Sonderwelt“<br />
würde, die „vom Ganzen der<br />
menschlichen Existenz abgeschnitten“<br />
wäre. Im Gegenteil:<br />
Weil Gott alle Menschen ge-<br />
6_<strong>BKU</strong>-Journal 1_06<br />
schaffen und weil er in Jesus<br />
unser aller Bruder geworden<br />
ist, deshalb ist das christliche<br />
Gottes- und Menschenbild für<br />
das Glück aller Menschen bedeutsam.<br />
Denn die „schenkende<br />
Liebe“ (Agape) Gottes und<br />
die „begehrende Liebe“ (Eros)<br />
des Menschen sind zutiefst<br />
miteinander verbunden. Erst<br />
wer die Liebe Gottes begriffen<br />
hat und den darin uns geschenkten<br />
Sinn des Lebens,<br />
der vermag auch dem Mitmenschen<br />
in rechter Weise zu begegnen.<br />
Agape und Eros hängen<br />
innerlich miteinander zusammen.<br />
Es gibt nur eine Liebe.<br />
die Kirche ergibt<br />
sich daraus ein<br />
3.Für<br />
„dreifacher Auftrag“:<br />
die „Verkündigung von<br />
Gottes Wort“, die „Feier der<br />
Sakramente“ und der „Dienst<br />
der Liebe“. Diese Aufgaben<br />
bedingen sich gegenseitig und<br />
sind nicht voneinander zu trennen.<br />
„Der Liebesdienst ist für<br />
die Kirche nicht eine Art<br />
Wohlfahrtsaktivität, die man<br />
auch anderen überlassen könnte,<br />
sondern er gehört zu ihrem<br />
Wesen, ist unverzichtbarer<br />
Ausdruck ihrer selbst“.<br />
Benedikt XVI. widmet diesem<br />
„Dienst der Liebe“ das<br />
Hauptaugenmerk seiner Enzyklika.<br />
Weil die Kirche „Gottes<br />
Familie in der Welt“ darstellt,<br />
darf es in dieser Familie „keine<br />
Notleidenden geben“; „zugleich<br />
aber überschreitet Caritas-Agape<br />
die Grenzen der<br />
Kirche“, wie dies im Gleichnis<br />
Jesu vom barmherzigen<br />
Samariter sichtbar wird, das<br />
„die Universalität der Liebe<br />
ausdrückt. Sie wendet sich<br />
dem Bedürftigen zu, dem man<br />
‚zufällig' (vgl. Lk 10,31) begegnet,<br />
wer immer er auch sei.“<br />
(25).<br />
Caritas der<br />
Kirche und ihre<br />
4.Die<br />
Soziallehre sind in<br />
gleicher Weise unentbehrlich,<br />
um Gottes Liebe zum Menschen<br />
zu leben. Deswegen<br />
handelt Benedikt XVI. nicht<br />
nur von der Caritas der Kirche,<br />
sondern ausführlich auch von<br />
ihrer Soziallehre. Dies geschieht<br />
unter der Überschrift<br />
„Gerechtigkeit und Liebe“.<br />
Die moderne „Katholische<br />
Soziallehre“ entstand in der<br />
Auseinandersetzung mit den<br />
Ideologien und sozialen Nöten<br />
„seit dem 19. Jahrhundert“.<br />
Benedikt XVI. stellt hier seiner<br />
deutschen Heimat ein beispielhaftes<br />
Zeugnis aus. Er<br />
nennt ausdrücklich Bischof<br />
Ketteler von Mainz als „Wegbereiter“<br />
und spricht über Vereinigungen,<br />
„die im 19. Jahrhundert<br />
den Kampf gegen Armut,<br />
Krankheit und Bildungsnotstand<br />
aufnahmen“.<br />
Gegenstand der Soziallehre<br />
der Kirche ist die Frage, wie<br />
mehr Gerechtigkeit gefunden<br />
und geschaffen werden kann.<br />
Ihr wichtigstes erkenntnistheoretisches<br />
Instrument ist dabei<br />
das, „was allen Menschen wesensgemäß<br />
ist“, das bedeutet:<br />
„Die Soziallehre der Kirche<br />
argumentiert von der Vernunft<br />
und vom Naturrecht her“ (28).<br />
Der dazu nötige „Imperativ<br />
der Nächstenliebe“ ist „vom<br />
Schöpfer in die Natur des<br />
Menschen selbst eingeschrieben“<br />
(31). Damit stellt Benedikt<br />
XVI. klar: Die naturrechtliche<br />
Argumentation ist für die<br />
Soziallehre der Kirche wesentlich<br />
und deshalb unverzichtbar.<br />
Eine zentrale Aufgabe des<br />
christlichen Glaubens und der<br />
Kirche besteht in ihrer Pflicht,<br />
„durch ethische Bildung ihren<br />
Beitrag zu leisten, damit die<br />
Ansprüche der Gerechtigkeit<br />
einsichtig und politisch durchsetzbar<br />
werden“ (28).<br />
seiner Enzyklika<br />
„Deus Cari-<br />
5.Mit<br />
tas est“ macht Benedikt<br />
XVI. auf die kulturbildende<br />
Kraft des christlichen<br />
Glaubens, der von ihm ausgehenden<br />
Liebe und dem Streben<br />
nach Gerechtigkeit aufmerksam.<br />
Dass Gott, der die<br />
Liebe ist, den Menschen als<br />
„sein Abbild“ geschaffen hat,<br />
dass Jesus Christus, die<br />
menschgewordene Liebe Gottes,<br />
sich mit den Geringsten<br />
seiner und unserer Brüder und<br />
Schwestern identifiziert (Mt<br />
25), hat die biblisch-christliche<br />
Kultur nachhaltig geprägt.<br />
Dies gilt nicht nur für die<br />
christliche Gestalt von Ehe<br />
und Familie, sondern für alle<br />
Tugenden und Werke der<br />
kirchlichen Caritas als einer<br />
der drei wesentlichen Lebensvollzüge<br />
der Kirche. Die „Caritas“<br />
ist die Frucht des Geistes,<br />
der in der Kirche jene „innere<br />
Kraft“ darstellt, „die ihr<br />
Herz mit dem Herzen Christi<br />
in Einklang bringt und sie bewegt,<br />
die Mitmenschen so zu<br />
lieben, wie er sie geliebt hat“.<br />
Benedikt XVI. legt eindrucksvoll<br />
dar, wie aus diesem Gottes-<br />
und Menschenbild vom<br />
Anfang der Kirche bis heute<br />
christliche Diakonie in der Geschichte<br />
Gestalt gewonnen hat<br />
und auch heute und morgen<br />
gewinnen kann. ■<br />
Prof. Dr. Lothar Roos ist Geistlicher<br />
Berater des <strong>BKU</strong>. Eine<br />
Langfassung dieses Textes finden<br />
Sie unter www.bku.de<br />
/Aktuelles