Erträge, so sicher wie das Gold in Fort Knox. - NATURSCHECK
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Interviews<br />
Was ist der Mensch? Viele<br />
Menschen werden krank,<br />
weil sie falsche Selbstbilder<br />
haben. Viele leiden am Burnout-Syndrom,<br />
weil sie an ihrem<br />
eigenen Bild vorbeileben<br />
und die Bilder anderer erfüllen,<br />
die man ihnen übergestülpt<br />
hat. Es gibt Bilder der<br />
Selbstüberschätzung, <strong>in</strong> denen<br />
man immer cool, immer perfekt<br />
se<strong>in</strong> muß. In der Theologie<br />
geht man allerd<strong>in</strong>gs davon<br />
aus, daß Gott sich von jedem<br />
Menschen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliges Bild<br />
gemacht hat, und unsere Aufgabe<br />
ist es, dieses Bild zu erkennen.<br />
Das geht aber nicht<br />
kognitiv, nicht <strong>so</strong>, daß man<br />
es beschreiben könnte. Es ist<br />
mehr <strong>das</strong> Empf<strong>in</strong>den im E<strong>in</strong>klang<br />
oder <strong>in</strong> Frieden mit sich<br />
selbst zu se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Gefühl, daß<br />
<strong>das</strong> Leben stimmig ist.<br />
Wenn ich me<strong>in</strong> Bild gefunden<br />
habe, dann b<strong>in</strong> ich<br />
frei, und me<strong>in</strong> Leben sprudelt<br />
<strong>wie</strong> e<strong>in</strong>e erfrischende<br />
Quelle. Für Platon besteht<br />
Bildung dar<strong>in</strong>, sich <strong>das</strong> Bild<br />
Gottes e<strong>in</strong>zubilden. Die Frage<br />
lautet jedoch: Wie f<strong>in</strong>det<br />
man dieses Bild? Für mich ist<br />
e<strong>in</strong> gangbarer Weg, geistesgegenwärtig<br />
zu se<strong>in</strong>. Wenn ich<br />
<strong>in</strong> der Stille b<strong>in</strong> und ich empf<strong>in</strong>de<br />
die Stimmigkeit me<strong>in</strong>es<br />
Weges, dann darf ich weiter<br />
vertrauen. Anhaltspunkte<br />
für diese Suche f<strong>in</strong>det man<br />
auch <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit. Womit<br />
konnte ich mich stundenlang<br />
beschäftigen? Wo war ich tief<br />
berührt? Wo war ich als K<strong>in</strong>d<br />
begeistert? Wo habe ich wahrhaftig<br />
gehört, gespürt, wahrgenommen?<br />
An diesen Stellen<br />
war ich <strong>in</strong> Berührung mit<br />
mir. Wenn ich dies als Bild für<br />
mich annehme, dann komme<br />
ich <strong>wie</strong>der <strong>in</strong> Berührung mit<br />
mir selbst.<br />
Es ist doch schon erstaunlich,<br />
<strong>wie</strong> sensibel e<strong>in</strong> Mensch für Irrwege<br />
und Abzweigungen auf<br />
se<strong>in</strong>em Lebensweg ist! Es ist,<br />
als ob e<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerer Kompass<br />
e<strong>in</strong>en mit aller Kraft <strong>in</strong> den<br />
Heimathafen br<strong>in</strong>gen wollte.<br />
12 naturscheck w<strong>in</strong>ter 2010<br />
Bestenfalls macht sich dieser<br />
Wegweiser durch <strong>das</strong> Gewissen<br />
oder die Empf<strong>in</strong>dung bemerkbar,<br />
im schlimmsten Fall<br />
<strong>so</strong>matisieren sich Krankheiten.<br />
Es sche<strong>in</strong>t grundsätzlich e<strong>in</strong><br />
Regulativ im Leben zu geben,<br />
e<strong>in</strong>e Ausgleichskraft, die e<strong>in</strong>em<br />
darauf aufmerksam macht, daß<br />
man gerade e<strong>in</strong> gutes oder<br />
e<strong>in</strong> destruktives Lebenspr<strong>in</strong>zip<br />
lebt, <strong>das</strong> nicht <strong>in</strong> diese Schöpfung<br />
paßt.<br />
Pater Anselm: Manchmal<br />
ist Depression zum Beispiel<br />
e<strong>in</strong> Hilfeschrei der Seele<br />
gegen maßlose Ansprüche<br />
an uns selbst. C. G. Jung<br />
sagt: »Die Depression ist e<strong>in</strong>e<br />
schwarz gekleidete Dame.<br />
Wenn sie an der Tür klopft,<br />
dann laß sie e<strong>in</strong>treten. Sie<br />
hat dir Wichtiges zu sagen.«<br />
In <strong>so</strong>lch e<strong>in</strong>em Fall ist es tatsächlich<br />
gut, daß die Seele rebelliert.<br />
Natürlich muß man<br />
aber auch vorsichtig se<strong>in</strong> bei<br />
der Deutung von Krankheiten.<br />
Wenn ich dem Menschen<br />
ständig vermittele, daß<br />
er an se<strong>in</strong>em Gebrechen selbst<br />
Schuld ist, dann steigere ich<br />
damit nur se<strong>in</strong>e Schuldgefühle<br />
und helfe ihm dabei nicht.<br />
Sie praktizieren auch Zen-Meditation.<br />
Pater Anselm: Ja. Ich<br />
habe durch die Zen-Meditation<br />
e<strong>in</strong>en tieferen Zugang zu<br />
den christlichen Gebeten bekommen.<br />
Ich sitze <strong>in</strong> der entsprechenden<br />
Sitzhaltung, achte<br />
auf me<strong>in</strong>e Atmung und vertiefe<br />
mich <strong>in</strong> <strong>das</strong> Gebet. Ich<br />
war vor zwei Jahren <strong>in</strong> Taiwan<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em buddhistischen<br />
Nonnenkloster und habe dort<br />
mit e<strong>in</strong>er Zen-Meister<strong>in</strong> über<br />
unsere unterschiedlichen Erfahrungen<br />
mit der Meditation<br />
diskutiert. Beide wollen<br />
wir <strong>in</strong> den Raum der Stille,<br />
jenseits der Worte kommen.<br />
In der christlichen Tradition<br />
schließt jedoch <strong>das</strong> Wort Jesu<br />
den Raum zum wortlosen<br />
Geheimnis Gottes auf. Dieser<br />
Raum ist für uns Christen<br />
aber e<strong>in</strong> Raum der Liebe. Die<br />
Nonne entgegnete mir dann,<br />
daß ihr Liebe zu anstrengend<br />
sei, für sie sei es der Raum der<br />
Leere. Ich dachte mir damals,<br />
ob hier wohl nicht e<strong>in</strong>e Verwechslung<br />
zwischen den Begriffen<br />
Liebe und Gefühl vorliegt.<br />
Ich b<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung,<br />
wenn der Urgrund des Lebens<br />
Liebe ist, dann gibt <strong>das</strong><br />
dem Se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ganz andere<br />
Qualität!<br />
Wie<strong>so</strong> beschäftigen Sie sich als<br />
christlicher Mönch überhaupt<br />
mit dem Buddhismus?<br />
Pater Anselm: Der Dialog<br />
mit dem Buddhismus<br />
und die Beschäftigung mit<br />
der Lehre ist me<strong>in</strong>er Ansicht<br />
nach sehr wichtig, weil man<br />
im Christentum vieles übersehen<br />
hat. Es geht ja auch nicht<br />
um <strong>das</strong> Vermischen der Lehren,<br />
<strong>so</strong>ndern um <strong>das</strong> gegenseitige<br />
Lernen. Die Ich-Verklärung,<br />
<strong>das</strong> Loslassen, Freiwerden<br />
von der Welt s<strong>in</strong>d beispielsweise<br />
Momente, die <strong>in</strong><br />
beiden Glaubensrichtungen<br />
sehr wichtig s<strong>in</strong>d.<br />
Im Gegensatz zum Christentum<br />
muß aber im Buddhismus<br />
doch nicht nur <strong>das</strong> hohe Ich<br />
überwunden, <strong>so</strong>ndern aufgelöst<br />
werden. Das widerspricht<br />
christlichen Gedanken eher.<br />
Pater Anselm: Das<br />
ist richtig. Mart<strong>in</strong> Buber, der<br />
<strong>das</strong> berühmte Buch »Ich und<br />
Du« geschrieben hat, zeigt,<br />
<strong>wie</strong> wichtig die per<strong>so</strong>nale Begegnung<br />
zwischen den Menschen<br />
ist. Per<strong>so</strong>n se<strong>in</strong>, sich begegnen,<br />
<strong>das</strong> ist e<strong>in</strong>e hohe Kultur,<br />
die für den Menschen essentiell<br />
ist. Wenn wir dieses<br />
Per<strong>so</strong>n-Se<strong>in</strong> auflösen, würden<br />
wir uns viel nehmen.<br />
Man muß aber bei alledem<br />
auch genau h<strong>in</strong>sehen<br />
und sich fragen, ob Buddhisten<br />
<strong>das</strong> wirklich <strong>so</strong> me<strong>in</strong>en.<br />
Oft versteht man diese Punkte<br />
dort ganz anders <strong>wie</strong> wir<br />
hier im Westen. Alles <strong>in</strong> allem<br />
merke ich zwar, daß ich dem<br />
Buddhismus gegenüber kritischer<br />
geworden b<strong>in</strong>, auf der<br />
anderen Seite habe ich durch<br />
ihn die asketischen und mystischen<br />
Dimensionen des<br />
Christentums aber neu entdeckt.<br />
Der Dialog kann e<strong>in</strong>e<br />
Bereicherung für uns se<strong>in</strong>, der<br />
uns hilft, die Bibel mit neuen<br />
Augen zu lesen.<br />
Immer <strong>wie</strong>der ist zu lesen, daß<br />
Ihnen kirchen<strong>in</strong>tern vorgeworfen<br />
wird, sich zu sehr dem<br />
Zeitgeist anzupassen bzw. zu<br />
liberale Positionen zu vertreten.<br />
Stört es Sie nicht, daß<br />
die Mauerbauer, Verwalter und<br />
Konservierer <strong>in</strong> den Religionen<br />
immer recht bald <strong>das</strong> Sagen<br />
haben und <strong>das</strong> »weite Herz«,<br />
<strong>wie</strong> Sie es <strong>so</strong> schön ausdrücken,<br />
zu kurz kommt?<br />
Pater Anselm: Ich<br />
werde weniger von Bischöfen,<br />
<strong>so</strong>ndern eher von konservativen<br />
Katholiken oder Evangelikalen<br />
kritisiert. Für mich ist<br />
die Bibel nicht dogmatisch, sie<br />
spricht vielmehr <strong>in</strong> wundervollen<br />
Bildern zu uns, und um<br />
diese zu durchdr<strong>in</strong>gen, haben<br />
wir nun e<strong>in</strong>mal den Verstand,<br />
den ich benutzen darf und<br />
<strong>so</strong>ll! Wenn ich die Bibel <strong>in</strong><br />
dieser Weise betrachte, kann<br />
ich feststellen, daß beispielsweise<br />
Gott nicht vergibt, weil<br />
Jesus gestorben ist - e<strong>in</strong>e Tatsache,<br />
die mir übrigens wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
auch jeder Theologe<br />
bestätigen könnte! Alle<strong>in</strong><br />
dieser Gedanke ist für manch<br />
orthodoxen Christ aber schon<br />
e<strong>in</strong>e Häresie, e<strong>in</strong>e Ketzerei!<br />
Gott war aber schon immer<br />
der vergebende Gott, selbst<br />
im alten Testament, <strong>das</strong> kann<br />
man ja <strong>in</strong> der Bibel nachlesen!<br />
Jesus vermittelte diese vergebende<br />
Liebe, <strong>in</strong> dem er es exemplarisch<br />
vorlebte. Das Bild<br />
aber, daß Gott den Tod se<strong>in</strong>es<br />
Sohnes brauchte, um den<br />
Menschen vergeben zu können,<br />
ist unlogisch und nicht<br />
nachvollziehbar.<br />
Das war seit me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit<br />
e<strong>in</strong> Punkt, den ich nie nachvollziehen<br />
konnte! In e<strong>in</strong>em Buch<br />
habe ich dazu s<strong>in</strong>ngemäß ge-