Erträge, so sicher wie das Gold in Fort Knox. - NATURSCHECK
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Leserbrief<br />
Plädoyer für die Beseeltheit allen Se<strong>in</strong>s<br />
Auszug aus e<strong>in</strong>em Leserbrief von Hans-Jürgen Schwitkowski aus Heilbronn.<br />
»<br />
Wenngleich die geschaffenen<br />
Wesen vergänglich<br />
s<strong>in</strong>d, niemals werden sie <strong>in</strong>s<br />
Nichts vers<strong>in</strong>ken.« Dieses<br />
Zitat von Thomas von Aqu<strong>in</strong><br />
gilt für alles, was läuft, krabbelt,<br />
schlängelt und kriecht.<br />
Und wenn es uns nicht vergönnt<br />
ist, dies zu erkennen,<br />
dann ist es unsere Beschränktheit,<br />
die uns bl<strong>in</strong>d<br />
macht für <strong>das</strong> gar nicht <strong>so</strong><br />
Verborgene.<br />
Nach den Tagen als unser<br />
guter Kater starb, verspürte<br />
ich e<strong>in</strong>e andere Innerlichkeit<br />
als <strong>so</strong>nst, die mir <strong>das</strong> Leben<br />
<strong>in</strong> selbst se<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>sten<br />
Variationen als etwas Neues<br />
offenbarte. Während ich<br />
<strong>in</strong> unserer Küche – <strong>so</strong> <strong>wie</strong> ich<br />
es immer tat – <strong>in</strong> den Abendstunden<br />
Mandola spielte,<br />
setzte sich immer <strong>wie</strong>der e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Stubenfliege auf die<br />
Zargen des tief kl<strong>in</strong>genden<br />
Instruments. Zu anderen Zeiten<br />
hätte ich mit e<strong>in</strong>er Handbewegung<br />
<strong>das</strong> unsche<strong>in</strong>bare,<br />
aber lästige Tierchen verscheucht.<br />
So er<strong>in</strong>nerte ich<br />
mich, als ich vor 19 Jahren<br />
ebenfalls <strong>in</strong> der Küche Banjo<br />
spielte und der damals noch<br />
80 naturscheck w<strong>in</strong>ter 2010<br />
kle<strong>in</strong>e Kater, der erst e<strong>in</strong> paar<br />
Tage bei uns war, es sich gegenüber<br />
auf dem Küchenstuhl<br />
bequem machte und mir<br />
<strong>in</strong>teressiert zuzuhören schien<br />
und dort lange mit offenem,<br />
zufriedenem Blick verweilte.<br />
Damals überkam mich e<strong>in</strong><br />
Gefühl der Dankbarkeit, <strong>das</strong><br />
mich viele Jahre bewegte. Dafür,<br />
daß diese Tier Gefühl, Interesse<br />
und Zuneigung <strong>in</strong> dieser<br />
Art für mich und me<strong>in</strong><br />
Spiel zeigte. So bekam ich e<strong>in</strong>en<br />
langjährigen Freund.<br />
Tiere, <strong>so</strong> ist me<strong>in</strong>e Beobachtung,<br />
mögen Musik, aber<br />
ke<strong>in</strong>en Lärm. So <strong>so</strong>llten es die<br />
Menschen <strong>in</strong> Zeiten lärmender<br />
Musik auch halten. Musik<br />
baut auf, Lärm zerstört. In<br />
me<strong>in</strong>er tiefen Trauer sprach<br />
ich etwas mit der Fliege, und<br />
ich dachte zu erkennen, daß<br />
auch diese Stubenfliege e<strong>in</strong><br />
komplexes, unverwechselbares<br />
Wesen mit e<strong>in</strong>er Dase<strong>in</strong>sberechtigung<br />
ist. Nichts ist<br />
s<strong>in</strong>n- und nutzlos, auch nicht<br />
<strong>das</strong> für uns Unsche<strong>in</strong>bare und<br />
Abstoßende. Selbst e<strong>in</strong>e Stubenfliege<br />
kann e<strong>in</strong> Zeugnis<br />
für die Existenz Gottes e<strong>in</strong>.<br />
Auch diesmal galt, <strong>wie</strong> vor 19<br />
Jahren, Musik zieht Tiere an,<br />
auch wenn es bei dieser Fliege<br />
wohl nur die vibrierende Re<strong>so</strong>nanz<br />
auf e<strong>in</strong>er handwarmen<br />
Mandolazarge war.<br />
Alles, was Schmerzen<br />
empf<strong>in</strong>det, ist beseelt. Dies<br />
gehört zu me<strong>in</strong>en Grundüberzeugungen.<br />
E<strong>in</strong>e Kakerlake<br />
zum Beispiel hat beg<strong>in</strong>nendeSchmerzempf<strong>in</strong>dungen<br />
<strong>in</strong> ihren Fühlern, al<strong>so</strong><br />
würde bei dieser Tierart <strong>das</strong><br />
<strong>in</strong>dividuelle, »beseelte« Leben<br />
beg<strong>in</strong>nen. Hat <strong>das</strong> Tier<br />
auch e<strong>in</strong>e unsterbliche Seele?<br />
Denn, daß <strong>das</strong> Tier den vegetativen<br />
und sensiblen Teil der<br />
Seele besitzt, ist Faktum. Es<br />
wächst und hat Schmerzen,<br />
empf<strong>in</strong>det Freude und Trauer.<br />
Ich glaube fest, daß <strong>das</strong> Tier<br />
auch den unsterblichen Teil<br />
der Seele besitzt, <strong>so</strong>nst wäre<br />
es als lebendiges Wesen ja unvollkommen.<br />
Aber alles, was<br />
Gott erschaffen hat, ist vollkommen,<br />
selbst wenn wir uns<br />
als <strong>so</strong>lches nicht wahrnehmen<br />
(können).<br />
Wir haben 19 Jahre lang<br />
e<strong>in</strong>en guten Kater gehabt. In<br />
se<strong>in</strong>er letzten Lebensnacht<br />
wurde er sehr unruhig, er lief<br />
stundenlang im Kreis herum<br />
und erkannte uns vor lauter<br />
Unruhe und Angst nicht<br />
mehr. Es war e<strong>in</strong>e der bewegendsten<br />
und schlimmsten<br />
Nächte me<strong>in</strong>es Lebens.<br />
Me<strong>in</strong> geliebter Benny schien<br />
wohl se<strong>in</strong> langes Katzenleben<br />
zu verlassen. Am Morgen<br />
wollte er sich, nach langer<br />
Suche nach e<strong>in</strong>em Versteck,<br />
im Beistellherd <strong>in</strong> der<br />
Küche verkriechen. So <strong>wie</strong> es<br />
Tiere, die e<strong>in</strong>sam sterben wollen,<br />
tun. In der letzten Phase<br />
des Sterbens will – nach Elisabeth<br />
Kübler-Ross – auch<br />
der sterbende Mensch alle<strong>in</strong>e<br />
se<strong>in</strong>. Auch hier gleichen sich<br />
Mensch und Tier als Erdenbrüder.<br />
Me<strong>in</strong>e Frau holte <strong>das</strong><br />
sterbende Tier <strong>wie</strong>der hervor.<br />
Dann saß es völlig apathisch<br />
und verstört vor se<strong>in</strong>em Futternapf.<br />
Jetzt passierte etwas<br />
Unglaubliches. Me<strong>in</strong>e Frau<br />
nahm ihn auf den Schoß, und<br />
der Kater, der uns die ganze<br />
Nacht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Verstörtheit<br />
nicht mehr erkennen konnte,<br />
kehrte noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>s Leben<br />
zurück und bekam e<strong>in</strong>en<br />
normalen Gesichtsausdruck,<br />
ohne Angst, und schmiegte<br />
sich im Vertrauen, <strong>so</strong> <strong>wie</strong><br />
er es all die Jahre getan hatte,<br />
mit se<strong>in</strong>em Köpfchen an.<br />
Während me<strong>in</strong>e Frau ihn<br />
liebevoll <strong>in</strong> den Armen hielt,<br />
klammerte er sich mit dem<br />
Pfötchen fest an mich und<br />
hielt me<strong>in</strong>e Hand sehr kräftig<br />
noch e<strong>in</strong>mal fest. Ich gab ihm<br />
me<strong>in</strong>en Segen, <strong>so</strong> <strong>wie</strong> es Väter<br />
mit ihren K<strong>in</strong>dern tun, denn<br />
er war <strong>wie</strong> e<strong>in</strong> Sohn für mich.<br />
So hoffe ich, daß ich ihn e<strong>in</strong>mal<br />
<strong>wie</strong>dersehen darf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
anderen, schöneren Welt.<br />
Er war e<strong>in</strong> ganz be<strong>so</strong>nderes<br />
Geschenk Gottes an uns, und<br />
wir waren jeden Tag dankbar<br />
für se<strong>in</strong>e Anwesenheit.<br />
Der komplette Leserbrief<br />
liegt dem Verlag vor und<br />
kann an Interessierte weitergeleitet<br />
werden.