Information - Zahnärztekammer Niedersachsen
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tersuchung und Behandlung eine telefonische<br />
Beratung mit entsprechenden<br />
therapeutischen Anweisungen<br />
treten könne.<br />
Die Eltern eines zehnjährigen Kindes<br />
hatten dessen starke Zahnschmerzen<br />
bereits durch Maßnahmen wie<br />
Kühlen, Munddusche, Anwendung von<br />
schmerzstillender Salbe und letztlich<br />
durch die Verabreichung von Paracetamol<br />
zu lindern versucht, was aber ohne<br />
Erfolg blieb. Sie wandten sich nachts an<br />
eine zum Notdienst eingeteilte Zahnärztin<br />
mit der Bitte um Behandlung ihres<br />
Kindes – allerdings vergeblich.<br />
Das Berufsgericht erteilte der Zahnärztin<br />
wegen der nicht persönlich<br />
durchgeführten Untersuchung des<br />
Kindes einen Verweis wegen der Verletzung<br />
ihrer Berufspflicht und verhängte<br />
eine Geldbuße in Höhe von<br />
3000 Euro.<br />
Das dagegen angerufene Landesberufungsgericht<br />
für Heilberufe hat diese<br />
Entscheidung des Berufsgerichts bekräftigt.<br />
Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes<br />
Nordhrein<br />
Westfalen – 13 E 466/04.T – ist es bei auf<br />
einen Unfall zurückzuführenden Zahnschäden<br />
unerlässlich, dass sich ein<br />
Zahnarzt umgehend persönlich ein<br />
Bild vom Schaden an den Zähnen<br />
macht, weil die Zähne abgebrochen<br />
und/oder in den Kieferbereich gedrückt<br />
worden sein oder sonstige Verletzungen<br />
des Kiefers oder der Mundhöhle<br />
verursacht haben können und<br />
deshalb eine schnelle notfallmäßige<br />
Versorgung des Patienten durch den<br />
Zahnarzt, zu der beispielsweise auch<br />
eine Überweisung in eine Klinik gehören<br />
kann, zwingend geboten ist.<br />
Ein zahnmedizinischer Laie könne<br />
kaum oder gar nicht das Ausmaß von<br />
durch einen Sturz verursachten Zahnschäden<br />
und die Dringlichkeit zahnärztlicher<br />
Maßnahmen erkennen, was<br />
die Notwendigkeit einer persönlichen<br />
Begutachtung des Notfallopfers durch<br />
den Zahnarzt deutlich mache. Gerade<br />
darin liege auch der Zweck der telefonischen<br />
Kontaktaufnahme mit dem Notdienstzahnarzt<br />
und der Inanspruchnahme<br />
des zahnärztlichen Notdienstes<br />
bei sturzbedingten Zahnschäden.<br />
Anders gelagert war der folgende<br />
Fall und entsprechend anders beurteilt<br />
vom Berufsgericht wurden auch die<br />
notdienstärztlichen Pflichten.<br />
Ein Patient befand sich mit seinem<br />
PKW auf einer Autobahnfahrt, als ihn<br />
spätabends starke und nach seiner Einschätzung<br />
sofort behandlungsbedürftige<br />
Zahnschmerzen befielen. Seine<br />
Beifahrerin erreichte telefonisch die<br />
den Notdienst verrichtende Zahnärztin<br />
im Heimatort und teilte mit, dass<br />
der Patient in rund einer Stunde in der<br />
Praxis sein könne. Die Zahnärztin antwortete,<br />
dass der Patient besser von<br />
der Autobahn abfahren und sich in die<br />
Notdienstbehandlung eines vor Ort tätigen<br />
Zahnarztes begeben solle. Zu ihr<br />
brauche er nicht zu kommen.<br />
Entsprechend begab sich der Patient<br />
in den zahnärztlichen Notdienst einer<br />
in der Nähe der Autobahn gelegenen<br />
Stadt.<br />
Der verärgerte Patient beschwerte<br />
sich bei der <strong>Zahnärztekammer</strong>, die gegen<br />
die Zahnärztin ein berufsgerichtliches<br />
Verfahren einleitete.<br />
Die Zahnärztin hielt sich demgegenüber<br />
nicht verpflichtet, sich für die notärztliche<br />
Behandlung eines zum Zeitpunkt<br />
des Notfalles außerhalb des festgelegten<br />
Notfalldienstbezirks befindlichen<br />
Patienten bereit zu halten. Eine<br />
Verpflichtung, über Stunden auf einen<br />
nicht in der Nähe befindlichen Patienten<br />
zu warten, sei nicht erkennbar.<br />
Das Gericht folgte dieser Auffassung<br />
und stellte fest, dass eine Verletzung<br />
der Berufspflicht durch die Zahnärztin<br />
nicht vorliege. Das Gericht stellte<br />
fest, dass ein potentieller Notfallpatient,<br />
der in der Lage ist, noch rund 1<br />
Stunde über die Autobahn zu fahren,<br />
auch in der Lage ist, von der Autobahn<br />
abzufahren und sich dort in der Nähe<br />
zu einem zahnärztlichen Notdienst zu<br />
begeben.<br />
(Berufsgericht für Heilberufe Köln –<br />
36K 625/06.T –)<br />
Abschließend sei noch auf eine Entscheidung<br />
des Oberlandesgerichtes<br />
Hamm zur Zulässigkeit EDVgestützer<br />
Krankendokumentation hingewiesen.<br />
Das Gericht erkannte, dass jeder<br />
Arzt grundsätzlich zur Dokumentation<br />
verpflichtet sei. Diese Behandlungsdokumentation<br />
müsse aber nicht handschriftlich<br />
geführt werden, sondern<br />
könne auch über ein EDVProgramm<br />
erstellt werden. Dies sei zulässig und<br />
seit langem üblich. Prinzipielle Bedenken<br />
gegen eine solche Dokumentation<br />
bestünden jedenfalls grundsätzlich<br />
auch dann nicht, wenn das vom Arzt<br />
verwendete Computerprogramm nicht<br />
gegen nachträgliche Veränderungen<br />
gesichert sei. (Oberlandesgericht<br />
Hamm – 3 U 161/04 –)<br />
Leitsätze<br />
n Es gibt keinen »kassenzahnärztlichen Standard«.<br />
Der Zahnarzt schuldet dem Kassen<br />
wie dem Privatpatienten im Rahmen<br />
des Möglichen die aus zahnmedizinischer<br />
Sicht erforderliche Sorgfalt.<br />
(Oberlandesgericht Hamm –<br />
3 U 114/94 –)<br />
n Kommen zur zahnärztlichen Versorgung mehrere<br />
Alternativen des Zahnersatzes in<br />
Betracht, die aus exanteSicht eine<br />
gleichwertige Versorgungschance bieten,<br />
aber insbesondere eine deutlich<br />
unterschiedliche Beanspruchung des<br />
Patienten durch die Behandlung zur<br />
Folge haben (zum Beispiel konventionelle<br />
Prothetik vs. Implantatprothetik),<br />
so hat der Zahnarzt seinen Patienten<br />
über diese Behandlungsalternativen<br />
aufzuklären und die Therapiewahl unter<br />
Berücksichtigung der subjektiven<br />
Gründe des Patienten vorzunehmen.<br />
(Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt,<br />
Urteil vom 5. April 2004 – 1 U 105/03 –)<br />
n Eine Maßnahme ist dann medizinisch notwendig,<br />
wenn die medizinischen Befunde<br />
und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der<br />
Behandlung vertretbar erscheinen lassen,<br />
die Behandlung als notwendig anzusehen.<br />
(Bundesgerichtshof, Urteil vom<br />
8. Februar 2006 – IV ZR 131/05 –)<br />
n Der Patient kann bereits vor Beginn einer Behandlung<br />
auf Feststellung klagen, dass<br />
6 | 2008 · ZKn mitteilungen · 331