10/2015 – 01/2016
Fritz + Fränzi
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Monatsinterview<br />
>>> überzeugt davon, dass neben anerkannt werden. Und in einem Situationen, die einen nach einer<br />
den rechtlichen Aspekten in einer<br />
Scheidung am Gericht die emotionalen<br />
und sogar die spirituellen<br />
durch ein Ritual besser gelöst werden<br />
können. Gerade auch bei Eltern ist<br />
das sehr wichtig. Es geht dann darum,<br />
dritten Teil geht es schliesslich um<br />
das Geschiedensein als neue Lebensform.<br />
Diese drei Schritte spielen<br />
nicht nur bei Scheidungsritualen,<br />
sondern auch bei allen anderen<br />
Übergangsritualen eine Rolle.<br />
Warum ist dies so bedeutsam?<br />
vollzogenen Scheidung immer wieder<br />
einholen, an das Ri tual erinnern<br />
kann. Das Ritual ist wie eine Kraftquelle,<br />
aus der man schöpft.<br />
Können Sie ein Beispiel für ein Scheidungsritual<br />
für Eltern nennen?<br />
In Bezug auf den Wandel vom Ehe-<br />
«Bei einer Scheidung<br />
Wenn beispielsweise nur das dritte zum Elternpaar müsste es in folgende<br />
Richtung gehen: Die Frau und der<br />
Kriterium beachtet wird <strong>–</strong> also der<br />
ist es wichtig, auch<br />
dieser Zustand besonders zelebriert schiede mich von dir als meinem<br />
das Emotionale wird, dann fehlt der Schritt, wie man Ehepartner und sage ja zu dir als<br />
Zustand, wieder Single zu sein <strong>–</strong> und Mann sagen einander: «Ich verab<br />
den Ex-Partner wirklich loslassen Mutter/Vater unserer Kinder.»<br />
und Spirituelle zu<br />
oder das Positive in der Ex-Beziehung<br />
sehen kann. Indem man jedoch scheiden lassen. Wie lässt sich dies<br />
Von den Kindern kann sich niemand<br />
berücksichtigen.»<br />
deutlich zu machen, dass man<br />
zwar kein Ehepaar mehr ist, aber<br />
Elternpaar bleibt.<br />
Ist es wichtig, dass Betroffene selber<br />
herausfinden, welches Scheidungsritual<br />
hilfreich sein könnte?<br />
In der christlichen Tradition gibt es<br />
keine vorgegebenen Scheidungsrituale.<br />
Das Ideal ist da nach wie vor,<br />
sich nicht scheiden zu lassen. Zum<br />
anderen ist jede Scheidung für die<br />
Betroffenen wieder anders. Von<br />
daher ist der individuelle Zugang<br />
unumgänglich. Es gibt aber inzwischen<br />
weltweit viele Beispiele von<br />
Scheidungsritualen, an denen man<br />
sich orientieren kann.<br />
Wie gehen Sie konkret vor, wenn ein<br />
getrenntes Paar oder auch eine Einzelperson<br />
in Scheidung zu Ihnen kommt<br />
und ein Ritual durchführen möchte?<br />
zum Beispiel sagt: «Ich lasse dich<br />
gehen, danke und vergebe dir», löst<br />
man sich auch vom Versprechen,<br />
welches man sich bei der Hochzeit<br />
ja einmal gegeben hatte.<br />
Aus Ihren Forschungen geht hervor,<br />
dass nicht alle betroffenen Paare ein<br />
Scheidungsritual gemeinsam durchführen<br />
können, sondern es manchmal<br />
nur einer von ihnen für sich selber tut.<br />
Ja, meistens machen es dann die<br />
Frauen für sich allein. Bei Männern<br />
besteht oft noch die Befürchtung, es<br />
gehe in einem Ritual zu sehr in eine<br />
«Spür mich, fühl mich»-Richtung.<br />
Lassen sich Männer jedoch auf ein<br />
Ritual ein, empfinden sie es meist als<br />
sehr positiv. Es gibt ja auch eher<br />
nüchterne Möglichkeiten, etwa dass<br />
man sich die Eheringe zurückgibt.<br />
Will heissen: Man hat sich den Ring<br />
bei der Hochzeit gegenseitig angesteckt,<br />
und bei der Umwandlung im<br />
rituell einbinden?<br />
Kinder wollen ja selbst bei schwierigen<br />
Ehen meistens, dass die Eltern<br />
zusammenbleiben. Als Mutter und<br />
Vater können sie ihnen in einem<br />
Ritual zum Beispiel Folgendes versichern:<br />
«Wir haben uns voneinander<br />
getrennt, aber nicht von dir.<br />
Unsere Liebe zu dir hört nie auf.»<br />
Und dann könnte der Vater, die<br />
Mutter dem Kind symbolisch etwas<br />
übergeben. Zum Beispiel ein Medaillon.<br />
Das heisst, das Eheversprechen<br />
wird aufgelöst, das Elternversprechen<br />
bleibt. Eine andere Variante<br />
wäre, dass der Ritualleiter zum Kind<br />
sagt: «Du hast keine Verantwortung<br />
für die Scheidung deiner Eltern. Du<br />
kannst nichts dafür, und du musst<br />
auch nichts dagegen machen. Du<br />
bleibst eine Quelle der Freude.»<br />
Dann spielt zuerst einmal das Ge Scheidungsritual wird er dem anderen<br />
wieder zurückgegeben.<br />
«Für die Kinder kann<br />
spräch eine zentrale Rolle. Ich höre<br />
zu und frage nach, um herauszuspüren,<br />
Und was macht man dann mit dem ein Scheidungsritual<br />
welche Bedürfnisse da sind und Ring des anderen?<br />
eine Entlastung<br />
welche Art von Ritual sich die Be Je nachdem, vielleicht am besten<br />
troffenen vorstellen könnten. Dabei einschmelzen. Dann wandelt man bedeuten.»<br />
achte ich darauf, dass drei Kriterien<br />
erfüllt werden: Ein Teil des Rituals<br />
sollte darin bestehen, sich von der<br />
Ehe zu lösen, den Ex-Partner also<br />
loszulassen. Zweitens sollte eine<br />
Umwandlung, eine Umdeutung von<br />
dem, was geschehen ist, stattfinden.<br />
Dabei soll auch das Positive an der<br />
vergangenen Beziehung gesehen und<br />
konkret etwas um. Die Form verändert<br />
sich, aber die Substanz ist nicht<br />
weg. Wenn man aber nichts Rituelles<br />
unternimmt, nur das Rechtliche<br />
klärt, bleibt man emotional oft auf<br />
eine negative Art miteinander verbunden.<br />
Dieses Negative kann man<br />
durch ein Scheidungsritual auflösen.<br />
Gerade weil man sich in schwierigen<br />
Inwiefern ist ein Scheidungsritual<br />
auch eine Entlastung für die Kinder?<br />
Es sind die wenigen klaren Worte<br />
und Symbole, die eine Kraft und<br />
Wirkung haben. Die Kinder merken,<br />
dass ein Ritual ein besonderes Setting<br />
darstellt <strong>–</strong> wie etwa auch an<br />
34 Dezember <strong>2<strong>01</strong>5</strong> / Januar 2<strong>01</strong>6 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi