10/2015 – 01/2016
Fritz + Fränzi
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Psychologie & Gesellschaft<br />
geworden sind, kann man eine Veränderung<br />
der Hormon- und Ge -<br />
hirnfunktion beobachten. Diese hilft<br />
den Vätern, sich auf die Fürsorge<br />
vorzubereiten <strong>–</strong> zumindest in Kulturen,<br />
in denen sie sich diese Rolle<br />
mit der Mutter oder anderen Menschen<br />
teilen.<br />
Noch gibt es nur wenig Erkenntnisse<br />
darüber, wie sich die Biologie<br />
des Vaters an die Anforderungen der<br />
Vaterschaft in jenen Kulturen angepasst,<br />
in denen von Vätern nicht<br />
erwartet wird, dass sie ihre Kinder<br />
umsorgen und mit ihnen spielen.<br />
Ebenso wenig ist darüber bekannt,<br />
welche Auswirkungen diese Unterschiede<br />
auf das physische und psychische<br />
Wohlergehen der Kinder<br />
haben.<br />
Mit unserer Studie wollen wir<br />
zum Verständnis beitragen, wie flexibel<br />
die Biologie des Vaters durch<br />
die Evolution geprägt ist und wie<br />
Massnahmen gestaltet werden können,<br />
um Vätern zu helfen, ihren<br />
Kindern das zu geben, was sie brauchen.<br />
Wir wollen verstehen, wie<br />
Aspekte des menschlichen Umfelds,<br />
wie kulturelle Normen und Sozialsysteme<br />
mit biologischen Funktionen<br />
interagieren, um das Verhalten<br />
und letztendlich die Gesundheit<br />
beeinflussen zu können. Diese<br />
Wechselwirkungen wollen wir in<br />
verschiedenen Kontexten erforschen.<br />
Die meisten Studien über die<br />
Rolle des Mannes in der Familie<br />
sind in westlichen Gesellschaften <strong>–</strong><br />
vor allem in den USA und Westeuropa<br />
<strong>–</strong> durchgeführt worden und<br />
repräsentieren damit nur einen<br />
Bruchteil der Menschheit und der<br />
Art, wie Männer die Vaterrolle ausüben.<br />
Auch gibt es nur wenige Er -<br />
kenntnisse darüber, wie verschiedene<br />
Modelle des Familienlebens<br />
und der Vaterrolle mit biologischen<br />
Mustern in Zusammenhang stehen<br />
oder welche Zusammenhänge es<br />
zwischen Biologie, Vaterverhalten<br />
sowie Kultur und der Gesundheit<br />
von Kindern gibt.<br />
Bei den Bantu sind die Väter<br />
eher fürs Bestrafen als für<br />
die Fürsorge zuständig.<br />
Diese Beweggründe haben uns in<br />
den Kongo geführt. Mit dem Projekt<br />
schlagen wir eine Brücke zwischen<br />
unseren Forschungsinteressen und<br />
methodischen Kompetenzen. Lee<br />
Gettler widmet sich der Frage, wie<br />
sich der Hormonhaushalt von Männern<br />
mit der Vaterschaft verändert<br />
und wie sich diese Veränderungen<br />
und das Vaterverhalten von Männern<br />
untereinander beeinflussen.<br />
Adam Howell Boyette hat jahrelang<br />
in Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften<br />
und landwirtschaftlichen<br />
Gemeinschaften im Kongobecken<br />
gelebt. Dort erforschte er, wie Kultur<br />
und Ökologie das Erlernen der<br />
Vaterrolle strukturieren.<br />
Dieses Jahr haben wir die Mbendjele<br />
und Bantu besucht und mit den<br />
Befragungen begonnen. Nächstes<br />
Jahr werden wir biologische Proben<br />
von Vätern sammeln, um festzustellen,<br />
ob ihr Hormonspiegel in Ab -<br />
hängigkeit von der Interaktion mit<br />
ihren Kindern variiert und inwieweit<br />
sie dem Bild eines «guten<br />
Vaters» innerhalb ihrer jeweiligen<br />
Gemeinschaft entsprechen. Ausserdem<br />
werden wir Untersuchungen<br />
über die Gesundheit und das Wohlbefinden<br />
der Kinder durchführen.<br />
Schliesslich ist es das Ziel vieler<br />
Väter, ihre Kinder wachsen und<br />
gedeihen zu sehen. Wir glauben,<br />
dass die Ergebnisse Aufschluss darüber<br />
geben, wie Väter dieses Ziel<br />
unter vielfältigen Umständen und<br />
geprägt von individuellen Unterschieden,<br />
Kultur und Biologie erreichen<br />
können.<br />
«Wir wollen wissen, wie sich<br />
kulturelle Ansichten zur<br />
Vaterrolle auf die Biologie<br />
von Vätern auswirken.»<br />
Adam Howell Boyette ist Anthropologe und<br />
dozierender Mitarbeiter an der Duke University<br />
in Durham, North Carolina, USA. Zum<br />
Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels<br />
erwarten er und seine Frau Emilia die Geburt<br />
ihres zweiten Kindes.<br />
Jacobs Foundation<br />
Als eine der weltweit führenden gemeinnützigen<br />
Stiftungen verpflichtet sich die Jacobs Foundation<br />
seit 25 Jahren der Forschungsförderung im Bereich<br />
der Kinder- und Jugendentwicklung. Die Stiftung<br />
möchte künftige Generationen durch die<br />
Verbesserung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten<br />
nachhaltig unterstützen.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
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