Gärtnern in der City

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darin Jungpflanzen heranzuziehen, oder Typisch für städtisches Gärtnern: Europaletten transportable Beete begrünt, wie die Soziologin Christa Müller ausführt, die Herausgeberin des Buches „Urban Gardening – Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt“. Eigentlich könne man diese Behältnisse auch als „Zivilisationsmüll“ bezeichnen, doch durch das Bepflanzen erführen sie eine Umdeutung, in der sich auch die gegenwärtig spürbare Hinwendung zum „Do it yourself“ und zum „Upcycling“ widerspiegele. Im Gegensatz zum Recycling macht letzteres Dinge nicht nur erneut benutzbar, sondern steigert ihren Wert sogar – siehe zum Beispiel Handtaschen aus alten Schokoladenpackungen oder Lampenschirme aus entsorgten Eimern. Kunst oder Kartoffel? Beides! Die Industriemoderne wird durch Aktionen wie das Urban Gardening infrage gestellt, so Müller. Die modernen Stadt- Gärtner lassen die Grenzen zwischen Stadt und Land, zwischen vergeistigter Kultur und sinnlichem Naturerleben, verschwimmen und kritisieren auf eine freundliche, konstruktive Weise rigide Vorschriften und stumpfen Kapitalismusglauben. Durch das Pflanzen von Obst, Gemüse, Kräutern und Blumen setzen sie Zeichen – seht her, auch so kann eine Stadt aussehen. Nicht nur Pflanzen, auch Tiere bekommen wieder ihren Platz in der Stadt. In den urbanen Gärten schwirren Bienen und Schmetterlinge; Käfer und Spinnen finden in „Insektenhotels“ ein Zuhause. Dazu spielt der öffentliche Raum eine zentrale Rolle. Beziehungsweise: dessen Rückeroberung. Soll er „uns allen“ gehören, dann dürfen ihn auch alle nutzen. Und so sind denn auch Urban Gardener in aller Regel Gemeinschaftstäter. Anders als bei Schreber- oder Privatgärten steht bei den städtischen Projekten das Miteinander im Vordergrund. So stehen die Geschäftsführer des Prinzessinnengartens, Robert Shaw und Marco Clausen auch dazu, gärtnerische „Dilettanten“ zu sein. Das Geheimnis ihrer Grünoase ist die Offenheit gegenüber verschiedenster Ideen und Vorschläge der zahlreichen Mit-Gärtner. Auf irgendeinem Gebiet ist schließlich nahezu jeder Mensch eine Art Experte, und teilt man sein Wissen, kann Großes entstehen. Anstatt „von oben“ zu planen, wie eine städtische Fläche begrünt werden soll, wachsen die neuen urbanen Nachbarschaftsgärten organisch, je nachdem wer gerade Hand in Hand an welchem Projekt arbeitet. Da kommt es auch mal vor, dass eine dänisch-schwedische Künstlerin, Åsa Sonjasdotter, die Kartoffel zum Kunstobjekt erklärt und durch das Anpflanzen unterschiedlichster Sorten die Geschichte jener Kulturpflanze quasi „nachzeichnet“. So geschehen 2010 im Prinzessinnengarten. Zur Perfektion gebracht hat den Ansatz „Gemeinsamkeit“ die rheinland-pfälzische 30.000-Einwohner-Stadt Andernach mit dem Projekt „Essbare Stadt“, das auf einer Idee vom städtischen Mitarbeiter Lutz Kosack und einigen Mitstreitern beruht. Seit 2010 heißt es hier am Mittelrhein: „Pflücken erlaubt!“ Eine Aufforderung, der die Bewohner gerne nachkommen. Wohlgemerkt, nicht im Sinne von zerstörerischer Plünderei, sondern im respektvollen Umgang mit der Natur. Obst, Gemüse und Kräuter in Bio-Qualität und außergewöhnlicher Artenvielfalt – Herz, was begehrst du mehr? Um die Bepflanzung und Pflege kümmern sich städtische Arbeiter, Ein-Euro-Jobber, Langzeitarbeitslose, Freiwillige – und immer wieder die Natur selbst. Da kehrt dann schon mal eine alte Wildpflanze zurück, die eigentlich nicht in Städten wächst und auf der Roten Liste gefährdeter Arten steht: Leuchtend rot blühen mitten in Andernach die anderswo ausgestorbenen Adonisröschen. Anders als bei den sonst üblichen Rabatten mit Primeln und Tulpen muss nur noch wenig eingegriffen werden. Es wächst, was eben wachsen kann, und so sind die Pflegekosten auf ein Zehntel der vorherigen Kosten gesunken. Unbezahlbar dagegen: die Zufriedenheit der Einwohner. Einige deutsche Städte sind bereits nachgezogen, darunter z.B. Heidelberg, Kassel, Halle oder Freiburg. Auch international machen ähnliche Projekte von sich reden. Im USamerikanischen Seattle etwa ist bereits ein ganzer Wald entstanden, der Beacon Food Forest. Auf dem sieben Hektar großen Gelände wachsen Obstbäume, Beerenbüsche, Kräuter und vieles mehr, die von den Bewohnern gepflegt und bei Bedarf beerntet bzw. gepflückt werden dürfen. Fahrende Gärten in der City Neben den kulinarischen und sozialen Vorteilen, die die städtischen Bio-Gärten mit sich bringen, fällt zudem noch die Luftund Klima-Verbesserung ins Gewicht, die das Mehr an Grün mit sich bringt. Ein Ziel, das der New Yorker Designer Marco Antonio Castro Cosio mit seinem Projekt Bus Roots vor Augen hatte und auch der spanische Landschaftskünstler Marc Grañén mit seinem Startup PhytoKinetic. Beide träumen davon, dass weltweit in Zukunft Tausende von Stadtbussen herumfahren, auf deren Dächern Pflanzen sprießen. Mobile Gärten, mal anders. Um die Karosserie vor Rost zu schützen, wird das Busdach mit einem speziellen Harz abgedichtet, die Pflanzen hält ein Schutzgitter an Ort und Stelle. In Grañéns Heimatstadt Barcelona gibt es bereits einen Bus, einen Truck und einen Van mit begrüntem Dach, weitere sollen folgen. Das Projekt ist nicht ganz unumstritten, denn durch das Gewicht der Pflanzen – 400 kg Extra-Last kommen da leicht mal zusammen – erhöht sich der Spritverbrauch des Fahzeugs, was den Aspekt Klimaschutz ad absurdum zu führen scheint. Ein Einwand, den Grañén nicht gelten lässt. Er verweist auf die ohnehin geltenden Obergrenzen, was die Mitnahme von Passagieren angeht. Die müssten im Zweifel eben um eine Handvoll Menschen nach unten korrigiert werden. VEGAN World N O 05 16
Solche Busse sollen, wie hier in Barcelona, bald zu Tausenden durch Großstädte fahren. Rein, leicht, natürlich – Plose Ein optisches Highlight wären die Busse allemal, genau wie die vertikalen Gärten des französischen Botanikers und Gartenkünstlers Patrick Blanc, von denen einer zum Beispiel in Madrid eine Seitenwand des Konferenz- und Kulturzentrums CaixaForum bedeckt. 15.000 Pflanzen aus über 250 Arten wachsen auf dieser Brandmauer. Die Idee zu solchen Wand-Gärten war Blanc, Jahrgang 1953, als Student während eines Thailand-Aufenthaltes gekommen, wo er Pflanzen beobachtet hatte, die an jedem denkbaren und undenkbaren Ort wuchsen, solange sie nur genügend Wasser und Licht bekamen. Mittlerweile hat Blanc Wände u.a. in Paris, Neu-Delhi und Wien begrünen lassen. Ob auf Häuserwänden, Bus- oder Hochhausdächern, ob in Einkaufswägen, alten Dosen oder Obstkisten: Pflanzen gedeihen an den unterschiedlichsten Orten, der Fantasie sind nur wenige Grenzen gesetzt. Anregungen finden Interessierte z.B. im reich bebilderten Buch „urban gardening – Gärtnerglück für Großstadtpflanzen“ (siehe Buch-Tipps). Und wenn die erste Ernte eingeholt ist, heißt es: weiterblättern! Etwa im Veggie Journal (shop.wellmedia.net), damit aus dem knackigen Gemüse ein leckeres Veggie-Gericht wird. Fantasievolles Abwandeln und Experimentieren sowie ein Miteinander am Herd ausdrücklich erwünscht! Beeindruckend: der Hängende Garten am CaixaForum in Madrid Buch-Tipps Nachhaltig, sinnlich, weltoffen. Wie wandelt sich unser Verständnis von Stadt, Land und Natur? Das Buch beleuchtet den soziologischen Aspekt des „Urban Gardenings“ als Teil einer Kultur des Selbermachens. Urban Gardening – Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt oekom, 352 Seiten, 19,95 Euro Dächer, Balkone, Hinterhöfe – dieses Buch macht Lust, alles zu bepflanzen, was irgendwie dafür geeignet scheint. Sehr persönlich, mit vielen Anekdoten und Tipps rund um das Thema „Gärtnern in der Stadt“. urban gardening – Gärtnerglück für Großstadtpflanzen Christian Verlag, 192 Seiten, 24,99 Euro 17 Die Arteserquelle aus SÜDTIROL auf 1.870 m • Äußerst niedriger Trockenrückstand von nur 22 mg/l • Idealer zellgängiger pH-Wert von 6,6 • Sehr reich an quelleigenem Sauerstoff (10 mg/l) • Frei von Arsen und Uran • Ausschließliche Abfüllung in umweltfreundliche Glasflaschen Hier fi nden Sie den Plose-Händler in Ihrer Umgebung: plosemineralwasser.de
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