Gärtnern in der City

Interview
Mehr als nur Rezepte! Die hübschen, leckeren Gerichte von Bloggerin Lena Suhr können wir zwar sehr
empfehlen (siehe auch S. 20-23) – doch ihre ganz persönliche vegane Welt ist noch viel umfassender. Mit
praktischen Infos und bewegten Gedanken lädt Lena dazu ein, diese zu betreten und sich inspirieren zu
lassen. Wir haben mit ihr über Dogmatismus, Mixer und Tofu-Katastrophen gesprochen.
Von: Caroline Redka
Lena, im Oktober 2015 ist dein erstes Buch
erschienen. „Mix it - 120 vegane Rezepte aus
dem Mixer“ heißt es und hält für wirklich
jeden Geschmack etwas bereit. Ist der Mixer
dein Lieblingsgerät in der Küche?
Auf jeden Fall! Ich möchte ihn auch nicht
mehr missen. Er läuft bei mir mehrmals
täglich. Ob Säfte, Suppen oder ein schnelles
Salatdressing – ich bereite beinahe alles im
Mixer zu, weil es so einfach ist und ich immer
genau weiß, welche Zutaten in meiner
Mahlzeit enthalten sind. Ich habe mittlerweile
sogar ein handliches Reisegerät, weil
ich ihn immer und überall brauche.
Du benutzt einen Hochleistungsmixer und
auch in veganen Foren wird immer wieder
betont, wie wichtig es ist, ein leistungsstarkes
Gerät zu besitzen. Gelingen deine Rezepte denn
auch mit einer „schwächeren“ Variante?
Die meisten Rezepte klappen natürlich
auch mit einem normalen Standmixer oder
einem Stabmixer. Es ist allerdings schon so,
dass man nicht mehr zurück möchte, wenn
man einmal einen Hochleistungsmixer hatte,
da die Nutzungsmöglichkeiten einfach
viel größer sind. Blattgrün und Nüsse
lassen sich damit problemlos zerkleinern.
Letztendlich lohnt sich die Anschaffung
eines Hochleistungsmixers auf jeden Fall,
weil es den Alltag immens erleichtert.
Wie groß deine Leidenschaft zum Kochen ist,
merkt man spätestens, wenn man die liebevoll
angerichteten und kreativen Rezepte auf deinem
Blog entdeckt. Vegan sein geht für dich
aber über die Ernährung hinaus …
Ja, das ist richtig. Mein ganzer Lebensstil
ist in diese Richtung geprägt. Für mich
ist das irgendwie ein ganzes, rundes Konstrukt.
Auch Themen wie Nachhaltigkeit,
soziales Engagement und Respekt gegenüber
Tieren sind mir sehr wichtig. Dabei
möchte ich allerdings nicht mit Dogmatismus
überzeugen, sondern vielmehr informieren
und vor allem inspirieren.
Du hast erzählt, dass es ein missglückter
Fleischkauf war, der dich zur veganen Ernährung
geführt hat. Wie darf man sich diese
Situation vorstellen?
Eigentlich habe ich noch nie wahnsinnig
gerne Fleisch gegessen und wenn ich welches
gekauft habe, dann bei einem ganz
bestimmten Metzger. Eines Tages musste
ich feststellen, dass dieser sein Geschäft aufgegeben
hatte und war daraufhin erst mal
ratlos. Das war tatsächlich der Auslöser für
mich. Ich hatte so eine Art Geistesblitz und
bin mit dem Gedanken heimgegangen, wie
es denn wäre, einfach gar kein Fleisch mehr
zu essen. Zu Hause habe ich dann den restlichen
Tag damit verbracht, im Internet zu
recherchieren, mich über Tierhaltung etc. zu
informieren und mir dann die Frage gestellt,
warum ich es eigentlich nicht ausprobiere,
vegan zu leben.
Und das hat von einem auf den anderen Tag
funktioniert?
Absolut. Ich habe mich dabei aber gar
nicht unter Druck gesetzt und wollte mir
auch nichts verbieten, sondern es einfach
mal ausprobieren. Es hat von Anfang an
super geklappt und war die beste Entscheidung
meines Lebens. Ich war allerdings
auch noch nicht komplett unerfahren, da
ich auch schon zuvor oft mit veganer Ernährung
in Berührung gekommen bin und
wusste, dass es mir schmeckt und ich ganz
sicherlich nicht verhungern werde (lacht).
Vegan zu leben ist in den letzten Jahren
auch sehr einfach geworden. Die Vielfalt
an Produkten ist wirklich enorm.
Bist du der Meinung, dass Blogger/innen ihre
Reichweite dazu nutzen sollten, auf Missstände
hinzuweisen und diese öffentlich anzuprangern?
Ich finde, dass man aufzeigen kann, was
man gut oder schlecht findet, allerdings
dabei mit einem erhobenen Zeigefinger
nicht weit kommt. Mir ist es wichtiger zu
zeigen, dass ein veganes Leben sich gar
nicht so groß von einem nicht-veganen
Leben unterscheidet und dass das alles
absolut machbar ist. Im Hinblick darauf,
dass man einfach ein bisschen bewusster
lebt und zum Beispiel auch roten Lippenstift
tragen kann, ohne dass dafür ein Tier
ausgebeutet werden musste.
Deine Herangehensweise an das Thema Veganismus
ist eben eine sehr lockere und offene …
Genau. Ich stehe immer gerne für Fragen
zur Verfügung, unterstütze und helfe
gerne. Wenn jemand mit mir diskutieren
möchte, dann ist das für mich auch in
Ordnung, aber ich habe generell einen sehr
entspannten Umgang mit diesem Thema
und denke auch, dass man damit mehr
erreicht. Hitzige Diskussionen bringen
überhaupt nichts, wenn es nicht bei einem
selbst „Klick“ macht.
Lena, kommen bei dir auch manchmal Ersatzprodukte
wie etwa vegane Wurst auf den
Teller?
Eher nicht. Ich kaufe fast nur noch Gemüse,
Hülsenfrüchte, Nüsse, gute Öle und
vor allem verschiedene Gewürze. Das sind
die Basics, die ich dann unterschiedlich
miteinander kombiniere.
Welche drei Lieblings-Lebensmittel hast du
immer zu Hause?
Da wäre auf jeden Fall die Süßkartoffel,
weil sie so schön vielseitig ist. Blumenkohl,
da man vom Pizzaboden bis zum
Fleischersatz alles damit machen kann
und außerdem esse ich sehr gerne Black
Beans, die sich wunderbar zu Aufstrichen
verarbeiten lassen oder in Burritos und
Bowls ihre Anwendung finden.
Urban Gardening ist das Thema unserer
aktuellen Ausgabe. Gärtnerst du eigentlich
auch selbst?
Ich mag das Thema wirklich sehr, mir
selbst fehlt nur leider im Moment die Zeit
zum Gärtnern. Gemüsegärten finde ich
super – sie haben so etwas Meditatives
an sich. Urban Gardening ist eine Sache,
bei der die unterschiedlichsten Menschen
zusammenfinden und ein gemeinsames Ziel
haben: gutes Gemüse in Bio-Qualität. Das
gefällt mir.
Gibt es etwas, das du unseren Lesern gerne
mitgeben möchtest?
Wenn man damit beginnt, sich vegan zu ernähren,
dann darf man sich nicht so schnell
entmutigen lassen. Schon gleich gar nicht
vom ersten Tofu. Ich kenne wirklich niemanden,
dessen erster „Tofumoment“ ein
positives Erlebnis war. Wenn es mit dem
veganen Kochen gar nicht klappt, dann
tut es auch gut vegan essen zu gehen oder
sich eben von anderen inspirieren zu lassen.
Man muss für sich selbst herausfinden,
welche Produkte man mag. Da gibt es sehr
große Unterschiede. Es ist wichtig, seinen
eigenen Geschmack zu finden. Neugierig
bleiben heißt die Devise. Und den Tofu
nicht gleich nach dem ersten Mal ins Eck
schmeißen. (lacht)
„A Very Vegan Life“ lebt die Bloggerin Lena
Suhr und hat deshalb auch ihren Blog so
benannt. Neben Rezeptideen für Frühstück,
Snacks, Lunch und Co. zeigt die vom Reisen
begeisterte Hamburgerin auch die veganen
Hotspots anderer Städte wie beispielsweise
Barcelona auf, stellt Bücher oder für gut befundene
Produkte vor und erklärt, wie man
einen Kühlschrank richtig reinigt. Außerdem
hat sie im Herbst vergangenen Jahres ihr
erstes eigenes Buch herausgebracht. „Mix it
- 120 vegane Rezepte aus dem Mixer“ heißt
das Kochbuch, das bei Trias im Thieme Verlag
erschienen ist. Alles weitere über Lena
und ihr veganes Leben erfahren Sie unter:
www.averyveganlife.de.
19 VEGAN World N O 05