Quell des Lebens Hahn auf, Wasser Marsch! Der Zugang zum wertvollen Nass ersche<strong>in</strong>t uns hierzulande so selbstverständlich wie die Annahme, dass Wasser nach „nichts“ schmecke (siehe dazu auch S. 8). Zeit, dem verkannten Elixier mal etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Basis-Überblick.
Wasser Unser Treibstoff Zu 80 Prozent besteht <strong>der</strong> Mensch aus Wasser – das haben die meisten von uns im Kopf. Stimmt jedoch nur ungefähr, denn die Zahl variiert, je nach Alter und Geschlecht. Auf Neugeborene trifft sie <strong>in</strong> etwa zu, mit dem Alter s<strong>in</strong>kt sie aber immer weiter ab, wobei Frauen stets etwa fünf bis zehn Prozent weniger Wasser im Körper haben als Männer. Bei 90-jährigen beträgt <strong>der</strong> Anteil im Schnitt nur noch ca. 45-50 Prozent. Kl<strong>in</strong>gt immer noch nach e<strong>in</strong>er Menge. Seltsam, dass wir bei diesem großen „Vorrat“ dann nur maximal drei bis vier Tage ohne Flüssigkeitszufuhr überleben können. (Zum Vergleich: Ohne Nahrung funktioniert das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel über mehrere Wochen.) Das liegt daran, dass es sich eben nicht um e<strong>in</strong>e Reserve handelt, son<strong>der</strong>n wir permanent Wasser brauchen, damit unser Stoffwechsel funktioniert. Im stetigen Kreislauf werden <strong>in</strong>sgesamt 1.400 Liter täglich durchs Gehirn gepumpt, 2.000 gar durch unsere Nieren. Über Schweiß, Atem und Ausscheidungen verlieren wir täglich etwa zwei bis drei Liter Flüssigkeit. Wenn wir diesen Verlust nicht über Nahrung und Getränke – am besten ungesüßte Kräutertees o<strong>der</strong> stille Wasser – ausgleichen, drohen gravierende Probleme, von erhöhter Temperatur über Kreislaufprobleme und Blutverdickung bis schließlich h<strong>in</strong> zum Tod durch Organversagen. Saurer Blubber? Wir Deutschen mögen es prickelnd! Ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Volk <strong>der</strong> Welt kauft <strong>der</strong>art viel Wasser <strong>in</strong> Flaschen – rund 144 Liter M<strong>in</strong>eralwasser tr<strong>in</strong>ken wir jährlich und das am liebsten sprudelig. Nur etwa 13 Prozent beträgt <strong>der</strong> Anteil an kohlensäurefreien Varianten, <strong>der</strong> Rest verteilt sich zu ähnlichen Teilen auf „spritzige“ und „Medium“-Sorten. Für e<strong>in</strong>en gesunden Menschen ist diese typisch deutsche Vorliebe ke<strong>in</strong> Problem, auch wenn bisweilen die Sorge umgeht, Sprudelwasser trage zur Übersäuerung des Körpers bei. Es stimmt zwar, dass re<strong>in</strong>e Kohlensäure mit e<strong>in</strong>em pH-Wert von 4,0 e<strong>in</strong>e leichte Säure ist – diese kommt <strong>in</strong> unseren Blubbergetränken jedoch nur zu e<strong>in</strong>em sehr ger<strong>in</strong>gen Anteil vor, auch wenn die Bezeichnung an<strong>der</strong>es vermuten lässt. Tatsächlich ist die Kohlensäure, die entsteht, wenn das Gas Kohlendioxid auf Wasser trifft, <strong>in</strong> diesem sehr <strong>in</strong>stabil, <strong>der</strong> typische pH-Wert von spritzigem Wasser liegt bei etwa 5,5 bis 6,0 und ist damit be<strong>in</strong>ahe neutral (7,0). Wer dennoch sichergehen will o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en empf<strong>in</strong>dlichen Magen hat, greift lieber zu „Naturale“- bzw. „Naturell“-Varianten. WWW: Wasser-„Was ist was“ Tafel-, Quell-, M<strong>in</strong>eral- o<strong>der</strong> Heilwasser – welches Wasser als was bezeichnet werden darf, regelt <strong>in</strong> Deutschland die M<strong>in</strong>eralund Tafelwasser-Verordnung (MTVO). Diese umfasst e<strong>in</strong>e ganze Reihe komplexer Bed<strong>in</strong>gungen, sodass an dieser Stelle nur e<strong>in</strong>e knappe, grobe E<strong>in</strong>ordnung möglich ist: Natürliches M<strong>in</strong>eralwasser etwa zeichnet sich dadurch aus, dass es direkt aus unterirdischen, vor Verunre<strong>in</strong>igung geschützten Vorkommen gewonnen und vor Ort abgefüllt werden muss. Dasselbe gilt für Heilwasser, das überdies dem Arzneimittelgesetz unterliegt, was bedeutet, dass se<strong>in</strong>e l<strong>in</strong><strong>der</strong>nde o<strong>der</strong> heilende Wirkung durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt se<strong>in</strong> muss. Auch Quellwasser entspr<strong>in</strong>gt besagten unterirdischen Vorkommen, jedoch werden an dieses nicht dieselben hohen Re<strong>in</strong>heitsanfor<strong>der</strong>ungen gestellt wie an natürliches M<strong>in</strong>eralwasser. Tafelwasser wie<strong>der</strong>um ist e<strong>in</strong> Industrieprodukt aus verschiedenen Wasserarten und Zutaten, für <strong>der</strong>en Mischverhältnis es ke<strong>in</strong>e gesetzlichen Regeln gibt. Bleibt zuletzt noch das Tr<strong>in</strong>kbzw. Leitungswasser, das sich hierzulande zu ca. zwei Dritteln aus Grundwasser sowie zu e<strong>in</strong>em weiteren Drittel aus Oberflächenwasser (etwa aus Flüssen und Seen) zusammensetzt und meist <strong>in</strong> aufwendigen Verfahren gere<strong>in</strong>igt und des<strong>in</strong>fiziert werden muss, bevor es <strong>in</strong> unsere Haushalte E<strong>in</strong>zug nehmen darf. Glas o<strong>der</strong> Plastik? Die Antwort ahnen wir alle: Glas ist def<strong>in</strong>itiv die bessere Wahl. Auch wenn wir daran schwerer zu schleppen haben – die langfristig größere Belastung droht unserem Körper (und unserer Umwelt) durch PET-Flaschen, bei <strong>der</strong>en Herstellung die krebserregende Substanz Antimontrioxid verwendet wird, die sich wie<strong>der</strong>um spurenweise <strong>in</strong> den abgefüllten Getränken nachweisen lässt. Auch das beim Sterilisierungsprozess zum Tragen kommende Wasserstoffperoxid ist nichts, was man se<strong>in</strong>em Körper guten Gewissens zuführen kann, von den schädlichen Weichmachern im Plastik ganz zu schweigen. Letzteren lastet man etwa unter an<strong>der</strong>em die <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten deutlich gesunkene Spermienqualität und damit e<strong>in</strong>hergehende höhere Unfruchtbarkeitsrate von Männern an. Von daher: Lieber zu den Glasflaschen vertrauenswürdiger Hersteller (z.B. Plose o<strong>der</strong> St. Leonhards) greifen! Menschenrecht Ende Juli 2010 wurde durch die UNO- Generalversammlung per Resolution besiegelt, was eigentlich selbstverständlich se<strong>in</strong> sollte: Der Zugang zu sauberem Wasser gilt seitdem als Menschenrecht. Lei<strong>der</strong> sieht die Realität auch fünfe<strong>in</strong>halb Jahre nach diesem Beschluss noch an<strong>der</strong>s aus: Mehr als e<strong>in</strong>er Milliarde Menschen ist eben jener Zugang verwehrt, jährlich sterben aufgrund dieser Tatsache ca. 1,5 Millionen von ihnen. Die Gründe dafür s<strong>in</strong>d etwa mangelhafte Entsorgung von Abwasser o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e unzureichende Infrastruktur. Und nicht zuletzt gibt es Großkonzerne wie Nestlé o<strong>der</strong> Coca-Cola, die ganz offen dazu stehen, dass sie sich <strong>der</strong> Menschenrechts- Ansicht nicht anschließen, son<strong>der</strong>n das kostbare Nass vielmehr als Lebensmittel ansehen, das e<strong>in</strong>en Marktwert haben müsse. Systematisch kaufen diese Firmen bereits seit Jahren quellenreiche Gebiete auf, um das Wasser abzuzapfen und <strong>in</strong> Plastikflaschen abgefüllt wie<strong>der</strong> unters Volk zu br<strong>in</strong>gen. Ist Wassersparen s<strong>in</strong>nvoll? Wir tr<strong>in</strong>ken Wasser und scheiden es aus, wir duschen und spülen das benutzte Nass den Abfluss h<strong>in</strong>unter – bis es gere<strong>in</strong>igt wie<strong>der</strong> durch unsere Hähne fließt. Eigentlich ist das Wasser also gar nicht „weg“, <strong>in</strong>sofern ist <strong>der</strong> Begriff Verbrauch nicht ganz treffend. Vielmehr ge- o<strong>der</strong> missbrauchen wir es, borgen es quasi aus dem Wasserkreislauf. E<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Umwelt hat dies natürlich dennoch, denn besagte Re<strong>in</strong>igung kostet Energie und das belastet die Natur. Wie aber können wir diese Belastung möglichst ger<strong>in</strong>g halten? Indem wir weniger Wasser nutzen, war lange die e<strong>in</strong>hellige Me<strong>in</strong>ung, und so wurden wir Deutschen im Laufe <strong>der</strong> letzten 25 Jahre zu eifrigen Wassersparern, senkten unseren täglichen „Verbrauch“ von 144 auf 121 Liter. Was viele nicht wissen: Wieviel wir aus <strong>der</strong> Leitung fließen lassen, ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wasserreichen Land wie dem unseren weit weniger entscheidend als das Was. Lieber sollten wir mehr Wasser nutzen als mehr Putzmittel, lieber spülen wir e<strong>in</strong>mal mehr die Toilette, werfen aber ke<strong>in</strong>e Tampons, Zigaretten o<strong>der</strong> Arzneimittel h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Une<strong>in</strong>geschränkt s<strong>in</strong>nvoll dagegen ist e<strong>in</strong>e Reduzierung des Warmwasserverbrauchs, denn die fürs Aufheizen aufzuwendende Energie belastet das Klima. Zu guter Letzt: Auch die globale Wasserknappheit bee<strong>in</strong>flussen wir weniger mit dem Aufund Zudrehen unseres Wasserhahnes als vielmehr durch unseren täglichen Konsum – z.B. durch den Verzicht auf Fleisch, für dessen Produktion e<strong>in</strong> Vielfaches an Wasser gebraucht wird, als es für pflanzliche Lebensmittel nötig ist. 31 VEGAN World N O 05