MOTORRAD Classic 06/2016
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SPORT I<br />
Drixton-Honda 500<br />
Obwohl eher hemdsärmelig gestrickt,<br />
gibt es vermutlich keinen<br />
anderen <strong>Classic</strong> Racer aus<br />
der Blütezeit des „Continental Circus“<br />
ausgangs der 1960er-Jahre, der so oft kopiert<br />
wurde wie die Drixton-Honda. Drixton<br />
ist eine Verschmelzung der Nachnamen<br />
des Schweizers Othmar Drixl und<br />
Syd Lawnton, dem damaligen britischen<br />
Aermacchi-Importeur.<br />
Drixl und Lawnton begegneten sich<br />
bereits 1964, hatte mir Syd einst erzählt.<br />
„Othmar, genannt ‚Marly‘, war ein Mensch<br />
mit vielen Talenten, der stets zu wissen<br />
schien, was gerade Sache ist und anscheinend<br />
immer viele Geschäfte am Laufen<br />
hatte. Dennoch war er ständig blank. Er<br />
lebte mit Frau und Kind in einem Wohnmobil,<br />
das an einem See nahe dem Aermacchi-Werk<br />
stand, wo er am Band arbeitete.<br />
Für mich als frischgebackenem<br />
Aermacchi-Importeur, der kein Italienisch<br />
sprach, war er daher der ideale Mittelsmann,<br />
weil er sowohl Englisch als auch<br />
Italienisch konnte. Dass er an mir in erster<br />
Linie als Sponsor für seine Rennambitionen<br />
interessiert war, habe ich natürlich<br />
rasch erkannt. Doch als Rennfahrer war<br />
Marly eher unterdurchschnittlich begabt.“<br />
Dennoch konnte der Schweizer Ingenieur<br />
dem Aermacchi-Importeur aus der Patsche<br />
helfen. „Nach dem Rückzug von Avon aus<br />
dem Rennsport fiel die Wahl auf Dunlop-<br />
Reifen, die aber überhaupt nicht mit dem<br />
Aermacchi-Chassis harmonierten. Drixl<br />
versicherte mir, dass er mir einen Rahmen<br />
bauen könne, der perfekt zu den Dunlops<br />
passen würde.“ Den hat er dann mit<br />
Lawntons Geld bei Baroni in Mailand gebaut,<br />
einem kleinen Fertigungsbetrieb, der<br />
sich in der italienischen Rennszene vor<br />
allem mit seinen Telegabeln einen Namen<br />
gemacht hatte. Damit hat auch Drixl seine<br />
Rahmen ausgestattet, die von Syd Lawnton<br />
einst unter der Bezeichnung „Drixton“<br />
verkauft wurden.<br />
Zwischen 1965 und 1969 baute Drixl<br />
rund 25 dieser Drixton-Aermacchi-Rahmen,<br />
die dank des herausragenden Handlings<br />
auch von führenden Privatfahrern<br />
wie John Hartle oder Kel Carruthers gefahren<br />
wurden, der damit 1968 sogar den<br />
dritten Platz in der 350er-WM erreichte!<br />
Viele dieser Drixton-Aermacchis sind<br />
heute noch bei Klassik-Rennen am Start.<br />
„Stabil war Marlys Konstruktion ja, sie erinnerte<br />
aber eher an landwirtschaftlichen<br />
Maschinenbau. Na ja, eigentlich auch kein<br />
Wunder, schließlich hatte er sich erst<br />
beim Aufbau dieser frühen Rahmen das<br />
Schweißen selbst angeeignet. Außerdem<br />
arbeitete er ohne Motorgehäuse und deren<br />
Aufnahmen, weshalb so etwas wie eine<br />
Serienfertigung unmöglich war“, erzählte<br />
mir Syd noch vor seinem Tod 1997.<br />
Doch zurück zur Drixton-Honda. Und<br />
damit zu zwei Protagonisten aus Australien,<br />
deren Namen untrennbar mit dem<br />
Aufbau dieser ersten Drixton-Honda verbunden<br />
sind. Der eine, Terry Dennehy, fuhr<br />
in Australien bereits erfolgreich Rennen,<br />
bevor er 1967 nach Europa kam, um als<br />
Privatfahrer bei den Grand Prix des Continental<br />
Circus anzutreten.<br />
Im Schlepptau hatte er seinen Mechaniker<br />
und Kumpel Ralph Hannan, wie<br />
Dennehy ebenfalls 22 Jahre jung. Nach<br />
einem durchfrorenen Winter in England<br />
zog es die beiden Australier 1968 wegen<br />
des angenehmeren Wetters in die Nähe<br />
von Mailand, wo sie irgendwann mit Drixl<br />
zusammentrafen. Gemeinsam begann das<br />
Trio Pläne zu schmieden, um mit einem<br />
aufgebohrten CB 450-Twin bei den 500er-<br />
Grand Prix zu starten. Nach Hondas<br />
Rückzug aus dem Grand Prix-Sport boten<br />
sich für Privatfahrer Ende der 60er-Jahre<br />
plötzlich attraktive Möglichkeiten für den<br />
Kampf um die Plätze hinter Agostini auf<br />
dessen Werks-MV Agusta.<br />
Perfekte Gewichtsverteilung<br />
dank<br />
weit vorn im Doppelschleifen-Chassis<br />
platziertem<br />
Motor. Die Oberzüge<br />
führte Drixl<br />
als Schutz um den<br />
Zylinderkopf herum<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>