MOTORRAD Classic 06/2016
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DATEN<br />
Einfache Instrumentierung. Bergab mit Rückenwind<br />
zitterte die Nadel dem Anschlag entgegen<br />
IFA (MZ) BK 350<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Zweitakt-<br />
Boxermotor, Schlitzsteuerung, Bohrung x Hub<br />
58 x 65 mm, Verdichtung 6,5:1 (7:1),<br />
Hubraum 343,4 cm³, Leistung 15 (17) PS<br />
bei 5000 (5100)/min<br />
Kraftübertragung: Einscheiben-Trockenkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Geschlossener Doppelrohrrahmen,<br />
hydraulisch gedämpfte Telegabel,<br />
Geradweg-Teleskopfederung, Speichenräder,<br />
Reifen vorn und hinten 3.25 x 19, Trommelbremsen<br />
vorn und hinten, Ø 200 mm<br />
Maße und Gewichte : Länge/Höhe/Breite<br />
2150/1000/800 mm, Radstand 1400 mm,<br />
Leergewicht 142 kg, Tankinhalt 18 Liter<br />
Höchstgeschwindigkeit: 115 km/h<br />
Bauzeit IFA BK 350: 1952 bis 1956<br />
Bauzeit MZ BK 350: 1956 bis 1959<br />
dener Hubraumklassen forcierte, um das<br />
Volk bei Laune zu halten. Darunter waren<br />
von 1953 bis 1957 sogar viele Zündapp-<br />
Modelle des größten Klassenfeindes!<br />
Unser Fotomodell gehört Gerd Thiele<br />
aus der Lutherstadt Wittenberg. Es ist<br />
Baujahr 1954, zählt somit zu den frühen<br />
BK-Modellen. Bei der Restaurierung vor<br />
zehn Jahren hat Thiele großen Wert auf<br />
einen originalgetreuen Neuaufbau gelegt.<br />
Daher hat er auch keine Motorteile der<br />
weiterentwickelten MZ BK 350 verwendet<br />
und es bei den Flachschiebervergasern für<br />
die Gemischaufbereitung belassen. Auch<br />
Telegabel und Auspuff entstammen der<br />
ersten BK-Generation. Einzige Ausnahme<br />
ist der Motorschutz bügel, den MZ erst Jahre<br />
später anbot. Beim Ortstermin gesteht<br />
Thiele jedoch, dass der Lackierer seinerzeit<br />
den originalen rostbraunen Maron-Farbton<br />
des Motorrads nicht hundert prozentig<br />
getroffen hat.<br />
Ab 1956 als MZ BK 350 mit Schwingensymbol am<br />
Tank und neuem Auspuff, Soziussitz blieb Option<br />
Verändertes Erscheinungsbild: neuer Luftfilter<br />
samt Vergaserabdeckung der überarbeiteten MZ<br />
Was der 350er jedoch nichts von ihrem<br />
stimmigen Erscheinungsbild nimmt. „Die<br />
BK braucht ordentlich Sprit, zum Starten<br />
ruhig bis kurz vorm Absaufen fluten“, rät<br />
mir der Besitzer. Also: Vergaser mittels der<br />
beiden Tupfer fluten, zwei Mal treten,<br />
dann nochmals mit eingeschalteter Zündung<br />
treten, und die BK springt mit einem<br />
kernigen Zweitaktschlag aus den beiden<br />
Endschalldämpfern an.<br />
Im Fahrbetrieb ist der Zweitakt-Boxer<br />
ebenfalls alles andere als genügsam. „Bei<br />
sportlicher Fahrweise laufen schon mal<br />
acht Liter durch“, bestätigt Thiele den Ruf<br />
der 350er als Säuferin. Der exzessive Konsum<br />
war für MZ später sogar einer der<br />
Gründe für die Produktionseinstellung.<br />
Ebenfalls keine Fabel sind das schwer zu<br />
schaltende Getriebe, das insbesondere<br />
beim Herunterschalten Übung und Geduld<br />
bedarf, und die etwas diffizile Einstellung<br />
der Vergaser sowie deren Betätigung<br />
mittels zweier Bowdenzüge am<br />
Innenzug-Gasdrehgriff. Öfter kolportierte<br />
Probleme mit nicht ausreichenden Zylinderfüllungen<br />
in Schräglage, die zur Verwendung<br />
unterschiedlicher Vergaser-<br />
Haupt düsen zwingen, sind bei Gerd Thiele<br />
jedoch kein Thema, beide Vergaser seiner<br />
BK 350 haben eine 95er-Hauptdüse.<br />
Das Jahr 1956 markierte für das traditionsreiche<br />
Zschopauer Motorradwerk<br />
eine neue Zeitrechnung. Zusammen mit<br />
dem Produktionsstart der modernen ES<br />
250 mit Vollschwingen-Fahrwerk wurde<br />
auch die Markenbezeichnung MZ mit<br />
grünem Schwingensymbol eingeführt. So<br />
wurde aus der IFA BK 350 die MZ BK 350,<br />
die bis 1957 einige Modifikationen erhielt.<br />
Mit Rundschiebervergasern, neuen Zylindern<br />
samt Köpfen und einer anders abgestimmten<br />
Auspuffanlage in Zigarrenform<br />
erhöhten sich Verdichtung (von 6,5:1 auf<br />
7:1) und Leistung (17 PS bei 5100 /min) bei<br />
gleichzeitig verringertem Geräusch pegel.<br />
Den neuen Luftfilter erkennt man zudem<br />
an den Änderungen im hinteren Bereich<br />
des Triebwerksblocks. Ferner erhielt die<br />
BK eine verstärkte Telegabel und eine<br />
Schaltstellung am Zündschloss, die das<br />
Anschieben der Maschine bei defekter<br />
oder fehlender Batterie ermöglichte.<br />
In dieser Form rollte die BK 350 noch<br />
bis 1959 vom Band, ehe nach 42 983 produzierten<br />
Maschinen das Aus für den<br />
Zweitakt-Boxer kam. Die Ingenieure hatten<br />
zwar 1956 eine modernisierte BK 351,<br />
unter anderem mit Vollschwingen-Fahrwerk,<br />
vorgestellt. Die hohen Fertigungskosten<br />
und die künftige Ausrichtung von<br />
MZ auf Einzylinder-Zweitakter ließen diesem<br />
Projekt aber keine Chance mehr. So<br />
blieb die BK 350 eine Ausnahmeerscheinung<br />
– nicht nur in der langen Geschichte<br />
des Zschopauer Motorradbaus. ◻<br />
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