MOTORRAD Classic 06/2016
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
auf nun 85 Millimeter verringerte Nachlauf setzt bei den<br />
Bikes dieser Kategorie einen neuen Rekordwert. So wird<br />
zwar frappierende Handlichkeit geboten, doch das<br />
deutliche Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage<br />
erntet Kritik, ebenso die Neigung zum Pendeln bei<br />
hohen Geschwindigkeiten, verursacht auch durch das<br />
Zusammenspiel des kurzen Nachlaufs mit dem aerodynamischen<br />
Einfluss der Lenkerverkleidung, die für<br />
Auftrieb und Entlastung des Vorderrads sorgt. Mit den<br />
Z1-R-Modellen für 1979 und 1980 kehrte Kawasaki<br />
dann auch zum 19-Zoll-Vorderrad zurück.<br />
Rassiger Look statt Reichweite<br />
Allzu sehr auf zierlichen Auftritt und stimmige Linien<br />
hat man anfangs auch bei der Gestaltung des Tanks geachtet.<br />
Zwar bürgt dieser tatsächlich für stimmige Linienführung<br />
und den filigranen Eindruck des vollgetankt<br />
immerhin stolze 260 Kilogramm schweren Brockens,<br />
doch erwies sich das dürftige Fassungsvermögen von<br />
nur 13 Litern in der Praxis schnell als Ärgernis. Kawasaki<br />
reagierte prompt und bot noch 1978 eine 22 Liter<br />
fassende Alternative zur Wahl, die in den folgenden<br />
Modelljahren ab Werk verbaut wurde. Auch unser Fotomodell,<br />
eine freundliche Leihgabe aus dem reichlichen<br />
Angebot an Klassikern und Youngtimern des Motorradhandel-Giganten<br />
Limbächer & Limbächer in Filderstadt<br />
(www.limbaecher.de), trägt den üppigeren Spritbehälter.<br />
Das gut erhaltene Exemplar mit moderater Laufleistung<br />
von rund 40 000 Kilometern präsentiert sich fast im ursprünglichen<br />
Zustand: Originalitäts-Verfechter mögen<br />
die Nase rümpfen, der radikal demontierte Spritzschutz<br />
hinten galt und gilt für viele Biker als probates Mittel, für<br />
eine sportlichere Heckansicht zu sorgen. Der einschneidendere,<br />
für regelmäßig bewegte Z1-R jedoch hilfreiche<br />
Umbau findet sich an der Vorderbremse: Die serienmäßige<br />
Anlage, eine Kombination aus seilzugbetätigtem<br />
Bremszylinder, welcher am linken Gabelholm hinter der<br />
Frontmaske befestigt ist, wurde hier auf eine Kombination<br />
aus Bremszylinder am Lenker samt Stahlflexleitungen<br />
(Letztere auch hinten) umgerüstet, was der Wirkung<br />
und vor allem der Dosierbarkeit der einst kritisierten<br />
Vorderbremse zugutekommt.<br />
Kritik hin, tolles Design her – die Z1-R kam in<br />
Deutschland nicht sonderlich gut an, die Verkaufszahlen<br />
blieben mau. In den USA, wo die Neue schon bald als<br />
Tuningobjekt entdeckt und bei Beschleunigungsrennen<br />
eingesetzt wurde, sah dies völlig anders aus. Speziell auf<br />
dem deutschen Markt gab es daher für 1979 eine Version<br />
namens Z 1000 S, mit dem größeren Tank und vor<br />
allem mit der Vier-in-vier-Auspuffanlage der Z 900 –<br />
heute eine echte Rarität. Hierzulande sind auch „normale“<br />
Z1-R inzwischen sehr selten zu finden – die meisten<br />
befinden sich längst in Liebhaber- und Sammlerhänden.<br />
Unser Fotomodell mit Erstzulassung 1979 stammt aus<br />
der 1978er-Produktion – wie die Fahrgestellnummer<br />
010224 beweist. Ab 017501 werden die 1979er-Modelle<br />
gekennzeichnet (mit 19-Zoll-Vorderrad und dem 94-PS-<br />
Motor der Z 1000 MK II nebst Vier-in-zwei-Auspuffanlage),<br />
ab 017801 die 1980er. Wie effizient die kleine<br />
Lampenmaske auch sein mag (siehe Kasten rechts), wie<br />
kritisch ihr Einfluss aufs Fahrverhalten bei hohem Tempo<br />
– im Design lag die Z1-R letztlich nicht so ganz daneben.<br />
Wie die ähnlich kantig gestylten Nachfolgemodelle<br />
GPZ 1100, Z 1000 R oder viel später die ZRX 1100 beweisen,<br />
die ihre Designelemente aufgreifen. Kante zu<br />
zeigen zahlt sich also auf lange Sicht doch aus. ◻<br />
Schon 1977<br />
eine kleine<br />
Sensa tion:<br />
kaum vorgestellt,<br />
schon<br />
Motorrad<br />
des Jahres<br />
Z1-R in <strong>MOTORRAD</strong><br />
Schneller<br />
Ruhm<br />
Nicht nur DSDS-Kandidaten wissen:<br />
schneller Ruhm ist vergänglich. Die bereits<br />
Ende 1977 präsentierte Kawasaki Z1-R schlug<br />
bei der <strong>MOTORRAD</strong>-Leserwahl 1978 voll ein:<br />
Fast alle mochten sie auf Anhieb, viele wählten<br />
sie, und so belegte die Z1-R als Neuling sofort<br />
den ersten Platz, deutlich vor ihren Konkurrentinnen<br />
BMW R 100 RS (Platz 2) und Yamaha XS<br />
1100 (Platz 3). Doch weitere Erfolge blieben aus<br />
– sowohl in den Vergleichstests, wo sie Federn<br />
lassen musste und Letzte wurde, als auch bei<br />
den Verkaufszahlen. Zumindest in Deutschland.<br />
Doch manchmal braucht es einen langen Atem,<br />
um die verdiente Anerkennung zu erlangen: Die<br />
kantige Kawa genießt ihren späten Ruhm und<br />
ist heute eine gesuchte Rarität. In Deutschland,<br />
ja, in ganz Europa.<br />
Einen prominenten Auftritt hatte die Z1-R<br />
auch im Rahmen eines Windkanaltests der sich<br />
immer mehr durchsetzenden Verkleidungen an<br />
Serienmotorrädern. In Ausgabe 20/1978 musste<br />
sie zum Vergleich antreten und die kleine<br />
Lampenverkleidung ihre Qualitäten beweisen.<br />
In Sachen Windschlüpfigkeit (Cw-Wert) konnte<br />
die Kawa mit 0,564 sogar fast an die Ducati 900<br />
SS heranreichen und die BMW R 100 S klar<br />
übertrumpfen. Allein die große Projektionsfläche<br />
(mit Fahrer) gereicht ihr zum Nachteil. Und die<br />
im Vergleich relativ hohe Auftriebskraft vorn<br />
macht klar, warum die passabel vor Wind<br />
schützende Z1-R bei hohem Tempo nicht so<br />
stabil liegt wie die Ducati 900 SS.<br />
Schattenspiele: Im Windkanal belegen<br />
Messwerte die Verkleidungs-Qualitäten