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MOTORRAD Classic 06/2016

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AUF ACHSE I<br />

Yamaha XT 500<br />

drauf wird es in den unteren Gängen fast<br />

verschärft, und irgendwo bei 6500/min<br />

verebbt das wackere Temperament. Okay,<br />

nur wenn wie im vorliegenden Fall der<br />

größere, „offene“ Ansaugkanal verlegt wurde,<br />

denn der steigert die Drehfreude oberhalb<br />

von 5000/min enorm. Dann liegen<br />

am Ende 32 PS statt der für Deutschland<br />

verordneten, versicherungsgünstigen 27 an.<br />

Die haben es vollgetankt mit 155 Kilogramm<br />

zu tun, und jetzt mal alle die alten<br />

Testwerte rauskramen: Was wog einer der<br />

damals üblichen Zweizylinder-Viertakter<br />

dieser Leistungsklasse? Genau, locker 30,<br />

wenn nicht 40 Kilogramm mehr. Länger<br />

übersetzt war der zudem, also mit Korken<br />

drin garantiert deutlich lahmer.<br />

Wir nähern uns, alle haben’s gemerkt,<br />

der sportlichen Seite der XT. Davon gibt es<br />

zwei, und die erste ist schnell vorgelesen:<br />

Auf kleinen Straßen macht ihr Motor<br />

wirklich Laune, die Stabilität geht so, das<br />

Handling ist schlicht überragend. Kannte<br />

man Mitte der 70er in dieser Form kaum<br />

noch, Opas Bauernmotorrad war doch<br />

längst tot. Für echte Eildienste taugt das<br />

Fahrwerk nur begrenzt, pendelt halt ab<br />

Tacho 110 in schnellen Kurven (nicht<br />

schlimm) oder ab 120 auf der Bahn (etwas<br />

schlimmer). Die Verwindungsneigung der<br />

Gabel soll sogar beim flotten Geländeeinsatz<br />

stören, aber das lassen wir heute mal.<br />

Sondern schlagen die zweite Seite auf,<br />

da trägt sie nämlich äußerst hochwertige<br />

Federelemente und ist auch sonst kaum<br />

wiederzuerkennen. Der schmale Neun-<br />

Liter-Tank von einem riesigen, blassblauen<br />

Benzinfass verdrängt, die Schwinge<br />

verlängert, der Rahmen allenthalben verstärkt,<br />

so empfing sie im markanten Sonauto-Trimm<br />

den französischen Recken<br />

Cyril Neveu und trug ihn 1979 sowie 1980<br />

auf hochgepolstertem Solositz zu glanzvollen<br />

Siegen bei der Rallye Paris-Dakar.<br />

Was niemanden überraschte, denn man<br />

hatte längst geahnt, dass in diesem Wandervogel<br />

ein echtes Wüstenschiff schlummerte.<br />

Stark und unzerstörbar, mit ganz<br />

einzigartigen Talenten. Eine Heldin aus den<br />

modernen Erzählungen von Tausendundeiner<br />

Nacht. Die Beatniks um die Schriftsteller<br />

William S. Burroughs und Jack<br />

Kerouac hatten Marrakesch und Marokko<br />

entdeckt, jetzt ging die Reise weiter, in die<br />

Wüste rein nach In Salah, Tamanrasset<br />

oder, verwegener noch, hindurch nach<br />

Schwarzafrika. In die Karawane aus VW-<br />

Bussen und alten Peugeots reihte sich<br />

auch <strong>MOTORRAD</strong> ein, zählte gar zur Spitze<br />

der Zweirad-Bewegung. Während Grafiker<br />

Rolf Seufferle und ein Freund Anfang<br />

1977 noch Yamaha-Zweitakt-Enduros vertrauten,<br />

setzte Mitarbeiter Peter Falb im<br />

Sommer (!) desselben Jahres auf die XT 500.<br />

Er fuhr allein, er fuhr bei Temperaturen<br />

von bis zu 50 Grad Celsius, und er fuhr per<br />

14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>

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