MOTORRAD Classic 06/2016
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SZENE I<br />
IFA/MZ BK 350<br />
Der glattflächige, alle<br />
Komponenten abdeckende<br />
Motor erinnerte<br />
an Konstruktionen<br />
von Richard Küchen.<br />
Ebenso die thermische<br />
Belastung, die auch<br />
bei der BK 350 teil weise<br />
grenzwertig war<br />
Der Zweitakter leistete 15 PS bei 5000/<br />
min, das maximale Drehmoment (27 Nm<br />
bei 3500/min) erschien ausreichend für<br />
den Betrieb mit Seitenwagen. Am Getriebeausgang<br />
gleitete die Kardanwelle axial in<br />
einem Gummigelenk, während am anderen<br />
Ende ein Kreuzgelenk am Kardanritzel<br />
die Federbewegungen aufnahm.<br />
Die Hinterradübersetzung ließ sich von<br />
1:4,67 im Solobetrieb auf 1:5,4 fürs Gespann<br />
ändern. Kardangehäuse und die<br />
beiden Bremsnaben der untereinander<br />
tauschbaren Räder waren aus teurem<br />
Elektron-Guss gefertigt. Apropos Bremsen:<br />
Der Stahl-Laufring in den Bremstrommeln<br />
maß 200 Millimeter, an dem sich die auf<br />
jeweils zwei Bremsbacken aufvulkanisierten<br />
Juridbeläge (Breite 25 mm) abrieben.<br />
Obwohl nicht als Zentralvollnaben<br />
ausgelegt, galten die Bremsen seinerzeit<br />
als sehr gut. Wichtig bei Geschwindigkeiten<br />
über 110 km/h oder der Nutzung<br />
als schweres Gespann, als das die Maschine<br />
überwiegend gefahren wurde. Die ölgedämpfte,<br />
progressiv wirkende Telegabel<br />
mit 145 Millimetern Federweg war damals<br />
auf dem Stand der Technik, zumal zwei<br />
Zusatzfedern am Ende selbst bei härtester<br />
Beanspruchung ein Durchschlagen verhinderten.<br />
Der Geradweg-Hinterradfederung<br />
(50 mm) gelang das aber nicht immer.<br />
Im Jahr 1951 waren Konstruktion und<br />
Erprobung der Maschine abgeschlossen,<br />
die Serienproduktion hätte also starten<br />
können. Doch das ließ die sich nur sehr<br />
langsam entwickelnde Zulieferindustrie<br />
der noch jungen DDR nicht zu. Die Betriebe<br />
in der sowjetisch besetzten Zone<br />
litten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
nicht nur unter den Demontagen<br />
und Reparationsleistungen bis weit über<br />
die Belastungsgrenze hinaus, sondern<br />
auch unter dem gen Westen abwandernden<br />
Fachpersonal. Zudem setzten wirtschaftliche<br />
und politische Fehlentscheidungen<br />
den Werken mächtig zu, die ja nie<br />
eine Unterstützung – wie der Marshallplan<br />
in der Bundesrepublik – erhielten. Nachdem<br />
die Zweizylindermaschine auf der<br />
Frühjahrsmesse 1952 vorgestellt und im<br />
Oktober die Nullserie begonnen wurde,<br />
musste das begeisterte Publikum noch ein<br />
Jahr auf die Auslieferung der ersten Kräder<br />
durch die volkseigene HO (Handelsorganisation)<br />
warten.<br />
Eine neue IFA BK 350 kostete damals<br />
3460 Mark (Ost), das war doppelt so viel<br />
wie für eine RT 125. Und entsprach annähernd<br />
dem durchschnittlichen Jahresgehalt<br />
eines Arbeiters, der von einer solchen<br />
Maschine nur träumen durfte. Dennoch<br />
konnte die Fertigung von nur etwa 1000<br />
Exemplaren 1953 die Nachfrage bei Weitem<br />
nicht decken. Weshalb die Staatsführung,<br />
speziell nach dem 17. Juni 1953,<br />
den Import von Motorrädern verschie<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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