MOTORRAD Classic 06/2016
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Die Franzosen, na klar, verstehen was<br />
von Heldenverehrung und machten die<br />
76er-XT zur Marke<br />
Achse wieder zurück. 16 000 Wü s ten kilometer<br />
plus noch mal 4000 für europäische<br />
An- und Abreise sowie 5000 für Alltagskram,<br />
dann wurde der Eintopf zerlegt. Ergebnis:<br />
Zwei leicht angefressene Getrieberäder<br />
und die Kupplungsbeläge forderten<br />
Ersatz, das Istmaß der Zylinderbohrung<br />
lag trotz der enormen Strapazen noch<br />
deutlich unter der Verschleißgrenze.<br />
Das war der Ritterschlag, und unzählige<br />
sollten folgen. Jeder aus der Wüste<br />
heimgekehrte XT-Fahrer brachte mehr<br />
Imagegewinn als die schlaueste Kampagne:<br />
Noch lange antwortete Peter Falb auf<br />
die Frage, ob er seinen gewagten Afrikatrip<br />
wiederholen würde, mit einem lässigen:<br />
„Na klar, aber nur mit einer XT 500.“<br />
Die kontaktgesteuerte Schwunglichtmagnetzündung<br />
versprach Autonomie, den<br />
Zündpunkt hatte er auf spät gestellt, so<br />
vertrug der 9:1 verdichtete Motor selbst<br />
miesen Sprit, und weil Peter sorgsam aufpasste,<br />
dass immer 2,5 Liter Öl in Umlauf<br />
waren, blieb auch dessen Temperatur stets<br />
im Rahmen. Völlig zu Recht erlangte die<br />
XT den Ruf, ihren Fahrer niemals hängen<br />
zu lassen.<br />
Darüber sollte man mal in Ruhe nachdenken.<br />
Auf der Bank da mit Weserblick<br />
zum Beispiel, und deshalb geben die Halbnabenbremsen<br />
jetzt alles. Zehn Jahre nach<br />
Peter Falb hat sich nämlich wieder ein<br />
<strong>MOTORRAD</strong>ler auf den Weg in die Wüste<br />
gemacht. Der hieß Fred Siemer und hatte<br />
Glück: Die Kopfdichtung seiner offenbar<br />
noch nicht ganz durchentwickelten<br />
Vierventil-Enduro verglühte<br />
nicht in der Sahara-Sonne, sondern<br />
erst kurz vor der Heimat im Schatten<br />
der Alpen. Weniger wäre wohl mehr<br />
gewesen, und als diese Erkenntnis so<br />
recht gereift ist, könnte es weitergehen.<br />
Nur: Wie war das noch mit dem<br />
Starten einer warmen XT 500? ◻<br />
MEINUNG<br />
Fred Siemer<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Mitarbeiter<br />
Als mir so um 1980 die erste XT 500 unterkam, war<br />
ich schon verloren: Mein Krad hatte 50 PS. Als ich ab<br />
1985 bei <strong>MOTORRAD</strong> Enduros lieben lernte, fuhren<br />
die aktuellen Geräte schon über 40 PS auf, viel bessere<br />
Fahrwerke und noch viel bessere Bremsen. Aber<br />
Wandern konnte man längst nicht mehr mit allen.<br />
Dabei ist das, finde ich heute, eine der schönsten<br />
Arten Motorrad zu fahren. Deshalb verstehe ich jeden,<br />
der eine XT hegt, und deshalb halte ich sie auch<br />
für einen der allerwichtigsten 70er-Jahre-Klassiker.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 17