PS 06/2016
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kann, soll sich eine Glaskugel aufsetzen,<br />
basta! Die restlichen Helme bieten<br />
größtenteils ebenfalls eine ordentliche<br />
Aussicht, Negativbeispiele Fehlanzeige.<br />
Aerodynamik: Ein schwieriges Kapitel.<br />
Manche Hersteller brüsten sich mit im<br />
Windkanal haarfein ausgetüftelter Aerodynamik,<br />
entwickelt und getestet von<br />
den besten Rennfahrern der Welt in der<br />
MotoGP. Doch obwohl wir beim Praxistest<br />
unsere Köpfe bei Topspeed in der<br />
ultraschnellen Parabolika in Hockenheim<br />
aus der Verkleidung nahmen,<br />
konnten wir keine allzu großen Unterschiede<br />
feststellen. Leicht vom Rest des<br />
Feldes abheben konnten sich lediglich<br />
der AGV und der Shoei.<br />
Geräuschentwicklung: Grundsätzlich<br />
empfehlen wir fürs Kreiseln jederzeit<br />
einen Gehörschutz. Gleiches gilt für<br />
sportliches Treiben außerhalb der Stadt.<br />
Denn selbst ein noch so gut gedämmter<br />
Helm kann die Wind- und Motorengeräusche<br />
nicht ausreichend dämpfen. Wer<br />
oft ohne Ohrenstöpsel fährt, riskiert auf<br />
Dauer Gehörschäden. Den ruhigsten Hut<br />
stellt Shark, dicht gefolgt von Schuberth.<br />
Gewicht: Eine gute Helmbalance kann<br />
ein hohes Gewicht zwar etwas ausgleichen.<br />
Doch dauerhaft trägt sich eine<br />
leichte Kappe angenehmer als eine<br />
schwere. Mit exakt 1300 Gramm stammt<br />
das Leichtgewicht dieses Vergleichs<br />
von X-lite. Schlusslicht bildet der Arai<br />
mit satten 1602 Gramm.<br />
Beschlagneigung: Neun von elf Kandidaten<br />
arbeiten mit einer zweiten<br />
Kunststoffscheibe, die innen in das<br />
Visier gesteckt wird („Pinlock“-System).<br />
Um den Innenrand dieser Scheibe verläuft<br />
ein hauchdünner Silikonstreifen,<br />
wodurch eine Luftschicht zwischen ihr<br />
und dem Visier entsteht. Diese Schicht<br />
unterbindet wirkungsvoll ein Beschlagen.<br />
Lediglich Shark und Icon verzichten<br />
auf das Feature und bieten stattdessen<br />
beschlagfreie Visiere. Unser Test<br />
zeigte jedoch, dass sich im Extremfall<br />
(geschlossenes Visier beim Vorstart,<br />
hohe Luftfeuchtigkeit) Nebel auf der<br />
Innenseite bildet. Bei trockenen Bedingungen<br />
und freier Fahrt funktionierten<br />
sie jedoch einwandfrei.<br />
Ausstattung/Verarbeitung: In diesem<br />
Kapitel nehmen wir die Qualität der Helme<br />
unter die Lupe. Wie fest sitzen Schalter,<br />
Hebel, Schieber und Klappen? Wie<br />
wirkungsvoll lässt sich das Visier verriegeln?<br />
Sieht man Klebereste? Gibt es<br />
scharfkantige Komponenten? Wie gut ist<br />
die Lackierung? Wie hoch die allgemei-<br />
SO REIFEN LIEF DER TEST<br />
SCHLAGDÄMPFUNG<br />
AGV<br />
Pista GP<br />
7,5 m/s, rechte Seite*<br />
Beschleunigung in g<br />
186<br />
HIC-Wert 1328<br />
5,5 m/s, linke Seite*<br />
Beschleunigung in g<br />
127<br />
HIC-Wert 592<br />
Gemittelter HIC-Wert 960<br />
7,5 m/s, Kinnteil**<br />
Beschleunigung in g<br />
493<br />
Auf dem Prüfstand des TÜV Rheinland fand der Schlagtest statt. Die Fahreindrücke<br />
sammelten wir bei einem zweitägigen Renntraining in Hockenheim<br />
FÜR EINHEITLICHE SICHERHEITSSTAN-<br />
DARDS GILT SEIT VIELEN JAHREN die<br />
allgemeingültige Prüfnorm ECE-R 22.05.<br />
Leider schreibt sie so unsinnige Dinge vor<br />
wie einen Schlagdämpfungstest mit auf<br />
minus 20 Grad heruntergekühltem Helm.<br />
Darüber hinaus sieht die Norm auch einen<br />
Schlag auf einen flachen Amboss vor, was<br />
Experten für praxisfremd halten. Daher<br />
haben die Kollegen von MOTORRAD zusammen<br />
mit den Spezialisten Peter<br />
Schaudt vom TÜV Rheinland und dem<br />
Unfallforscher Florian Schueler 2009 ein<br />
anderes Prüfverfahren entwickelt, nach<br />
dem auch <strong>PS</strong> testet. Das Verfahren sieht<br />
einen Schlagtest bei Raumtemperatur vor.<br />
Außerdem kommt statt des flachen Ambosses<br />
ein Leitplankenpfosten („Sigma“-<br />
Pfosten) zum Einsatz. Auf einheitlich ausgerichtete<br />
Helme markieren die Prüfer<br />
Punkte, mit denen der Helm später auf den<br />
Pfosten donnert – je einmal links und<br />
rechts. Für die rechte Seite wird der Helm<br />
auf 7,5 m/s beschleunigt, was exakt 27<br />
km/h entspricht. Auf der linken Seite liegen<br />
5,5 m/s (rund 20 km/h) an. Ein Norm-<br />
Dummy zeichnet die Daten auf. Um zwei<br />
Werte geht es: Beschleunigung „g“ und<br />
„Head Injury Criterion“ (HIC). Letztgenannter<br />
berücksichtigt außer der reinen Aufprallenergie<br />
auch die Dauer der Krafteinwirkung.<br />
Wir addierten die HIC-Werte und<br />
mittelten sie. Wunschwert: 1000. Nicht in<br />
die Bewertung fließt ein Kinnschlag auf<br />
den Kantenamboss ein. Grund: Ein Teil der<br />
Kräfte nimmt der Kinnriemen auf, weshalb<br />
sich die Messungen nicht vergleichen lassen.<br />
Zur Orientierung haben wir die Werte<br />
dennoch aufgeführt.<br />
Für den Praxistest jagten wir im Rahmen<br />
eines Toni Mang-Renntrainings (nochmals<br />
danke!) eine Ducati 1199 Panigale und eine<br />
Yamaha R1 zwei Tage lang um den großen<br />
Kurs von Hockenheim. Davor probierten<br />
wir die Helme in der Redaktion aus und<br />
nahmen sie gründlich unter die Lupe.<br />
BEWERTUNG<br />
max.<br />
Punkte AGV<br />
Pista GP<br />
Schlagdämpfung 30 30<br />
Passform/<br />
Trageverhalten<br />
30 22<br />
Handhabung/<br />
Bedienung<br />
20 12<br />
Belüftung 10 4<br />
Sichtfeld 10 10<br />
Aerodynamik 10 9<br />
Geräuschentwicklung 10 7<br />
Gewicht* 10 5<br />
Beschlagneigung 10 10<br />
Ausstattung/<br />
Verarbeitung<br />
10 6<br />
GESAMTPUNKTE** 150 115<br />
PLATZIERUNG 5.<br />
66 <strong>PS</strong> 6/<strong>2016</strong><br />
**60-69 Punkte