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Gedenkschrift zur zweiten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 27. Juni 2016

in dieser Broschüre werden unter anderem die Schicksale Angehöriger der Bruchsaler Familien Bornhäuser, Prager, Bär, Kahn und Oppenheimer dokumentiert, allesamt Opfer des NS-Regimes.

in dieser Broschüre werden unter anderem die Schicksale Angehöriger der Bruchsaler Familien Bornhäuser, Prager, Bär, Kahn und Oppenheimer dokumentiert, allesamt Opfer des NS-Regimes.

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Die F<strong>am</strong>ilie Prager wohnte zunächst im Haus Moltkestr. 20 <strong>zur</strong> Miete. Das Haus Stirumstraße<br />

5 wurde nach dem Grundstückskauf 1927 noch <strong>in</strong> demselben Jahr als e<strong>in</strong>ziges<br />

Haus zwischen Brauereiweg und Reserveallee von Hauptlehrer Prager erbaut und von<br />

se<strong>in</strong>er F<strong>am</strong>ilie alle<strong>in</strong>e bewohnt. Nach 1933 hatten Pragers allerd<strong>in</strong>gs Mieter bei sich wohnen.<br />

Pragers Wohnung hatte vier Räume, die teuer e<strong>in</strong>gerichtet waren. Am 16.1.1939,<br />

also kurz nach Pragers Rückkehr aus Dachau, fand der Hausverkauf an den ehemaligen<br />

Kollegen der Pestalozzischule, Hauptlehrer August Rapp, statt. Prager soll gesagt haben:<br />

„Wenn ich schon verkaufen muss, dann an Dich.“ Im Kaufvertrag wurde sogar festgelegt,<br />

dass Pragers „bis zu ihrem Wegzug <strong>in</strong>s Ausland, ohne dass ihnen vorher gekündigt<br />

werden kann, <strong>in</strong> den bisher <strong>in</strong>negehabten Räumen gegen Zahlung von RM 45 als Mieter<br />

wohnen bleiben können“. Bis 1940 wurden allerd<strong>in</strong>gs die meisten Juden <strong>in</strong> <strong>Bruchsal</strong> zum<br />

Umzug <strong>in</strong> „Ghettohäuser“ gezwungen. Der Umzug <strong>in</strong> die Huttenstr. 2 (2-Zi.-Whg. im<br />

Rabb<strong>in</strong>atsgebäude mit Dienstwohnung des Rabb<strong>in</strong>ers) war „kurze Zeit vor der Deportierung“,<br />

dorth<strong>in</strong> zogen auch vier alle<strong>in</strong> stehende Frauen. Das restliche Mobiliar wurde<br />

<strong>in</strong> die Fabrikräume der Fa. Wolf (Huttenstr. 4) verbracht und später konfisziert. Pragers<br />

Deportation nach Gurs erfolgte <strong>am</strong> 22.10.1940 zus<strong>am</strong>men mit se<strong>in</strong>er Frau. Dort wurden<br />

sie letztmals genannt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief von Kantor Benj<strong>am</strong><strong>in</strong> Bravmann im Frühjahr 1941:<br />

„Wilhelm Prager und Frau s<strong>in</strong>d noch <strong>in</strong> Gurs“. Die Deportation nach Auschwitz erfolgte<br />

<strong>am</strong> 12.8.1942, zus<strong>am</strong>men mit se<strong>in</strong>er Frau über das S<strong>am</strong>mellager Drancy. Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

wurden beide kurz nach der Ankunft ermordet.<br />

Biografie von Charlotte Prager<br />

geb. Wiesbader (1886-1942)<br />

von F<strong>in</strong>an Kluge, Klasse 8w<br />

Charlotte Prager wurde <strong>am</strong> 14.10.1886 <strong>in</strong> Heidelberg als jüngste Tochter von He<strong>in</strong>rich<br />

Wiesbader und dessen zweiter Frau Emma geb. Maier geboren. Ihr Vater, Inhaber<br />

der Firma „Wiesbader und Rothschild“, starb, als sie drei Jahre alt war. Vier ihrer<br />

älteren Halbbrüder wanderten schon vor 1900 <strong>in</strong> die USA aus, zwei ihrer Brüder<br />

lebten <strong>in</strong> Frankfurt. Ihre Mutter Emma zog nach dem Verkauf der Firma mehrmals<br />

(also sehr wahrsche<strong>in</strong>lich auch mit Charlotte) <strong>in</strong> Heidelberg um. Dort starb sie<br />

1921. Charlotte, genannt „Lotte“, besuchte wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>e höhere Mädchenschule<br />

<strong>in</strong> Heidelberg. Nach dem Studienabschluss <strong>am</strong> Lehrersem<strong>in</strong>ar I <strong>in</strong> Karlsruhe<br />

<strong>am</strong> 5.8.1905 war sie zunächst <strong>in</strong> Heidelberg e<strong>in</strong>gesetzt. Am 7.6.1908 nahm sie Urlaub,<br />

um nach Paris zu fahren. Am 1.5.1909 wurde sie <strong>zur</strong> Unterlehrer<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Bruchsal</strong><br />

ernannt. Auf eigene Bitte ließ sich Charlotte Wiesbader wegen der bevorstehenden<br />

Eheschließung mit Wilhelm Prager <strong>am</strong> 31.12.1911 aus dem Be<strong>am</strong>tenverhältnis<br />

entlassen. Am 15.2.1912 fand die standes<strong>am</strong>tliche Trauung zwischen Wilhelm<br />

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