03.07.2016 Aufrufe

Gedenkschrift zur zweiten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 27. Juni 2016

in dieser Broschüre werden unter anderem die Schicksale Angehöriger der Bruchsaler Familien Bornhäuser, Prager, Bär, Kahn und Oppenheimer dokumentiert, allesamt Opfer des NS-Regimes.

in dieser Broschüre werden unter anderem die Schicksale Angehöriger der Bruchsaler Familien Bornhäuser, Prager, Bär, Kahn und Oppenheimer dokumentiert, allesamt Opfer des NS-Regimes.

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im Schl<strong>am</strong>m und Morast. Seuchen wie die Ruhr hat man sich dort schnell e<strong>in</strong>gefangen.<br />

Man konnte froh se<strong>in</strong>, wenn man diese überlebte. Doch das alles waren doch die alltäglichen<br />

D<strong>in</strong>ge. Paul Niedermann erzählte auch über se<strong>in</strong>e F<strong>am</strong>ilie. Wie er <strong>in</strong> den ersten<br />

Monaten bei se<strong>in</strong>er Mutter <strong>in</strong> der Baracke unterk<strong>am</strong>, obwohl nach Frauen und Männern<br />

getrennt wurde. Wie sich se<strong>in</strong>e Eltern nur beim Tod se<strong>in</strong>er Tante auf dem Friedhof <strong>in</strong><br />

Gurs sehen konnten und wie das alles für Paul Niedermann sehr schrecklich war. Doch<br />

trotzdem kommt er jedes Jahr nach Gurs und erzählt se<strong>in</strong>e schlimmen Erlebnisse. Teilt<br />

sie mit uns und gibt uns e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die graus<strong>am</strong>e Vergangenheit, obwohl es ihm<br />

schwer fällt, auf das Gelände zu gehen und sich an die schlimmen Bilder zu er<strong>in</strong>nern.<br />

Paul Niedermann ist für mich <strong>in</strong> den zwei Tagen e<strong>in</strong>e unglaublich <strong>in</strong>teressante und spannende<br />

Begegnung gewesen, die mir geholfen hat, mich wenigstens e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Stück <strong>in</strong><br />

die Lage der Menschen von d<strong>am</strong>als zu versetzen.<br />

Auch die Ausmaße des Lagers s<strong>in</strong>d größer als ich je gedacht hatte, denn wenn man dort<br />

ist, sieht man nur e<strong>in</strong> langes Stück Wald – und <strong>in</strong> der Mitte e<strong>in</strong> Weg – die 2 km lange,<br />

ehemalige Lager-Hauptstraße – eigentlich e<strong>in</strong> Spaziergang. Doch wenn man die Strecke<br />

auf sich wirken lässt, kommt es e<strong>in</strong>em ewig vor und es fällt e<strong>in</strong>em schwer, glauben zu<br />

können, wie man so viele Menschen e<strong>in</strong>sperren konnte. Ohne, dass man sie kannte.<br />

Ohne, dass man sich mit ihrer Religion ause<strong>in</strong>ander gesetzt hatte. Das alles geschah nur,<br />

weil e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Mensch die Macht bek<strong>am</strong> und tun konnte, was ihm passte. Ich werde es<br />

nie verstehen, doch Paul Niedermann sagte: „Es ist wichtig, dass die jungen Leute me<strong>in</strong>e<br />

Geschichte hören“ und das denke ich auch. Denn irgendwann ist niemand mehr da,<br />

der erzählen kann, der e<strong>in</strong>em die Augen öffnet über die schreckliche Vergangenheit, die<br />

h<strong>in</strong>ter uns liegt. Und man muss es weiter erzählen und sagen, dass dies nicht nochmal<br />

passieren darf, denn wir müssen aus unseren Fehlern lernen. Denn dieses Thema ist<br />

auch heute noch sehr aktuell und <strong>in</strong> vielen Ländern kommt es zu Konflikten, die durch<br />

Religion oder durch verschiedene Kulturen ausgelöst werden.<br />

Oberbürgermeister<strong>in</strong> Cornelia Petzold-Schick, Valerie Kurz, Paul Niedermann,<br />

Sarah Betz und Florian Jung auf dem Lagerfriedhof von Gurs <strong>am</strong> 17.4.<strong>2016</strong>. Foto: F. Jung<br />

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