03.07.2016 Aufrufe

Gedenkschrift zur zweiten Stolpersteinverlegung in Bruchsal am 27. Juni 2016

in dieser Broschüre werden unter anderem die Schicksale Angehöriger der Bruchsaler Familien Bornhäuser, Prager, Bär, Kahn und Oppenheimer dokumentiert, allesamt Opfer des NS-Regimes.

in dieser Broschüre werden unter anderem die Schicksale Angehöriger der Bruchsaler Familien Bornhäuser, Prager, Bär, Kahn und Oppenheimer dokumentiert, allesamt Opfer des NS-Regimes.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wimpfen geboren wurde. Zus<strong>am</strong>men wohnten sie zunächst <strong>in</strong> We<strong>in</strong>garten, wo Bertha<br />

Kahn 1878 im Alter von 21 Jahren ihr erstes K<strong>in</strong>d, Julius Kahn, <strong>zur</strong> Welt brachte.<br />

Zwischen den Jahren 1878 und 1880 zog die F<strong>am</strong>ilie nach <strong>Bruchsal</strong> um. Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

sah Emil Kahn dort e<strong>in</strong>e bessere Chance für se<strong>in</strong>en Laden. In <strong>Bruchsal</strong> gebar<br />

Bertha weitere sieben K<strong>in</strong>der, darunter auch Johanna Kahn, die <strong>am</strong> 18. <strong>Juni</strong> 1894<br />

um 4 Uhr morgens <strong>zur</strong> Welt k<strong>am</strong>. Beim jüngsten K<strong>in</strong>d war Bertha Kahn 40 Jahre alt.<br />

In der Mitte der 1880er wurde Emil Kahns Geschäft von der Marktstraße 97 <strong>in</strong> die<br />

Kaiserstraße 36 <strong>in</strong> <strong>Bruchsal</strong><br />

verlegt. Dort blieb es über<br />

35 Jahre. Emil Kahn verkaufte<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Kolonialwarenhandlung<br />

Delikatessen,<br />

Fisch, Geflügel, aber auch<br />

Kohle. D<strong>am</strong>it war er wohl<br />

sehr erfolgreich. Dies sieht<br />

Auszug aus dem <strong>Bruchsal</strong>er Adressbuch von 1904. Foto: F. Jung<br />

man daran, dass er e<strong>in</strong>er der wenigen war, der 1904 schon e<strong>in</strong>en Telefonanschluss<br />

sowie 1920 schon e<strong>in</strong> Postscheckkonto besaß.<br />

Bertha Kahn zog ihre K<strong>in</strong>der nicht <strong>in</strong> strengem Glauben auf. Doch er<strong>in</strong>nert sich<br />

ihre Enkeltochter Charlotte bis heute daran, dass ihre Großmutter die jüdische Religion<br />

noch viel strenger als ihre K<strong>in</strong>der ausübte. So g<strong>in</strong>g Bertha wöchentlich <strong>in</strong> die<br />

Synagoge und kochte koscher.<br />

Berthas K<strong>in</strong>der verließen nache<strong>in</strong>ander <strong>Bruchsal</strong>. So war ihr ältester Sohn Julius<br />

1909 bereits Kaufmann <strong>in</strong> London und wurde britischer Staatsbürger. In den<br />

1920ern zog er nach Amsterd<strong>am</strong>, wo er e<strong>in</strong>e F<strong>am</strong>ilie gründete. Die älteste Tochter<br />

Sofie verheiratete sich 1909 nach Koblenz und später <strong>in</strong> zweiter Ehe nach Würzburg.<br />

Hedwig heiratete 1920 nach Stuttgart, wo ihr Mann zus<strong>am</strong>men mit ihrem Bruder<br />

Richard e<strong>in</strong> Korsett-Geschäft betrieb. Die Söhne Ernst und Karl g<strong>in</strong>gen auch jung<br />

aus <strong>Bruchsal</strong> weg, Ernst nach New York, Karl wahrsche<strong>in</strong>lich nach Süd<strong>am</strong>erika. Der<br />

Zeitpunkt ist unbekannt, da aber Karl <strong>in</strong> <strong>Bruchsal</strong> als Teilnehmer des 1. Weltkriegs<br />

verzeichnet ist, Ernst aber nicht, so ist anzunehmen, dass der Ältere, Ernst, schon<br />

vor 1914 <strong>in</strong> den USA war und Karl, der Jüngste, nach dem Krieg auswanderte.<br />

Als 1921 der Vater, Emil Kahn, 71-jährig starb, lebte nur noch die unverheiratete<br />

Tochter Johanna bei der Mutter Bertha <strong>in</strong> <strong>Bruchsal</strong>. Bertha war zu diesem Zeitpunkt<br />

65 Jahre alt, ihre Tochter Johanna war 27-jährig. Emil wurde auf dem jüdischen<br />

Friedhof <strong>Bruchsal</strong> bestattet und Mutter und Tochter führten das Geschäft<br />

noch e<strong>in</strong>ige Zeit weiter.<br />

33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!