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Einführung in die Fachdidaktik Deutsch - Sprachdidaktik - nibuki

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Offenbar handelt es sich um e<strong>in</strong>e stufenförmige Entwicklung der Erzählfähigkeit. Boueke beschreibt<br />

<strong>die</strong>sen Prozess als unumkehrbar und spricht davon, dass K<strong>in</strong>der mit etwa zehn Jahren das<br />

Geschichtenschema vollständig aufgebaut haben. Dieser Prozess sei jedoch nicht als „Reifung“ oder<br />

„Entfaltung“ angeborenen Kompetenzen zu deuten, sondern vielmehr als e<strong>in</strong>e Art aktiver<br />

„Konstruktionsprozess“, der selbstgesteuert abläuft und bei dem jede Stufe <strong>die</strong> Voraussetzung für <strong>die</strong><br />

nächste ist. Er <strong>in</strong>terpretiert „<strong>die</strong> stufenweise Herausbildung oder „Konstruktion“ der e<strong>in</strong>zelnen Ebenen<br />

des Geschichtenschemas <strong>in</strong> Richtung auf das vollständige Schema als e<strong>in</strong>en Teil der Entwicklung der<br />

kognitiven Fähigkeiten“. Daneben spiele jedoch auch sprachliches und <strong>in</strong>teraktives Wissen e<strong>in</strong>er Rolle.<br />

Als Ursache für <strong>die</strong> fortschreitende Entwicklung des Geschichtenschemas bei e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d nennt<br />

Boueke „vor allem <strong>die</strong> sich entwickelnden kognitiven Fähigkeiten [...] - e<strong>in</strong>schließlich ihrer<br />

Möglichkeiten, Emotionalität zu verarbeiten -, daneben aber auch ihre zunehmende sprachliche und<br />

<strong>in</strong>teraktive Kompetenz“. „E<strong>in</strong> wesentlicher Antrieb <strong>die</strong>ser Entwicklung [sei auch] <strong>die</strong> Erfahrung der<br />

„Unzulänglichkeit“ der jeweils erreichten Ebene - abgesehen von der höchsten, mit der K<strong>in</strong>der am<br />

Ziel <strong>die</strong>ser Entwicklung des Geschichtenschemas angekommen s<strong>in</strong>d“.<br />

Aufgrund ihrer Beobachtung schlussfolgert Boueke, dass der weitgehend selbstgesteuerte kognitive<br />

Entwicklungsprozess nur bed<strong>in</strong>gt durch Maßnahmen von außen bee<strong>in</strong>flusst werden kann. Er<br />

problematisiert weiterh<strong>in</strong>, dass <strong>die</strong> neuere Erzähldidaktik wenig von ihrem Ansatz halten wird, da sie<br />

<strong>die</strong> „Erlebnishaftigkeit“ <strong>in</strong> den Vordergrund stellt und <strong>in</strong> Bouekes Ansatz nur e<strong>in</strong>e Form des<br />

überholten traditionellen Aufsatzunterrichts sehen könnte. Er weist jedoch darauf h<strong>in</strong>, dass „freies“<br />

Erzählen und „angeleitetes“ Erzählen e<strong>in</strong>ander nicht unvere<strong>in</strong>bar gegenüberstünden. So sei auch für<br />

das „freie“ Erzählen strukturelles Wissen vorteilhaft, wobei der Lehrer sich natürlich nicht darauf<br />

versteifen dürfe, se<strong>in</strong> eigenes strukturelles Erzählschema durchzusetzen.<br />

6.5 - Zusammenhang von Erzählfähigkeit und sozialer Herkunft (Ste<strong>in</strong>ig/Huneke)<br />

Ste<strong>in</strong>ig und Huneke weisen darauf h<strong>in</strong>, dass sowohl Boueke als auch Quasthoff zu der Annahme<br />

gekommen s<strong>in</strong>d, dass <strong>die</strong> Erzählentwicklung <strong>in</strong> Stufen abläuft. Doch sei <strong>die</strong> Entwicklung natürlich<br />

nicht im Alter von 10 Jahren abgeschlossen, denn noch weit bis über <strong>die</strong> Pubertät h<strong>in</strong>aus würden<br />

weitere Elemente gelernt um <strong>die</strong> Erzählungen zu verfe<strong>in</strong>ern. Allerd<strong>in</strong>gs zeige <strong>die</strong> Alterserfahrung, dass<br />

<strong>die</strong> familiäre Sozialisation sowie milieu- und kulturspezifische E<strong>in</strong>flüsse <strong>die</strong> Fähigkeit zum Erzählen<br />

entscheidend bee<strong>in</strong>flussen. So habe Ste<strong>in</strong>ig nachweisen können, dass „mündliche Erzählungen von<br />

Viertklässlern sich h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Nähe zur Schriftsprache vone<strong>in</strong>ander unterscheiden: K<strong>in</strong>der,<br />

deren Eltern e<strong>in</strong>e höhere Schulbildung haben, formulieren ihre Erzählungen <strong>in</strong> formalen Situationen -<br />

wie e<strong>in</strong>er Prüfung oder im Unterricht - stärker <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schriftsprachlichen Duktus. ‚Gebildete‘ Eltern<br />

vermitteln offenbar ihren K<strong>in</strong>dern, dass es <strong>in</strong> öffentlichen und <strong>in</strong>stitutionell geprägten Situationen<br />

opportun ist, Erzählungen konzeptionell schriftlich zu formulieren.“<br />

Zum Vergleich se<strong>in</strong>en zwei Erzählungen (Nacherzählungen e<strong>in</strong>es zuvor gesehenen Films) angeführt,<br />

e<strong>in</strong>e von e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d aus dem Bergarbeitermilieu (A), und e<strong>in</strong>e von e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d aus e<strong>in</strong>er bildungsbürgerlichen<br />

Familie (B):<br />

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