2013-04
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KÖLNER PERSPEKTIVEN<br />
durchblick-Bildredaktion auf Tour<br />
Römische Vergangenheit, rheinische<br />
Frömmigkeit, barocke Lebensart, urbane<br />
Modernität, Toleranz der gebürtigen<br />
und „gelernten“ Kölner, der „Immis“,<br />
Multikulti, eine gewisse Nonchalance und Geschäftstüchtigkeit:<br />
All das macht den Charme<br />
der Stadt im Schatten des Doms aus.<br />
Köln: Zentrum der Medien, Musik, Kunst<br />
und Wirtschaft. Wissenschaft und Sport stehen<br />
im Mittelpunkt für ca. 100.000 Studierende in<br />
der Millionenstadt. Das prägt das Stadtbild, wo<br />
eigentlich immer etwas los ist: Eine Demo,<br />
Selbstdarsteller und Musiker auf der Domplatte<br />
wollen vom naheliegenden WDR als Talent<br />
entdeckt werden, ausgeflippte Junggesellinnen<br />
machen schrill auf ihren Abschied vom<br />
Singledasein aufmerksam. Liebevoll wird die<br />
Domplatte auch das „Wohnzimmer“ der Kölner<br />
genannt. Irgendein Marathon, Radrennen<br />
oder Open-Air-Konzert findet an fast jedem<br />
Wochenende statt. Im August, als wir von der<br />
Bildredaktion des durchblick unseren Köln-<br />
Streifzug machten, waren gleichzeitig auf der<br />
Strecke von der Deutzer Seite, der „schäl Sick“<br />
(rechtsrheinisch) der Hohenzollernbrücke bis<br />
zum Rheinauhafen ein 8-km-Lauf der Powerfrauen,<br />
eine Kurden-Demo auf der Domplatte<br />
und „Mama Afrika“, ein Fest und Markt<br />
mit viel Musik, Tam-Tam, exotischen Düften,<br />
bunten Gewändern und verwegenen Frisuren<br />
beim Schokolademuseum. Überall ein bisschen<br />
Chaos und Gedränge ohne Ende. Bergsteiger<br />
des Alpenvereins Sektion Köln zeigten<br />
am Sockel der Hohenzollernbrücke ihr Können<br />
beim Klettertraining vor der Dom-Kulisse,<br />
während auf der Brücke nach wie vor Verliebte<br />
ihr Herz symbolisch mit einem Liebesschloss<br />
verschenkten.<br />
Die Kranhäuser sind heute das Herz der Hafencity<br />
von Köln: wegweisend in derArchitektur<br />
und Pilgerstätte für Architekturbegeisterte<br />
und Fotografen. Nur sehr solvente Bürger<br />
können sich hier ein Luxus-Appartement leisten,<br />
man munkelt z. B. von Lukas Podolski.<br />
Reduziert und funktionell stehen die Kranhäuser<br />
da, wo vor gar nicht so langer Zeit noch<br />
Waren aller Art von den Kähnen in Speicherhäuser<br />
gehievt wurden. Die drei Kranhäuser<br />
erinnern mit ihrer Form – ein umgedrehtes L<br />
– an Hafenkräne. Die Ausführung der Häuser<br />
(zwischen 2006 und 2010) erfolgte nach Plänen<br />
des Aachener Architekten Alfons Linster<br />
und des HamburgerArchitekten-Teams Bothe,<br />
Richter und Teherani, das ja mit der Gestaltung<br />
der neuen Hamburger Hafencity schon wegweisend<br />
arbeitete.<br />
Der Dom ist nach wie vor eines der bedeutendsten<br />
Gebäude Deutschlands. Mit ca. 157<br />
m Höhe beherrscht er noch heute die Skyline<br />
der Stadt am Rhein. Seit 2006 ist nachts der<br />
Blick auf den Dom und die Hohenzollernbrücke<br />
vom Kölntriangle, einem gläsernen Büroturm,<br />
atemberaubend (20<strong>04</strong>–2006, Architekten:<br />
Dörte Gatermann und Elmar Schossig).<br />
Die über 100 m hohe Aussichtsplattform des<br />
Triangle-Turms ist seitdem ein Muss für Touristen,<br />
Fotografen und Kölner.<br />
Das Gotteshaus ist eine Dauerbaustelle,<br />
vom Dombaumeister und der Dombauhütte<br />
betreut. 2007 wurde das viel diskutierte Domfenster<br />
von Gerhard Richter trotz vieler Widerstände<br />
eingebaut, gleich in Nachbarschaft<br />
zum wunderbaren Dreikönigsaltar von Stefan<br />
Lochen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.<br />
Hier gibt es keinen Stillstand. Gotik und 21.<br />
Jahrhundert bilden eine Synthese. Im Zweiten<br />
Weltkrieg wurde Köln fast zu 90 % zerbombt.<br />
Nur mit Gottes Hilfe blieb der Dom fast unbeschadet<br />
stehen. 1948 konnte so das 700-jährige<br />
Domjubiläum mit Kardinal Frings und<br />
dem abgesetzten Bürgermeister Konrad Adenauer<br />
sowie mit ersten ausländischen Gästen<br />
begangen werden: Ein Symbol der Hoffnung<br />
für die geschundene Stadt und ihre Einwohner.<br />
Circa 100.000 Zuschauer säumten die große<br />
Prozession. „Gottesmaschine mit Gleisanschluss“,<br />
heißt es in dem Artikel „Der Kirchenkonzern“<br />
im Köln-Heft von Merian. Das<br />
bezieht sich auf den Kölner Hauptbahnhof, der<br />
sich gleich in Nachbarschaft zur Kathedrale<br />
befindet. Trotz 1.000 Ein- und Ausfahrten der<br />
Züge täglich hat der Dom bisher Standfestigkeit<br />
bewiesen.<br />
Flair, Vielfalt, Tradition und Erneuerung<br />
bestimmen Köln. „Viva Colonia!“, wie es der<br />
Song der Höhner auf den Punkt bringt.<br />
Köln: So nah und doch so fern.<br />
Tessie Reeh<br />
Foto: db-Bildredaktion<br />
4/<strong>2013</strong> durchblick 47