2013-04
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len das Brot subventioniert wurde und billig war, wurden<br />
die Schweine natürlich mit Brot gefüttert.<br />
Am nächsten Tag besuchten wir das Schloss Fürstenstein<br />
mit seinem großen Park, unweit der Kreisstadt<br />
Waldenburg. Hier waren einmal die Fürsten von Pleß zu<br />
Hause gewesen. Dieses Schloss war so gut es ging, fein<br />
herausgeputzt für die Touristen. In den Innenräumen<br />
hatten allerdings die russischen Soldaten direkt nach<br />
dem Zusammenbruch gewütet. Die antiken Möbel waren<br />
alle fortgeschleppt oder zerschlagen worden.<br />
Einen Tag später machten wir einen Ausflug nach<br />
Gottesberg. Kein besonders attraktiver Ort, mit vielen Bergschäden. Und besonders<br />
hoch gelegen. Der Panorama-Blick zum Riesengebirge war besonders beeindruckend. In Gottesberg<br />
war einmal Gold gefördert worden. Später ging es weiter nach Hirschberg, einem malerischen Städtchen<br />
mit einem sogenannten „Ring“ als Stadtmittelpunkt. Diesen Ort hatten die Polen sehr schön restauriert,<br />
hierin waren sie Meister. Unter den Kolonnaden gab es kleine, aber feine Restaurants, deren<br />
Speisekarte auch in Deutsch geschrieben war.<br />
Der letzte Tag führte uns nach Krummhübel (Karpacz), einem hoch gelegenen Wintersportort im<br />
Riesengebirge. Dort steht auch die hölzerne Stabkirche Wang, eine Wehrkirche wie in Norwegen. Diese<br />
hatte die norwegische Regierung einmal dem deutschen Kaiser geschenkt. Dann fuhren wir mit dem<br />
Sessellift in die Schlesierbaude, direkt unterhalb der Schneekoppe. Deine Oma und Tante Trudl kehrten<br />
ein, um dort „Flaczki“ zu essen. Das ist der polnische Name für Schampe. Ich wanderte über einen<br />
steilen Geröllweg zwischen Felsen hindurch auf die Spitze der Schneekoppe. Von oben hatte ich einen<br />
wunderschönen Panoramablick in die Gebirgslandschaft der Sudeten, hinüber nach Tschechien. Ob der<br />
Berggeist Rübezahl heute noch seinen Schabernack treibt? Begegnet bin ich ihm jedenfalls nicht.<br />
Auf dem Rückweg holte ich die beiden Freundinnen, die inzwischen bei Kaffee und Kuchen angelangt<br />
waren, wieder ab. Sie konnten nicht mehr so hoch klettern. Auf dem Rückweg besuchten wir<br />
in Agnetendorf noch das Wohnhaus von Gerhardt Hauptmann, der im Sommer in seinem Haus auf<br />
Hiddensee lebte.<br />
Es war Zeit, wieder nach Siegen zurückzukehren. Am nächsten Morgen verließen wir das Hotel in<br />
Richtung Westen. Unterwegs kamen wir dann noch an Bunzlau vorbei. Dieser Ort war früher einmal<br />
für seine braune Bunzlauer Keramik bekannt, ganz besonders für die dicken braunen Gurken- und<br />
Sauerkraut-Töpfe, „Punzeltöppe“ genannt. Viele Menschen aus dem Ort haben später im Kannebäckerland<br />
eine neue Heimat gefunden und dort ihr Handwerk weiter ausgeübt. In Bunzlau ist auch<br />
der Kabarettist Dieter Hildebrandt geboren und aufgewachsen.<br />
Wir überquerten nun in Görlitz wieder die Grenze zur DDR. In unserer alten Heimat sagten die<br />
Leute immer „Lebgesund“ oder „Leben Sie gesund“, wenn sie „Auf Wiedersehen“ sagen wollten.<br />
Nach Hause zurückgekehrt, freuten wir uns, dass die Landschaft im Siegerland genauso mittelgebirgig<br />
war, wie in unserer früheren Heimat, ausgenommen natürlich das Riesengebirge.<br />
Es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit: Auch in unserer alten Heimat gab es Fördertürme. Dort<br />
wurde Kohle gefördert. Als ich als Kind nach Siegen kam, standen hier auch noch Fördertürme auf<br />
den Hügeln, die hochwertiges Eisenerz zu Tage holten.<br />
Während unserer Reise explodierte der Atomreaktor in Tschernobyl. Wir konnten zurückreisen.<br />
Immer noch muss ich daran denken, wie nahe die Ukraine bei Polen liegt, und daran, dass die Menschen,<br />
denen wir auf unserer Reise begegnet sind, nicht einfach ihr Land verlassen konnten. Offiziell<br />
sind damals keine Messergebnisse bekannt geworden.<br />
Ich freue mich, wenn ich Dein Interesse an der alten Heimat ein wenig wecken konnte.<br />
Liebe Grüße von<br />
Deiner Tante<br />
Schlesierbaude an der Schneekoppe