2013-04

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Verlorene Heimat DU IMMER MIT DEINER HEIMAT...! von Else von Schmidtsdorf Wer kennt ihn nicht, diesen genervten Ausdruck unserer Kinder und Enkelkinder, in ihren jungen Jahren. Unser Begriff von Heimat scheint für sie eher in der Steinzeit als in der Jetztzeit zu liegen. Wir wissen ja, dass die Suche nach den Wurzeln in der Regel erst im Erwachsenenalter beginnt. So war es auch bei mir. Im Alter von 50 Jahren bin ich von meiner Mutter und ihrer besten Freundin zu einer Reise in unsere niederschlesische Vergangenheit eingeladen worden. Eine Reise, die ich mit großer Neugier und voller Erwartung angetreten habe. Hab ich doch selbst meine Kindheit dort verbracht, zusammen mit Eltern und Großeltern. Wie sieht unser Dorf jetzt aus, was machen die Wälder, die wir durchstreiften, der klare Bach, in dem wir mit den Händen Forellen gefangen hatten, all diese Fragen beschäftigten mich. Heute will meine 50-jährige Nichte mehr über ihre Wurzeln erfahren. Ich nahm das zum Anlass, ihr meine damalige Reise in einem Brief zu schildern: Gestüt Schloss Fürstenstein Alle Fotos: Archiv Lanko Alle Fotos: Archiv Else von Schmidtsdorf Beerdigungsinstitut SEIT 1929 Erledigung aller Formalitäten Überführungen: In- und Ausland Inhaber: Stefan & Georg Fries · 57074 Siegen Telefon: 02 71/534 36 Friedrich-Wilhelm-Str. 140 · Frankfurter Str. 101 Helfen ist uns Ve rpflichtung eigene Trauerhalle 58 durchblick 4/<strong>2013</strong>
Liebe Dietlind, Förderturm in Waldenburg-Hochwald im Jahr 1986 hatte Deine Oma mir zum 50sten Geburtstag eine Reise zu unseren Wurzeln geschenkt, eine Busreise nach Waldenburg. Mit von der Partie war auch Tante Trudl, ihre beste Freundin. Die Stimmung war gut und die Reisenden voller Erwartung. Es wurde viel geredet. Die meisten Sätze begannen mit den Worten: Ja weißt Du noch..., oder wissen Sie noch...? Inzwischen waren immerhin 40 Jahre vergangen. Die älteren Teilnehmer gaben Sprüche in der alten Mundart zum Besten und fragten die Jüngeren, ob sie das noch verstehen würden? Wenn nicht, wurde übersetzt. Eine neue Generation war herangewachsen, die die alte Heimat ihrer Eltern nur noch aus deren Erzählungen kannte. Der Grenzübertritt nach Polen ging zügiger vonstatten als die Einreise in die DDR. Nach Passieren der polnischen Grenze fiel uns gleich auf, dass die Straßen wesentlich schmaler waren und zu beiden Seiten von Alleebäumen gesäumt wurden, wie früher. Die Häuser an den Straßen waren grau und nicht renoviert. Dagegen gab es wunderbar gepflegte Gemüsegärten. Die Beete und Anpflanzungen sahen aus wie mit dem Lineal gezogen, Hühner und Gänse durften noch frei herumlaufen. Es fuhren nur wenige Autos auf den Straßen, hier und da sah man mal einen kleinen, oft alten Polski-Fiat, der meistens so voll bepackt war, dass der Fahrer kaum noch durch die Heckscheibe sehen konnte. In der Dämmerung erreichten wir unser Ziel „Hotel Sudety“. Vor dem Hotel standen noch weitere Luxus-Busse mit Nostalgie-Reisenden aus dem Westen. Wir checkten ein und wurden gleich anschließend im Restaurant zum Essen erwartet. Wie waren wir da erstaunt, als sich für uns Touristen „die Tische nur so bogen“, wo wir doch wussten, dass Polen sehr verarmt war und die Bevölkerung darbte. Unzählige Lebensmitteltransporte aus dem Westen halfen die größte Not zu lindern. Hotel „Sudety“ war ein Hochhaus, das viele Menschen unterbringen konnte und das den Ortsmittelpunkt des Stadtteiles Waldenburg-Altwasser bildete. Es war von der polnischen Regierung erbaut worden. Nirgendwo sonst in der Stadt hatte man irgend ein anderes neues Gebäude errichtet oder renoviert. Früher war an der Stelle des Hotels ein kleiner Park mit Bank und Springbrunnen gewesen, direkt gegenüber des Polizeipräsidiums. Vom Hotel aus konnte man auch die ehemalige Porzellan-Fabrik Tielsch sehen, die früher mit Rosenthal fusioniert war. Es wurde dort immer noch Porzellan hergestellt. Etwas rechts sah man das Halbrund des Bahnhofs Altwasser. Wir besuchten am ersten Tag die ehemalige Herbert-Norkus-Schule, in der „Peterla“, mein jüngerer Bruder, seine I-Männchen-Zeit hinter sich gebracht hatte und meine Schule, die für mich mit der zweiten Klasse endete. Die Schulen wurden danach als Durchgangslager für die Pferdewagenkolonnen der heranflutenden Ostpreußen-Flüchtlinge genutzt. Für uns Kinder war die Schulzeit damit in Schlesien beendet. Wir liefen in der Stadt herum und sahen uns dieses und jenes an, was Deine Oma und Tante Trudl wiederum zu Sätzen veranlasste, die mit „weißt du noch...“ begannen. Ich selbst erinnerte mich noch an das CENTRAL-Kino“. Hier hatte ich in Begleitung Deiner Oma die Filme „Junge Adler“ mit dem damals 15-jährigen Hardy Krüger und Dietmar Schönherr oder „Reitet für Deutschland“ mit Willi Birgel, auch der „Lügenbaron Münchhausen“ oder „Große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers, oder Tanzfilme mit Marika Röck wie „Frauen sind doch bessre Diplomaten“, gesehen. Alle Frauen gingen damals oft ins Kino, denn ihre Männer waren an der Front. In die Nachmittagsvorstellungen nahmen sie auch gerne ihre Kinder mit. Am zweiten Tag fuhren wir mit einem Taxi ins Dorf meiner Großeltern, Deiner Urgroßeltern. Taxi-Fahren war in Polen sehr billig und die Fahrer sprachen meistens auch Deutsch. Als wir im Dorf ankamen, wandten wir uns dem Haus zu, in dem wir einmal gewohnt hatten. Wir standen am Zaun und trauten uns nicht, das Tor zu öffnen und die kleine verwilderte Parkanlage zu überqueren. Da kam ein älterer Herr auf
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