LAUFZEIT&CONDITION
eMag_lzco_11_2016
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FRAUEN LAUFEN<br />
Im Laufe ihres Studiums begann Maike, in<br />
der IT-Branche und als Nachhilfelehrerin<br />
für Mathe, Physik und Informatik zu arbeiten.<br />
Schon nach einem Semester bemerkte<br />
sie ihre abnehmende Leistungsfähigkeit<br />
mit starken Konzentrationsschwankungen.<br />
Also ging sie ab und zu mal 20 bis<br />
30 Minuten in der Fahrradkleidung und<br />
normalen Schuhen joggen, um sich wieder<br />
etwas Bewegung zu verschaffen.<br />
Eine Freundin schlug Maike deshalb vor,<br />
gemeinsam am Nikolauslauf in Köln<br />
teilzunehmen. Eigentlich hatte Maike<br />
kein Interesse daran, aber weil ihre<br />
Freundschaften auf gemeinsamen Unternehmungen<br />
beruhen, machte sie mit.<br />
Ihre Freundin wollte die 10 km unter 50<br />
Minuten laufen. Da Maike überhaupt<br />
keine Vorstellung davon hatte, was es<br />
bedeutet, 10 km zu laufen, versicherte<br />
sie der Freundin, zu versuchen, bei ihr<br />
zu bleiben. Doch es waren so viele Menschen<br />
am Start, dass sie sich schnell aus<br />
den Augen verloren. Suchend rannte<br />
Maike die Strecke ab. Nach einer Runde<br />
kam sie an einem Freund vorbei, der sie<br />
hektisch anbrüllte, dass sie vierte Frau<br />
sei. Nachdem sie schließlich einsam in<br />
40:17 Minuten sechste Frau wurde, beschlossen<br />
ihre Freunde, dass sie mit dem<br />
Laufen anfangen müsse. Also begann sie,<br />
ohne Uhr und richtige Laufausrüstung,<br />
ohne Gedanken über Tempo oder Kilometer<br />
ihre Standardrunden zu drehen,<br />
um sich abends zu entspannen und ihrem<br />
Bewegungsdrang Rechnung zu tragen.<br />
Nachdem sie den Unilauf ein halbes Jahr<br />
später in 39 Minuten als vierte Frau beendete,<br />
fragte eine Athletin vom LAZ Puma<br />
nach Maikes Verein. Auf ihre Antwort<br />
hin, sie brauche keinen Verein, weil sie<br />
beim Laufen nur entspannen wolle, kam<br />
die prompte Antwort, Maike solle mal<br />
nach Siegburg kommen, da das Gemeinschaftsgefühl<br />
und der Trainer dort noch<br />
mehr zur Entspannung, aber auch zum<br />
Spaß und guter Laune beitragen.<br />
Klug statt hart trainieren<br />
So kam Maike tatsächlich zum LAZ<br />
Puma und Thomas Eickmann als Trainer,<br />
der selbst einmal 2:15 h auf der Marathondistanz<br />
gelaufen und auch beim<br />
Köln-Marathon gestartet ist. Thomas<br />
sorgte tatsächlich immer für gute Laune<br />
und Spaß beim Training, das aber gleichzeitig<br />
auch ambitionierter wurde. Heute<br />
findet Maike Gefallen daran, ihren Körper<br />
zu formen und neue, unbekannte<br />
Leistungen aus ihm herauszuholen. Und<br />
das ist gar nicht so einfach, denn: „Ein<br />
bisschen zu wenig trainiert und es stagniert.<br />
Ein bisschen zu viel trainiert oder<br />
zu wenig ausgeruht und es geht rückwärts<br />
mit der Leistung. Es gilt eben nicht,<br />
härter zu trainieren, um schneller zu werden,<br />
sondern eher geschickter zu trainieren.<br />
Was klug ist, musste ich hart lernen,<br />
wobei Thomas mir immer zur Seite stand<br />
und immer noch da ist.“ Laufen bedeutet<br />
für sie „Spaß, Freude, den Kopf freipusten,<br />
fliegen, schweben, dahingleiten<br />
durch laue Sommerabende, durch das<br />
bunte Laub im Herbst. Laufen bedeutet<br />
Freiheit für mich, so weit zu laufen, wie<br />
meine Beine mich tragen und einfach mal<br />
weg zu sein, den Alltag und alle Sorgen<br />
vergessen. Mich voll auspowern. Mich<br />
regenerieren. Für gute neue Ideen zu meditieren.<br />
Die besten Ideen für Aufgaben<br />
in meinem Studium oder auf der Arbeit<br />
kommen nach dem Laufen, weil dann<br />
der Kopf erst frei ist.“<br />
Resümierend meint Maike am Ende, dass<br />
sie immer lächeln wird und das Glück im<br />
Ziel wieder fühlen wird, wenn sie von ihrem<br />
ersten Marathon erzählt oder die Augen<br />
schließt und daran zurückdenkt. „Es<br />
war mein erster Marathon, aber er hat mir<br />
so gut gefallen, dass ich nie wieder was anderes<br />
machen möchte. Am besten war es,<br />
fast drei Stunden laufen zu dürfen, zu genießen<br />
und zu träumen. Ich liebe das Gefühl<br />
‚Laufen‘ und beim Marathon konnte<br />
ich mich in einer einzigartigen Atmosphäre<br />
austoben. Mit so einem Traumteam in<br />
meiner Heimat- und Lieblingsstadt! Nirgends<br />
könnte es je schöner sein.“ •<br />
(Den Bericht zum RheinEnergie Köln Marathon<br />
finden Sie auf den Seiten 40/41.)<br />
Guinness World Records<br />
für Irina Mikitenko<br />
G<br />
uinness World Records,<br />
die berühmte und weltweit<br />
anerkannte Institution<br />
zur Überprüfung und<br />
Beglaubigung von Weltrekorden, konnte<br />
eine der ehemaligen deutschen Topläuferinnen<br />
gleich mit zwei Guinness World<br />
Records-Titeln auszeichnen. Guinness<br />
World Records übergab Irina Mikitenko<br />
am 22.09.2016 die offiziellen Urkunden<br />
für die schnellste Marathonzeit bei Frauen<br />
in der Masterwertung ab 35 Jahre und<br />
Gleiches für die Wertung ab 40 Jahre.<br />
Beim BMW BERLIN-MARATHON<br />
2008 schaffte Mikitenko es mit einer Zeit<br />
von 2:19:19 h, den Weltrekord für über<br />
35-Jährige aufzustellen und 2013 fügte<br />
sie die Rekordmarke für über 40-jährige<br />
Frauen mit einer Zeit von 2:24:54 h hinzu.<br />
Bislang wurden ihre Zeiten in diesen<br />
Wertungen noch nicht unterboten. Mit<br />
diesem erstklassigen Rekordergebnissen<br />
verabschiedete sich die Spitzenathletin<br />
wenig später vom ihrer aktiven Karriere.<br />
Am Donnerstag vor dem 43. BMW<br />
BERLIN-MARATHON 2016 reiste<br />
Mikitenko noch einmal nach Berlin, um<br />
die Teilnehmer des Marathons zu unterstützen<br />
und um ihre Ehrung entgegenzunehmen.<br />
Die 44-Jährige mit kasachischen Wurzeln<br />
zog 1996 als Spätaussiedlerin mit ihrem<br />
Mann, der sie in ihrer leistungssportlichen<br />
Karriere betreut und trainiert hat,<br />
nach Deutschland. Noch bei den Olympischen<br />
Spielen 1996 in Atlanta war sie<br />
für Kasachstan über 10.000 m am Start,<br />
wo sie den Endlauf nicht erreichte. 1998<br />
44<br />
11/2016 | LAUFZEIT&<strong>CONDITION</strong>