stahlmarkt 9.2016 (September)
Aus dem Inhalt: Steel International / Stahlstandort Deutschland / Stahl & Automobil / Fahrzeuge / Baden-Württemberg / Anarbeitung / Stahlhandel & Stahl-Service-Center
Aus dem Inhalt: Steel International / Stahlstandort Deutschland / Stahl & Automobil / Fahrzeuge / Baden-Württemberg / Anarbeitung / Stahlhandel & Stahl-Service-Center
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
36 K Branchenbericht<br />
Hüttentechnik wartet auf Investitionen<br />
der Stahlindustrie<br />
Harter Kampf um wenige Großaufträge<br />
Düsseldorf (kv). Für die Stahlwerksbauer ist auch 2016 eine Wende zum<br />
Besseren nicht in Sicht. Die deutschen Anlagenbauer, die weltweit zu den<br />
führenden Anbietern gehören, müssen nach eigener Erkenntnis ihre<br />
Effizienz steigern und verstärkt in Forschung und Entwicklung investieren,<br />
um ihre technologische Spitzenstellung zu halten und auszubauen.<br />
Die Maschinen- und Anlagenbauer der<br />
Hütten- und Walzwerkstechnik wissen seit<br />
Langem mit den fast regelmäßigen zyklischen<br />
Ausschlägen ihres Geschäftes zu<br />
leben. Dem Tief bei den Auftragseingängen<br />
folgte meist nach etwa drei bis vier Jahren<br />
wieder ein Hoch. Doch inzwischen stecken<br />
die Unternehmen im fünften Jahr in einem<br />
Abschwung. Und eine Umkehr des Trends<br />
ist nicht erkennbar. Die Bestellungen sackten<br />
allein 2015 um<br />
fast ein Drittel auf<br />
1,6 (Vorjahr 2,4)<br />
Mrd. € ab. »Das ist<br />
der niedrigste Wert<br />
seit dem von der<br />
Asien- und Russlandkrise<br />
geprägten<br />
Jahr 1999 und er ist<br />
nur etwa halb so<br />
groß wie noch 2010 und 2011«, klagt<br />
Thomas Waldmann, Geschäftsführer der<br />
VDMA-Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau<br />
(AGAB). Die Rekordjahre 2007 und<br />
2008 mit jeweils fast 6 Mrd. € Auftragseingängen<br />
zieht Waldmann zum Vergleich erst<br />
gar nicht heran. In der AGAB sind die großen<br />
Anlagenbauer organisiert, die laut Definition<br />
die Fähigkeit besitzen, »auf der Basis<br />
umfassender Kenntnis des verfahrenstechnischen<br />
Prozessablaufs ein- oder mehrmals<br />
jährlich kunden spezifische Industrieanlagen<br />
im Wert von jeweils mindestens 25 Mrd. €<br />
zu bauen«. Der gesamte Großanlagenbau<br />
stand 2015 für knapp 20 Mrd. € Auftragseingang.<br />
Er kommt auf einen Weltmarktanteil<br />
von rd. 17 %.<br />
»<br />
Im laufenden Jahr ergeben sich<br />
Marktchancen in Westeuropa vor<br />
allem bei Projekten zur Umrüstung<br />
bestehender Anlagen.<br />
VDMA, Verband Deutscher Maschinenund<br />
Anlagenbau<br />
Schwieriges Umfeld bleibt vorerst<br />
bestehen<br />
Dr. Timo Würz, Geschäftsführer des VDMA-<br />
Fachverbandes Hütten- und Walzwerkeinrichtungen,<br />
zu dem auch das Gros kleinerer<br />
und mittlerer Anbieter zählt, sieht für seine<br />
Klientel die Lage kaum anders: Ȇber alle<br />
Regionen hatten Hersteller des metallurgienahen<br />
Maschinen- und Anlagenbaus 2015<br />
durchschnittlich 26 % weniger Aufträge zu<br />
verbuchen. 2016 ist<br />
keine Trendwende<br />
in Sicht.« Für die<br />
AGAB steht fest:<br />
»Die Situation muss<br />
als weiter problematisch<br />
beschrieben<br />
werden, denn<br />
das schwierige Um -<br />
feld bleibt bestehen.<br />
Das weltweite Nachfragetief auf dem<br />
Markt für metallurgische Hütten- und<br />
Walzwerkstechnik wird auch 2016 anhalten.«<br />
Wie sieht dieses Umfeld aus? Die weltweite<br />
Rohstahlproduktion sank im vergangenen<br />
Jahr um 3 %. Waldmann: »Die Kapazitätsauslastung<br />
der im Markt befindlichen<br />
Anlagen lag im ersten Halbjahr 2015 noch<br />
konstant über 70 %. Im zweiten Halbjahr<br />
sank sie kontinuierlich und erreichte im<br />
Dezember mit 65 % einen Tiefpunkt, das<br />
sind rd. 5 Prozentpunkte weniger als im<br />
Dezember 2014. Zu keinem Zeitpunkt wurde<br />
im vergangenen Jahr der langfristig wichtige<br />
Stabilisierungswert von 80 % erreicht.<br />
Die Bemühungen einer Reihe von Stahlherstellern,<br />
diesem negativen Trend durch<br />
Kapazitätsanpassungen entgegenzuwirken,<br />
zeigten keinen erkennbaren Erfolg.«<br />
Die Kunden der Anlagenbauer leiden aufgrund<br />
der mit dieser Entwicklung verbundenen<br />
weltweiten Überkapazitäten und der<br />
hohen Wettbewerbsintensität zunehmend<br />
unter Kosten- und Ergebnisdruck, heißt es<br />
weiter. Damit verknüpft sind Probleme bei<br />
der Finanzierung und Kapitalbeschaffung<br />
für erforderliche Investitionen. Projekte werden<br />
zunehmend verschoben oder storniert.<br />
Hinzu kommen die vielfältigen geopolitischen<br />
Unsicherheiten. Weiterhin wirken sich<br />
beispielsweise die EU-Sanktionen gegen<br />
Russland und die verschlechterte Sicherheits-<br />
und Wirtschaftslage im Nahen und<br />
Mittleren Osten negativ auf das Investitionsverhalten<br />
aus.<br />
»Enttäuschende Nachfrage«<br />
aus China<br />
Und auch im weltweit wichtigsten Markt für<br />
Hütten- und Walzwerke – in China – entwickelt<br />
sich die Nachfrage aufgrund der sich<br />
abkühlenden Konjunktur und hoher Überkapazitäten<br />
enttäuschend. Die Stahlindustrie<br />
in China befindet sich in einer Konsolidierungsphase.<br />
Trotz eines Rückgangs der<br />
Produktion um gut 2 % im Jahr 2015<br />
erzeugt das Land nach wie vor weit mehr<br />
Stahl als es benötigt. Das betrifft auch<br />
höherwertige Stahlqualitäten. Zahlreiche<br />
Anlagenbetreiber schreiben in China Verluste<br />
und sind entsprechend zurückhaltend bei<br />
ihren Investitionsentscheidungen. Dennoch<br />
haben nach Darstellung der AGAB internationale<br />
Maschinenbauer im chinesischen<br />
Markt weiterhin Erfolgschancen, wenn sie<br />
die von den Kunden gewünschten energieeffizienten<br />
und Ressourcen schonenden<br />
Anlagen liefern können.<br />
Etwas besser sieht es in Indien aus:<br />
Obwohl die dortige Stahlindustrie durch<br />
zunehmende Importe aus China, Russland,<br />
Japan und Südkorea unter Druck gerät, meldete<br />
Indien als eines von wenigen Ländern<br />
ein Wachstum der Stahlproduktion. Insbe-<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>9.2016</strong>