stahlmarkt 9.2016 (September)
Aus dem Inhalt: Steel International / Stahlstandort Deutschland / Stahl & Automobil / Fahrzeuge / Baden-Württemberg / Anarbeitung / Stahlhandel & Stahl-Service-Center
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8 K Steel International<br />
Stabilisierende Tendenzen<br />
in der US-Stahlindustrie<br />
Strafzölle zeigen Wirkung<br />
New York (bln). Dass der Minihütten-Riese Nucor für das zweite<br />
Jahresquartal einen Profit meldete, der größer ausfiel als die Prognosen von<br />
Wall-Street-Analysten, war nicht ungewöhnlich. Weitaus überraschender<br />
war, dass auch die Ergebnisse der integrierten Stahlunternehmen U.S. Steel<br />
und AK Steel weitaus positiver waren als die Voraussagen der Experten.<br />
Produkte. Im Hochsommer erklärten in einer<br />
Umfrage unter Stahlkäufern fast 80 % der<br />
Befragten, dass die Preisschere zwischen<br />
ausländischen und inländischen Stahlprodukten<br />
groß genug gewesen sei, den Kauf<br />
von Importstahl zu rechtfertigen. Entsprechend<br />
warnte eine wachsende Zahl von<br />
Analysten. Nachdem die Brexit-Entscheidung<br />
in Großbritannien offensichtlich keine<br />
raschen Folgen für die Stahlindustrie hatte,<br />
erwarteten Beobachter, dass die gefallene<br />
türkische Währung infolge des gescheiterten<br />
Putsches auch auf den Stahlmarkt Einfluss<br />
nehmen könnte.<br />
An der New Yorker Börse legten zuerst<br />
die U.S.-Steel-Aktien und einen Tag später<br />
auch die von AK Steel mächtig zu. Sie be -<br />
wegten sich in die Nähe ihrer Höchstwerte<br />
der letzten 52 Wochen. Stahl war plötzlich<br />
der Metall-Darling an der Wall Street im Vergleich<br />
zu anderen Industriemetallen wie<br />
Aluminium und Kupfer.<br />
Dennoch sprachen weder Unternehmensmanager<br />
noch Stahlanalysten von einem<br />
Comeback der integrierten Stahlunternehmen.<br />
Maßgeblich für den Aufwind in der<br />
Branche waren nämlich die in diesem Jahr<br />
stark angezogenen Preise. Zum Beispiel stiegen<br />
die Preise für warmgewalzte Produkte,<br />
die insbesondere im Auto- und Haushaltsgerätesektor<br />
gebraucht werden, um 65 %,<br />
nachdem sie im vergangenen Jahr um über<br />
30 % fielen. Auch in dieser Beziehung be -<br />
wahrheiteten sich die Unkenrufe von Beobachtern<br />
der Stahlindustrie nicht. Diese hatten<br />
nämlich wiederholt gewarnt, dass das<br />
hohe Preisniveau nicht zu halten sei.<br />
Die Beschwerden reißen nicht ab<br />
Eine Reihe anderer Faktoren kamen der<br />
Stahlindustrie zugute: Die Washingtoner<br />
Regierung schlug sich seit Anfang des Jahres<br />
erneut mit einer Reihe von Beschwerden<br />
gegen Stahlimporte auf die Seite der einheimischen<br />
Branche. Im Juli allein gab es zwei<br />
weitere Entscheidungen gegen Importe: Im<br />
ersten Fall verhängte das Handelsministerium<br />
empfindliche Strafzölle gegen kaltgewalzte<br />
Produkte aus Brasilien, Indien, Korea<br />
und Russland. Im zweiten Fall fällte das Handelsministerium<br />
eine einstweilige Entscheidung<br />
gegen subventionierte Bleche und<br />
Bänder aus nichtrostenden Stählen aus China<br />
und wies die Zollbehörde an, von Importeuren<br />
dieser Produkte ab sofort potenzielle<br />
Strafzölle zu erheben. Als Reaktion auf diese<br />
regelmäßig verhängten Strafzölle, insbesondere<br />
auf nichtrostenden, warm- und<br />
kaltgewalzten Stahl, und auf laufende Handelsbeschwerden<br />
drosselten ausländische<br />
Stahlunternehmen ihre Lieferungen.<br />
Und die Wellen der Beschwerden rissen<br />
nicht ab. Die U.S. Steel Corporation, seit<br />
Langem Beschwerdeführer der Branche,<br />
appellierte an das Handelsministerium und<br />
die International Trade Commission (ITC),<br />
eine Behörde der US-Regierung, eine Gesetzesvorschrift<br />
zu aktivieren und die Einfuhr<br />
von Kohlenstoffstählen und legierten Stählen<br />
aus China zu blockieren. Nun müssen die<br />
einschlägigen Washingtoner Behörden entscheiden,<br />
ob sie die verlangte drakonische<br />
Strafe verhängen und das vor Jahren erfolgreiche<br />
Hacking von U.S.-Steel-Computern,<br />
durch das sich China über neue Produktionsmethoden<br />
informierte, zu bestrafen. In<br />
einem ersten Schritt erklärte die ITC, dass<br />
entsprechende Ermittlungen eingeleitet<br />
wurden. In seinem jüngsten Gespräch mit<br />
Stahlanalysten äußerte sich U.S.-Steel-Boss<br />
Mario Longhi optimistisch über den Ausgang<br />
seiner Beschwerde.<br />
In der ersten Jahreshälfte fielen Importe<br />
um ca. 30 % gegenüber dem Vergleichszeitraum<br />
2015. Aber gegen Ende des zweiten<br />
Jahresquartals gab es einen leichten Anstieg<br />
von Stahleinfuhren, die zu weitaus niedrigeren<br />
Preisen verkauft wurden als heimische<br />
U.S. Steel will Rohrsparte<br />
abstoßen – Nucor expandiert<br />
Die Stahlnachfrage blieb insgesamt robust<br />
vonseiten der Auto- und Bauindustrie. Zu -<br />
sätzlich stockten eine Reihe von Großkunden<br />
und Service- Centern ihre niedrigen<br />
Lagerbestände auf. Die Kapazitätsauslastung<br />
lag in den ersten sechs Monaten um<br />
die 74 % gegenüber 72 % im vergangenen<br />
Jahr. Aber auch hinter diesen Zahlen verbargen<br />
sich Realitäten über die anhaltenden<br />
Probleme der Branche, insbesondere, dass<br />
zu Beginn des dritten Jahresquartals in zahlreichen<br />
Hüttenwerken kein Stahl produzierte<br />
wurde, speziell in den integrierten Unternehmen.<br />
Es gab auch keine Pläne, stillgelegte<br />
Hochöfen wieder in Betrieb zu nehmen.<br />
Angesichts niedriger Erdöl- und Erdgaspreise<br />
auf dem Weltmarkt sank die Zahl von<br />
Bohrplattformen in Nordamerika drastisch.<br />
Da Experten eine lange Durststrecke für die<br />
Preise dieser Energiequellen voraussagten,<br />
ließ U.S. Steel durchblicken, dass das Unternehmen<br />
offen ist, seine einstmals hochprofitable<br />
Rohrdivision zu verkaufen. Fraglich<br />
war, ob sich in der augenblicklichen Lage im<br />
Energiesektor ein Käufer finden würde.<br />
Während der größte integrierte Stahlhersteller<br />
U.S. Steel eine weitere Schrumpfung<br />
seiner Kapazität erwägt, verfolgte das größte<br />
Minihüttenunternehmen Nucor seine<br />
Expansionspolitik weiter mit dem Kauf einer<br />
Joy-Global-Hütte in Longview, Texas, für<br />
29 Mill. USD. Das Werk produziert Bleche<br />
aus Kohlenstoffstählen und legierten Stählen<br />
und hat eine Jahreskapazität von<br />
180.000 t. Nucor hat zwei Werke in Alabama<br />
und North Carolina, die insgesamt<br />
2,9 Mill. t der gleichen Produkte herstellen.<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>9.2016</strong>