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Praktische Abschaffung des Asylrechts in Deutschland

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Alternativer Menschenrechtsbericht für Nürnberg<br />

Seit e<strong>in</strong> paar Wochen stelle die Berl<strong>in</strong>er Botschaft <strong>des</strong> Iraks wieder Pässe<br />

aus, sagt Olaf Kuch, Chef <strong>des</strong> Ausländeramts. Das habe es schon so oft geheißen,<br />

sagt Claudia Geßl von der Initiative „Bleib“; <strong>in</strong> die Klagen über die<br />

rigide Haltung der Nürnberger Behörde stimmt auch sie e<strong>in</strong>. Manche andere<br />

Städte stellten <strong>in</strong> solchen Fällen problemlos Ersatzpapiere aus.<br />

Angst vor Abschiebung<br />

Es war der Sturz von Diktator Husse<strong>in</strong> 2003, der gravierende Folgen für<br />

18.000 Iraker <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> hatte, darunter rund 1.000 anerkannte<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> Nürnberg. Ihr Asylstatus wurde widerrufen, selbst gut Integrierten<br />

drohte plötzlich die Abschiebung.<br />

Sie könnten <strong>in</strong> den Irak zurückkehren, lautete die Botschaft. Heute leben<br />

nach Auskunft von Flüchtl<strong>in</strong>gsorganisationen immer noch rund 100 Familien<br />

<strong>in</strong> Nürnberg im rechtlichen Niemandsland. Die Ahmads wollen<br />

bleiben, schon wegen der K<strong>in</strong>der. Längst sprechen sie besser Deutsch als<br />

Arabisch. Sie formuliere „sprachlich klar und <strong>in</strong>haltlich treffend“, hat die<br />

Grundschullehrer<strong>in</strong> der zehnjährigen Ena <strong>in</strong>s Zeugnis geschrieben. Die<br />

Kle<strong>in</strong>e zeigt es stolz, ihr Sozialverhalten sei „sehr gut“ und sie zeige große<br />

Verantwortungsbereitschaft, das steht weiter unten. Jetzt geht Ena aufs<br />

Gymnasium. Unterstützung wird sie daheim kaum bekommen können,<br />

Geld für Nachhilfe ist auch ke<strong>in</strong>es da.<br />

Die ersten Jahre hat ihr Vater gearbeitet. Bei e<strong>in</strong>em Abbruchunternehmer,<br />

<strong>in</strong> der Gastronomie. Brutal ausgebeutet sei er worden, sagt er. Vier Jahre<br />

lang fiel e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>-Euro-Job <strong>in</strong> der Gebrauchtwarenhalle <strong>des</strong> Roten Kreuzes<br />

für ihn ab. Dann wurden diese Jobs abgeschafft.<br />

„Ich b<strong>in</strong> korrekt, korrekt. Nie Urlaub, nie krank“, sagt Farhad Ahmad. Jetzt<br />

arbeitet der ehemalige Armeeoffizier dort zweimal die Woche ehrenamtlich.<br />

Nur um nicht verrückt zu werden. Der Mann sei schwer <strong>in</strong> Ordnung,<br />

sagt se<strong>in</strong> Chef dort auf Nachfrage. Es hilft nichts, mit dem Fiktionspapier<br />

nimmt ihn ke<strong>in</strong> Arbeitgeber. Se<strong>in</strong> Kopf laufe nachts auf Hochtouren, sagt<br />

der Familienvater und wühlt <strong>in</strong> amtlichen Papieren, als könnte er doch irgende<strong>in</strong>en<br />

Nebensatz übersehen haben, der ihn retten könnte.<br />

Claud<strong>in</strong>e Stauber

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