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Hof & Markt | Fleisch & Markt 01/2017

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Seite 10, 1/2<strong>01</strong>7<br />

Märkte International<br />

&<br />

<strong>Hof</strong> <strong>Markt</strong><br />

Venezia: Il mercato di pesce<br />

Fischmarkt im Herzen der Stadt. Text und Fotos: Gerd Wolfgang Sievers<br />

Es gibt viele Fischmärkte<br />

auf der Welt, doch nur<br />

wenige, welche man –<br />

zumindest in einschlägigen Kreisen<br />

– auch weltweit kennt. Der<br />

Fischmarkt von Tokio ist zweifelsohne<br />

eine eigene Sache für<br />

sich und daher zu Recht genauso<br />

bekannt wie der Fischmarkt von<br />

Hamburg. Auch Venedig hat<br />

einen Fischmarkt, aber weder<br />

einen mit überwältigender Auswahl,<br />

noch einen mit belustigenden<br />

<strong>Markt</strong>schreiern. Es ist ein<br />

kleiner, beschaulicher, ja fast<br />

bescheidener Fischmarkt – und<br />

trotzdem weltberühmt!<br />

Fisch aus der Lagune<br />

Der mercato di pesce gehört zu<br />

den Rialto-Märkten, die 1097<br />

im Herzen der Stadt gegründet<br />

wurden. Es war einer der ersten<br />

Plätze in der Lagune, welcher<br />

besiedelt wurde, weil hier das<br />

Ufer höher lag: daher der Name<br />

rialto – von rivo alto = hohes Ufer.<br />

Am Rialto-<strong>Markt</strong> selbst wird vor<br />

allem Obst gehandelt, um die<br />

Stände herum haben sich einige<br />

Spezialitätengeschäfte angesiedelt,<br />

vor allem <strong>Fleisch</strong>ereien. Der<br />

mercato di pesce selbst ist ein traditioneller<br />

Fischmarkt, auf dem<br />

früher tatsächlich die Fischer<br />

aus der Lagune ihren täglichen<br />

Fang feilboten. Heute kommen<br />

zwar kaum mehr Fischer hierher,<br />

dafür haben Händler die Versorgungslücke<br />

geschlossen; einige<br />

bieten immerhin ausschließlich<br />

Fische aus den umliegenden<br />

Gewässern an (behaupten sie<br />

zumindest). Das Zentrum ist die<br />

Fischmarkthalle. Doch diese ist<br />

weder historisch noch alt, weshalb<br />

das 1907 errichtete neugotische<br />

Gebäude pescheria nuova (Neuer<br />

Fischmarkt) genannt wird.<br />

Beinhartes Geschäft<br />

Früh am Morgen wirkt der <strong>Markt</strong><br />

– im Gegensatz zu anderen Märkten<br />

dieser Art – wie ausgestorben.<br />

Die roten Planen (welche später<br />

die empfindliche Ware vor dem<br />

Sonnenlicht schützen soll) sind<br />

heruntergelassen, kein Laut ist<br />

zu hören, keine Menschenseele<br />

zu sehen. Plötzlich durchbricht<br />

das Knattern der Kähne die<br />

Stille und es dauert nicht lange,<br />

da herrscht emsiges Treiben. Verkaufstische<br />

werden aufgebaut,<br />

mit glänzendem Eis bedeckt und<br />

begonnen, die begehrten Waren<br />

möglichst dekorativ und verkaufsfördernd<br />

darauf zu betten.<br />

Verschiedenste Fische werden<br />

angekarrt, geschuppt, filetiert,<br />

zerhackt oder geschnitten. Branzino,<br />

Dorade oder Marmorbrasse<br />

werden in große Plastikwannen<br />

mit Wasser getaucht, damit sie<br />

möglichst frisch aussehen. Aber<br />

die trüben Augen hier und dort<br />

verraten, dass sie nicht aus dem<br />

Fang der letzten Nacht stammen.<br />

Die Venezianer, welche hier<br />

immer noch einkaufen, beklagen<br />

sich über die unverschämten<br />

Preise und die Tatsache, dass die<br />

Fische nicht fangfrisch sind. Man<br />

hört, dass die Fischer früher zwar<br />

bessere Ware hatten, doch noch<br />

unverschämte Preise dafür verlangten<br />

– Venezianer feilschen<br />

aber auch gerne, muss man dazu<br />

sagen. Dennoch, von Romantik,<br />

wie sie sich die meisten Touristen<br />

vorstellen, herrscht hier keine<br />

Spur, der Fischmarkt ist zunächst<br />

beinhartes Geschäft. Und das war<br />

schon immer so!<br />

Ein <strong>Markt</strong> für<br />

Eingeweihte<br />

Der Fischmarkt von Venedig hat<br />

bis heute seine eigene Struktur,<br />

ja er ist ein in sich geschlossenes<br />

Universum, welches sich deutlich<br />

vom restlichen <strong>Markt</strong>geschehen<br />

abgrenzt. Genauer betrachtet<br />

handelt es sich um knapp zwei<br />

Dutzend Stände mit ähnlicher<br />

Ware – die meisten beziehen<br />

vom selben Grossisten, abgesehen<br />

von einigen Querulanten, die<br />

angeblich nur heimische Fische<br />

verkaufen und deswegen noch<br />

teurer sind als die anderen. Auf<br />

den zweiten Blick unterscheidet<br />

sich das Angebot dann doch: Die<br />

Unterschiede wird man nur als<br />

Insider ausmachen – Venezianisch<br />

geprägte Stände mit einem<br />

solchen Publikum haben auch<br />

vermehrt venezianische Spezialitäten.<br />

Hier kaufen vor allem<br />

die Einheimischen ein und die<br />

Nobel-Restaurantbesitzer, für die<br />

Geld keine übergeordnete Rolle<br />

spielt. Die Stände hingegen, welche<br />

sich auf einen Preiskampf<br />

für Dorade, Branzino und all die<br />

anderen massentauglichen Fische<br />

konzentrieren, die vor allem für<br />

Lokale mit großem Touristen-Anteil<br />

interessant sind, werden von<br />

Venezianern oft gemieden –<br />

dafür sind sie aufgrund der großen<br />

Fischmengen Publikumsmagnete<br />

und Fotomotive zugleich und<br />

dadurch nicht minder wichtig für<br />

den <strong>Markt</strong>-Flair. Am Fischmarkt<br />

von Venedig einzukaufen ist also<br />

etwas für Eingeweihte. Und dennoch<br />

braucht Venedig diesen<br />

<strong>Markt</strong> wie einem Bissen Brot:<br />

Nicht wegen der Touristen und<br />

deren Fotohunger, sondern um<br />

die Stadt zu versorgen – aufgrund<br />

dessen, dass mehr und mehr<br />

Wohnungen nur mehr als Feriendomizile<br />

dienen und nicht ganzjährig<br />

bewohnt werden, mussten<br />

viele Greißler und Nahversorger<br />

mangels reglemäßiger Kundschaft<br />

zusperren. Der <strong>Markt</strong> –<br />

und insbesondere der Fischmarkt<br />

– ermöglichen den Venezianern<br />

den Einkauf frischer Waren; und<br />

Frischfisch gibt es im historischen<br />

Zentrum außer hier fast nirgends<br />

mehr sonst.<br />

Info<br />

Il mercato di pesce<br />

Campo della Pescheria<br />

IT-3<strong>01</strong>25 San Polo, Venezia<br />

Öffnungszeiten <strong>Markt</strong>:<br />

Montag bis Samstag,<br />

8 bis 18 Uhr (Fischmarkt<br />

8 bis ca. 13 Uhr)<br />

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