Hof & Markt | Fleisch & Markt 01/2017
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Seite 32, 1/2<strong>01</strong>7<br />
Dies & Das<br />
&<br />
<strong>Hof</strong> <strong>Markt</strong><br />
Kurt Michael Westermann<br />
Kulinarische Spitzen zum Schmunzeln<br />
von Gerd W. Sievers<br />
Gebackene Fledermäuse<br />
Es war schon etwas amüsant,<br />
als ich Ende der 80er<br />
Jahre mit zwei deutschen<br />
Freunden aus Soest ins ehemalige<br />
Spatzennest am Spittelberg<br />
essen ging und die Gesichter der<br />
beiden beobachten konnte, als sie<br />
auf der Tageskarte von „gebackener<br />
Fledermaus“ gelesen hatten.<br />
Sichtlich verwirrt waren die beiden<br />
und es dauerte nicht allzu<br />
lange, bis die Frage kam: „Ihr<br />
esst Fledermäuse in Wien?“ „Ja,<br />
natürlich! Eine echte Delikatesse“,<br />
antworte ich beiläufig und<br />
fügte hinzu, dass man ja schließlich<br />
auch in anderen Teilen dieser<br />
Erde eine „Fledermaus“ oder<br />
gar einen „Flughund“ als wahre<br />
Buchtipp<br />
„Båchanes“<br />
Gerd Wolfgang Sievers<br />
Båchanes<br />
<br />
Gaumenfreude ansehen würde.<br />
Meine deutschen Freunde zogen<br />
dann doch das klassische Wiener<br />
vor, während meinereiner selbstverständlich<br />
die gebackene Fledermaus<br />
bestellte. Auf die Frage,<br />
ob der Verzehr von Fledermäuse<br />
nicht verboten sei, versuchte ich<br />
zu beruhigen: „Wir haben hier in<br />
Österreich genug Fledermäuse,<br />
und es werden nur die gegessen,<br />
deren Verzehr auch erlaubt ist.<br />
Wir essen keine Flughunde, und<br />
die von uns verzehrten Fledermäuse<br />
sind generell flugunfähig.“<br />
Der Kellner tauchte auf und<br />
brachte wirklich schöne Schnitzel<br />
sowie die gebackene Fledermaus.<br />
„Das isst du jetzt wirklich?“<br />
„Natürlich! Und ich würde Euch<br />
empfehlen, es zu kosten.“ Nachdem<br />
ich mich am ersten Bissen<br />
weder verschluckte noch daran<br />
gestorben bin, fasste einer von<br />
beiden Mut es zu versuchen:<br />
„Wahnsinn, schmeckt das geil!<br />
Einfach super, so ein butterzartes<br />
und weiches <strong>Fleisch</strong> habe ich<br />
noch nie gegessen!“ Der andere<br />
blieb skeptisch und verweigerte<br />
stur. Nun war es meiner Meinung<br />
nach an der Zeit, aufzuklären:<br />
„Liebe Freunde, das, was wir in<br />
Wien als Fledermaus bezeichnen,<br />
ist eigentlich ein ganz spezielles<br />
Stück <strong>Fleisch</strong> von Schweinen,<br />
Kälbern oder Rindern. Die Fledermaus<br />
vom Rind wird gekocht<br />
und gratiniert, die vom Kalb<br />
geschmort, und die Schweinsfledermaus<br />
gilt gebacken als<br />
Delikatesse! Also können unsere<br />
Fledermäuse nicht fliegen, nur<br />
zu kulinarischen Höhenflügen<br />
ansetzen!“ „Und von welchem<br />
Körperteil stammt das <strong>Fleisch</strong>?“<br />
„Nun, die Fledermaus ist zwar<br />
nicht die eigentliche Rosette, wird<br />
aber vom Kreuzbein geschnitten<br />
– und die beiden <strong>Fleisch</strong>lappen<br />
schauen zusammenhängend halt<br />
wie eine Fledermaus aus. In Wien<br />
sagt man dazu auch: <strong>Fleisch</strong> vom<br />
Årsch!“ Die Gesichter sprachen<br />
Bände …<br />
Gebackene Schweinsfledermaus<br />
uu8–12 Schweinsfledermäuse<br />
(jeweils 80–100 g), frisch<br />
oder gesurt<br />
uuSchale von ½–1<br />
unbehandelten Zitrone<br />
uu3 EL Obers<br />
uuMehl zum Wenden<br />
uu3–4 Eier<br />
uuSemmelbrösel<br />
uuButterschmalz oder Schweineschmalz<br />
zum Ausbacken<br />
uuSalz<br />
Außerdem:<br />
uuZitronenachtel zum<br />
Garnieren<br />
uu1–2 Bund krause Petersilie<br />
Hochwertige<br />
Wurstwaren<br />
Der Osteriaclub d’Al<br />
Cappello (www.<br />
osteriaclub.com) in<br />
Wien versteht sich als Verein<br />
zur Förderung und Erhaltung<br />
traditioneller, regionaler<br />
Rezepte – das Hauptaugenmerk<br />
gilt dabei <strong>Fleisch</strong> und Wurstwaren.<br />
Das aktuelle Projekt ist<br />
die hauseigene „Salumeria“,<br />
in der wahre Kultprodukte zu<br />
neuem Leben erweckt werden.<br />
In Zusammenarbeit mit<br />
Gerd Wolfgang Sievers – seines<br />
Zeichens Chefredakteur<br />
von <strong>Hof</strong>&<strong>Markt</strong> sowie Autor<br />
zahlreicher Fachbücher zum<br />
Thema „<strong>Fleisch</strong>verarbeitung<br />
& <strong>Fleisch</strong>veredelung“ – werden<br />
einige der besten Rezepte neu<br />
aufgelegt. Verarbeitet werden<br />
nur die allerbesten Zutaten, die<br />
Rezepturen wurden von Herrn<br />
Sievers leicht überarbeitet – der<br />
typische Charakter bleibt ihnen<br />
aber erhalten. So entstanden<br />
Produkte wie das italienische<br />
Spezial-Sugo namens „Casalingo“,<br />
das bereits jetzt als Klassiker<br />
der Clubküche gilt. In der<br />
ersten Produktions-Stufe widmete<br />
sich das Projekt französischen<br />
und italienischen Konserven,<br />
in weiterer Folge werden<br />
spezielle Haus- & Mettwürste,<br />
luftgetrocknete <strong>Fleisch</strong>-Delikatessen,<br />
Salt- & Corned Beef sowie<br />
Räucherwaren produziert.<br />
Ziel dieses Projektes ist einerseits<br />
den Club-Mitgliedern<br />
Cartoon<br />
Osteria Club<br />
Alle Wurstwaren<br />
werden in Handarbeit<br />
produziert.<br />
besondere Geschmacks-Erlebnisse<br />
zu ermöglichen, andererseits<br />
natürlich auch die<br />
Rezepturen und alten handwerklichen<br />
Methoden zu erhalten<br />
– denn: alle Delikatessen<br />
werden von der Clubküche in<br />
reiner Handarbeit produziert!<br />
Der Club will zudem als „gutes<br />
Beispiel“ voran gehen und zeigen,<br />
dass man auch heute noch<br />
mit Liebe zum alten Handwerk,<br />
besten Zutaten und traditionellen<br />
Rezepten den Kunden für<br />
sich gewinnen kann. Wichtig ist<br />
aber in jedem Fall, dass nicht<br />
etwas kopiert wird, sondern<br />
etwas Eigenständiges, Authentisches<br />
kreiert und angeboten<br />
wird.<br />
d‘ Al Cappello<br />
f Prosecco & Prosciutto e<br />
Kurt Michael Westermann<br />
Edition Agentur Phoenix<br />
Viele traditionelle Rezepte<br />
über Gebackenes aus<br />
Wien und aller Welt laden<br />
zum Nachkochen ein. Das<br />
E-Book wird Ende März<br />
erscheinen, die gedruckte<br />
Version Ende April.<br />
Autor: Gerd Wolfgang<br />
Sievers<br />
Edition Agentur Phoenix<br />
Die Schweinsfledermäuse beidseitig salzen (bei gesurtem<br />
<strong>Fleisch</strong> nicht notwendig). Eier mit der fein abgeriebenen<br />
Zitronenschale und dem Obers verquirlen. Fledermäuse<br />
zuerst in Mehl wenden, dann durch das gewürzte Ei ziehen<br />
und schließlich in Semmelbröseln panieren.<br />
Zwischenzeitlich hat man reichlich Butterschmalz in einer<br />
weiten und hohen Pfanne erhitzt. Die Schweinsfledermäuse<br />
(nicht mehr als drei bis vier Stück auf einmal) beidseitig<br />
goldbraun ausbacken, auf Küchenkrepp abtropfen lassen.<br />
Wenn alle Fledermäuse gebacken sind, Petersilie von den<br />
Stängeln zupfen und wenige Sekunden im Fett frittieren.<br />
Fledermäuse zusammen mit Zitronenachteln auf Tellern<br />
anrichten und mit der frittierten Petersilie bestreut<br />
auftischen. Dazu passt grüner Salat, Bummerlsalat oder<br />
auch Vogerlsalat.<br />
Tipp: Garnieren Sie die gebackene Schweinsfledermaus –<br />
vor allem wenn sie gesurt wurde – mit frisch gerissenem<br />
Kren!<br />
?<br />
?<br />
Ich will nicht, dass<br />
immer nur die<br />
Hasen die<br />
Lorbeeren<br />
ernten ...<br />
Falscher Hase<br />
© Der Bock