Hof & Markt | Fleisch & Markt 01/2017
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Seite 18, 1/2<strong>01</strong>7<br />
Portrait<br />
&<br />
<strong>Hof</strong> <strong>Markt</strong><br />
Fischzucht im Einklang mit der Natur<br />
Waldviertler Karpfen aus den naturbelassenen Teichen der Familie Kainz.<br />
Text: Katrin Schedler<br />
Das Waldviertel und der<br />
Karpfen sind schon<br />
seit Jahrhunderten<br />
miteinander verbunden. In der<br />
urtümlichen Landschaft mit kargen<br />
Heideböden, Granitblöcken,<br />
ausgedehnten Wäldern und<br />
einsamen Hochmooren wurden<br />
seit dem Mittelalter mehr als<br />
tausend kleinere und größere<br />
Teiche angelegt. Diese verleihen<br />
der Region nicht nur einen<br />
ganz besonderen Reiz, sondern<br />
dienen vor allem der Fischzucht.<br />
Im unbelasteten, gesunden Wasser<br />
wächst eine ganz besondere<br />
Delikatesse heran: der Waldviertler<br />
Karpfen.<br />
Die ersten Teiche wurden im<br />
Waldviertel im 13. Jahrhundert<br />
angelegt, viele davon werden<br />
heute noch bewirtschaftet. Einer<br />
der ältesten Teiche Österreichs ist<br />
der Jägerteich der Familie Kainz.<br />
Mit dem Erwerb des ca. 800 Jahre<br />
alten Teichs 1930 begann auch<br />
die Erfolgsgeschichte der Teichwirtschaft.<br />
Thomas Kainz, der<br />
die Fischzucht von der Pike auf<br />
lernte, übernahm in den späten<br />
70er-Jahren den Betrieb des<br />
Vaters und erwarb bzw. pachtete<br />
Produkte<br />
Karpfen, Weißer Amur, Maränen und Regenbogenforellen<br />
werden frisch und mild geräuchert angeboten. Die Fische<br />
werden küchenfertig vorbereitet oder sind bereits verarbeitet (Räucherkarpfen-Aufstrich).<br />
Nach Verfügbarkeit sind auch Karpfen-Milch<br />
und Rogen sowie Beuschel, Köpfe und Karkassen erhältlich.<br />
Vielerorts gilt der Karpfen als traditionelles Weihnachtsessen und<br />
auch an Silvester und am Aschermittwoch kommt der<br />
Süßwasserfisch vermehrt auf die Teller. Doch auch unter<br />
dem Jahr ist der Waldviertler Karpfen ein Gaumenschmaus<br />
– kein Wunder, denn seine Zubereitungsarten<br />
sind vielfältig. Ebenso überzeugt der Fisch<br />
durch seinen geringen Fett- und Cholesteringehalt<br />
und liefert nennenswerte Mengen an<br />
Mineralstoffen wie Phosphor und Eisen.<br />
mit den Jahren immer mehr<br />
Teiche und baute so den Familienbetrieb<br />
zur heutigen Größe<br />
aus. Mittlerweile hat der Fischereimeister<br />
das Unternehmen an<br />
seine Söhne Andreas und Florian<br />
weitergegeben. „So wie bereits vor<br />
uns unser Großvater und Vater,<br />
möchten wir die Teichwirtschaft<br />
im Einklang mit der Natur bewirtschaften“,<br />
so Florian Kainz über<br />
die Zukunft.<br />
Fischzucht als<br />
„Natur-Wissenschaft“<br />
Fotos: Florian Kainz<br />
Dank dem hervorragenden<br />
kulinarischen Ruf, der dem<br />
österreichischen Karpfen voraus<br />
eilt, ist die Karpfenzucht bis<br />
heute erhalten geblieben. Die<br />
besondere Qualität basiert auf<br />
einer im Einklang mit der Natur<br />
betriebenen Fischzucht, verbunden<br />
mit einer artgerechten Haltung.<br />
Die naturnahe Teichwirtschaft<br />
ist es auch, die den Betrieb<br />
der Familie Kainz in Waidhofen<br />
an der Thaya besonders macht.<br />
Viele der Teichbecken wurden<br />
einst selber angelegt und werden<br />
bis heute mit größter Sorgfalt<br />
bewirtschaftet. Das ca. 120<br />
ha große Areal (Wasserfläche)<br />
befindet sich inmitten eines ökologisch<br />
wertvollen Naturschutzgebietes.<br />
Ganz bewusst soll so<br />
nicht nur die beste Fischqualität<br />
garantiert werden, sondern<br />
auch der Fortbestand der Teiche<br />
als typisches Landschaftselement<br />
des Waldviertels. An<br />
den urwüchsigen Teichen der<br />
Familie Kainz herrscht eine einzigartige<br />
Flora und Fauna und<br />
den hier lebenden Kormoranen,<br />
Fischottern und seltenen Wasservögeln<br />
ist es gestattet, sich am<br />
Karpfen zu laben. Nicht selten<br />
bekommt der passionierte Fotograf<br />
Florian Kainz dabei faszinierende<br />
Naturschauspiele und<br />
Tiere vor die Linse.<br />
Echte Handarbeit<br />
Neben der „Natur-Wissenschaft“<br />
ist die Karpfenzucht vor allem<br />
„Hand-Werk“. Der Süßwasserfisch<br />
wächst nicht wie zum Beispiel<br />
die Forelle auf engstem<br />
Raum mit intensivster Fütterung<br />
heran, sondern in Teichen und<br />
ernährt sich dort von Plankton<br />
und heimischem Getreide. Durch<br />
die niedrige Anzahl der Karpfen<br />
in den Teichen kann diese<br />
Zufütterung jedoch sehr gering<br />
gehalten werden. Von Beginn<br />
an wird bei der Teichwirtschaft<br />
Kainz auf die Gegebenheiten<br />
der Natur geachtet, weshalb die<br />
Fische auch ihrem natürlichen<br />
Laichdrang folgen dürfen. Ende<br />
Mai laichen die Mutterkarpfen<br />
ab, von da an dauert es bis zu<br />
vier arbeitsreiche Jahre, bis die<br />
Karpfen zu stattlichen Delikatessen<br />
mit einem Gewicht von bis<br />
zu 4 Kilogramm herangewachsen<br />
sind. In den Wintermonaten<br />
befinden sich die Fische in<br />
einer Art Winterruhe, hierbei<br />
fressen sie wenig und wachsen<br />
auch nicht. Klimabedingt und<br />
aufgrund des Verzichts auf Fertigfutter<br />
wachsen die Karpfen<br />
der Familie Kainz sehr langsam.<br />
Dadurch kann jedoch hinsichtlich<br />
der Gesundheit und Widerstandsfähigkeit<br />
der Besatzfische<br />
und der <strong>Fleisch</strong>qualität der Speisekarpfen<br />
höchster Standard<br />
geboten werden.<br />
Gefragtes Produkt<br />
Im Herbst ist Hochbetrieb, denn<br />
da findet traditionsgemäß das<br />
„Abfischen“ der Teiche statt. Vor<br />
allem am 40 ha großen Jägerteich,<br />
dem Herzstück des Betrie-<br />
bes, ist jede helfende Hand willkommen.<br />
Je nach Größe benötigt<br />
es mehrere Tage, bis das Wasser<br />
fast zur Gänze aus den Teichen<br />
abgelassen ist. Dann werden die<br />
Fische mit langen Zugnetzen ans<br />
Ufer geholt und mit Keschern<br />
aus dem Wasser gehoben. Nach<br />
dem händischen Sortieren werden<br />
die Karpfen in Wasserbehältern<br />
zu anderen Teichen, direkt<br />
zu Kunden oder zu Hälterungen<br />
gebracht.<br />
Von März bis Weihnachten werden<br />
die frischen Karpfen einmal<br />
in der Woche für private Kunden<br />
im Ab-<strong>Hof</strong>-Verkauf angeboten.<br />
Gastronomie, Hotellerie und<br />
Großküchen, vom Kamptal bis<br />
nach Wien, bekommen die Waldviertler<br />
Spezialität auch geliefert.<br />
Im Jahr 2000 wurde die „Verkaufshütte“<br />
am Jägerteich eröffnet<br />
und ist ganz besonders vor<br />
den Weihnachtsfeiertagen eine<br />
gefragte Adresse für Feinschmecker.<br />
Von den 50 bis 70 Tonnen<br />
Fisch pro Jahr wird ungefähr ein<br />
Drittel über den Ab-<strong>Hof</strong>-Verkauf<br />
vertrieben. Die restlichen Fische<br />
(unter anderem Hechte, Störe,<br />
Welse, Schleien, Zander und<br />
Maränen) gehen an Anglervereine<br />
und in den Lebensmitteleinzelhandel.<br />
Info<br />
Teichwirtschaft Kainz<br />
Heidenreichsteiner Straße 57<br />
A-3830 Waidhofen an der<br />
Thaya<br />
Tel.: +43/2842/52888<br />
www.waldviertelfisch.at<br />
Gegründet: 1930 von Engelbert<br />
Kainz. Heute wird die<br />
Fischzucht in dritter Generation<br />
von Andreas und Florian<br />
Kainz bewirtschaftet.<br />
Größe: 24 Teiche mit 120 ha<br />
Wasserfläche, zusätzlich 64<br />
Kleinteiche und Becken.<br />
Produktionsmenge: 50 bis<br />
70 Tonnen Fisch pro Jahr.<br />
Mitarbeiter: 3 in Vollzeit, 3 bis<br />
4 ständige Mitarbeiter und bis<br />
zu 30 Erntehelfer.<br />
Fischarten: Produziert<br />
werden hauptsächlich Karpfen<br />
(ca. 85 Prozent); Nebenfische<br />
sind Schleien, Regenbogenforellen,<br />
Maränen, Zander, Hechte,<br />
Störe, Welse, Weißfische<br />
und Weißer Amur.