Hof & Markt | Fleisch & Markt 01/2017
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<strong>Hof</strong> <strong>Markt</strong><br />
Serie: <strong>Fleisch</strong>verarbeitung<br />
Seite 17, 1/2<strong>01</strong>7<br />
Die Eichsfelder – Königin der Mettwürste!<br />
Gerd W. Sievers<br />
<br />
Mett in den unterschiedlichsten<br />
Varianten wird<br />
in ganz Nord- und Ostdeutschland<br />
gerne genossen, doch<br />
kaum wo ist die Vielfalt größer als<br />
in Hannover und Umgebung. Kein<br />
Wunder: bedeutet das Wort „Mett“<br />
in der niedersächsischen Mundart<br />
nichts anderes als „Speise“ oder<br />
„Essen“. Im Laufe der Zeit wurde<br />
das Wort dann erst auf <strong>Fleisch</strong>,<br />
danach auf gehacktes <strong>Fleisch</strong> und<br />
schließlich fast ausschließlich auf<br />
faschiertes Schweinefleisch übertragen.<br />
Man unterscheidet das<br />
rohe Mett, die Mett-Würste (luftgetrocknet<br />
und/oder geräuchert)<br />
sowie die gekochten Mettwürste,<br />
dabei hat jede Stadt, jede Region,<br />
ja jeder <strong>Fleisch</strong>er seine eigenen<br />
Rezepturen.<br />
Täglich frisch<br />
Am beliebtesten ist das Schweinemett,<br />
welches klassischerweise mit<br />
Messern fein gehackt oder durch<br />
den <strong>Fleisch</strong>wolf gedreht wird. Mett<br />
hat in Deutschland generell einen<br />
Fettanteil von 30 bis 35 Prozent<br />
(höchstens), als besonders hochwertig<br />
gilt das Schinkenmett aus<br />
der Oberschale. Nitritpökelsalz<br />
darf übrigens zugegeben werden,<br />
ist aber verpönt, weil alle <strong>Fleisch</strong>er,<br />
die etwas auf ihren Betrieb geben,<br />
das Mett tagtäglich frisch produzieren<br />
– zuweilen sogar mehrmals<br />
täglich. Bei den luftgetrockneten<br />
Mettwürsten wird es dann wirklich<br />
unübersichtlich, denn alleine in<br />
Deutschland gibt es hunderte regionale<br />
Varianten. Doch Zweifels<br />
ohne gilt die sogenannte „Eichsfelder<br />
Mettwurst“ als die Königin<br />
unter den Mettwürsten und verdient<br />
daher nähere Betrachtung.<br />
Original Eichsfelder<br />
Mettwurst<br />
Die Eichsfelder Mettwurst ist<br />
eine Spezialität aus der Region<br />
Eichsfeld, einer historischen<br />
Landschaft, die das Gebiet des<br />
südöstlichen Niedersachsen, des<br />
nordwestlichen Thüringen und<br />
des nordöstlichen Hessen umfasst<br />
und seit vielen Jahrhunderten als<br />
das Zentrum der luftgetrockneten<br />
Mettwürste gilt. Das Besondere<br />
an der Eichsfelder Mettwurst ist<br />
das Herstellungsverfahren, das<br />
sie dann auch geschmacklich von<br />
allen anderen Mettwurstsorten<br />
unterscheidet: Das Schweinefleisch<br />
wird nämlich direkt nach<br />
der Schlachtung im noch warmen<br />
Zustand verarbeitet und dabei<br />
nicht nennenswert abgekühlt.<br />
Nur diese Warmschlachtung<br />
garantiert, dass die Wurstmasse<br />
nach der Zugabe von Salz, reichlich(!)<br />
Pfeffer und einer speziellen<br />
Gewürzmischung (eine Spur Knoblauch<br />
muss immer dabei sein, oft<br />
auch etwas Kümmel und/oder<br />
Zucker, der Rest ist Geheimrezept<br />
des jeweiligen Produzenten) die<br />
richtige Bindung hat, um dann<br />
ohne Lufteinschluss in die Därme<br />
oder Blasen (typisch ist eine Kälberblase,<br />
die der Wurst dann auch<br />
die keulenähnliche Form verpasst)<br />
gefüllt zu werden.<br />
Das bedeutet, dass traditionelle<br />
Betriebe auch heute noch auf<br />
den Einsatz von Bindemitteln<br />
oder „Schnellstartern“ bei der<br />
Mettwurstproduktion verzichten,<br />
genauso wie übrigens auf Konservierungsmittel<br />
(wenngleich man<br />
ehrlich hier erwähnen muss, dass<br />
viele Betriebe aus Sicherheit etwas<br />
Salpeter dazu geben), Farbstoffe<br />
oder Geschmacksverstärker. Nach<br />
ca. 7 bis 10 Tagen sind die Würste<br />
umgerötet und kommen dann<br />
bei kühler Temperatur auf einen<br />
Lehmboden mit entsprechender<br />
Feuchtigkeit zum Ausreifen; um<br />
Schimmelbildung zu vermeiden,<br />
werden sie tagtäglich per Hand<br />
mit Salzwasser abgewaschen.<br />
Durch behutsame Trocknung,<br />
die je nach Größe zwischen 2 und<br />
8 Monaten beträgt, erhält die<br />
Original Eichsfelder Mettwurst<br />
dann langsam ihren typischen<br />
Geschmack, wobei der Gewichtsverlust<br />
bis zur Endreife bei ca. 35<br />
Prozent liegt.<br />
Rezept<br />
Mettwurst nach Eichsfelder Art<br />
Nicht das Originalrezept, aber geschmacklich<br />
kommt auch diese relativ einfach herzustellende<br />
Mettwurst dem Original sehr nahe!<br />
uu10 kg Schweinefleisch<br />
aus Bauch, Schulter,<br />
Brust und Keule (ca.<br />
35% Fettgehalt), sauber<br />
pariert und entschwartet<br />
(ohne Sehnen,<br />
Knochen, Knorpel,<br />
Schwarte)<br />
uu250 g gebrauchsfertiges<br />
Pökelsalz<br />
uu25 g geschroteter<br />
Pfeffer (ersatzweise<br />
frisch gemahlen)<br />
Von Gerd W. Sievers<br />
uuKnoblauchpulver nach<br />
Belieben<br />
uuMuskatnuss (frisch<br />
gerieben) oder gemahlener<br />
Kümmel nach Belieben und<br />
Geschmack<br />
uu4-5 EL Staubzucker<br />
uu20 gebrauchsfertige<br />
Kalbsblasen oder Kunstdärme<br />
(5 cm Durchmesser) für<br />
luftgetrocknete Rohwurst<br />
Vorzugsweise nimmt man schlachtfrisches Warmfleisch,<br />
das in gleichmäßige Würfel geschnitten wird.<br />
Die <strong>Fleisch</strong>würfel mit Salz und Gewürzen vermischen,<br />
danach durch die mittlere Lochung (4-6 mm) wolfen.<br />
<strong>Fleisch</strong>masse mit „kühlen“ Händen oder mit dem<br />
Knethaken der Küchenmaschine oder auch mit einem<br />
Brät-Mischer gut verkneten, bis sich das Brät klebrig<br />
anfühlt.<br />
Wurstmasse in 20 Portionen à jeweils 500 Gramm aufteilen<br />
und in die Blasen oder Därme füllen – dabei darauf<br />
achten, dass sich möglichst keine Luftblasen bilden.<br />
Würste an den Enden gut verknoten und fest zubinden.<br />
Danach 2-3 Monate an einem kühlen, trockenen, gut<br />
belüfteten Ort reifen lassen.<br />
Tipp: Diese besondere Wurstware wird immer mit<br />
Zimmertemperatur genossen und schmeckt am besten<br />
auf knusprig-herzhaftem Land- oder Bauernbrot (ohne<br />
Butter!).