UNIon - Europa-Universität Viadrina Frankfurt
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Diskussionen 23<br />
[<strong>UNIon</strong>]<br />
Round Table: „Turkey in the EU?<br />
Cultural and Other Considerations“<br />
m Rahmen des Studiengangs „Master of European Studies“ an der <strong>Europa</strong>-<strong>Universität</strong> fand am<br />
27. Juni ein Roundtable zum Thema „Turkey in the EU? Cultural and Other Considerations“ statt.<br />
Pünktlich um 18 Uhr eröffnete der Organisator des Roundtable und Inhaber des Lehrstuhls für<br />
vergleichende Politikwissenschaft an der <strong>Viadrina</strong>, Michael Minkenberg, die Runde im voll besetzten<br />
Seminarraum des Audimax. Er präsentierte einen Überblick über das internationale Forschungsnetzwerk<br />
„Religion, Euroscepticism, and the Media“ (REM-NORFACE), aus dem einige<br />
der auf dem Roundtable zur Diskussion gestellten Forschungsergebnisse hervorgegangen sind.<br />
Im Anschluss diskutierten Projektpartner Hajo Boomgaarden, Professor für politische Kommunikation<br />
an der <strong>Universität</strong> Amsterdam, sowie Günter Verheugen, Honorarprofessor für europäisches<br />
Regieren an der <strong>Viadrina</strong>, Fragen der türkischen Kandidatur für die Mitgliedschaft in der<br />
Europäischen Union.<br />
Die offiziell im Jahr 2005 begonnenen Verhandlungen sind bis zum heutigen Tag noch nicht abgeschlossen<br />
und ein Beitritt der Türkei zur EU erscheint großen Teilen der Öffentlichkeit und der<br />
Parteienlandschaft in nicht wenigen der 27 Mitgliedsländer keine wünschenswerte Option. Dabei<br />
spielen ökonomische sowie kulturelle, insbesondere auch religiöse, Argumente eine Rolle,<br />
die im Rahmen des Roundtable näher betrachtet wurden.<br />
Prof. Minkenberg beleuchtete zu diesem Zweck die komplexe Geschichte des Wechselverhältnisses<br />
zwischen Islam und Christentum in <strong>Europa</strong> und gab einen Überblick über die vielfältigen<br />
Kontakte zwischen Türken und Europäern im Laufe der letzten Jahrhunderte. Was oft vergessen<br />
werde sei die Tatsache, dass lange vor der Gleichsetzung <strong>Europa</strong>s mit dem Christentum Teile des<br />
Kontinents muslimisch waren, z. B. auf der iberischen Halbinsel, erinnerte Minkenberg. „Ebenso<br />
gab es schon sehr früh Christen in der Türkei, die auch heute noch eine Rolle spielen.“ Der Überblick<br />
wurde von Prof. Boomgaarden erweitert, der seine Forschungsarbeit zur Wirkung der Medien<br />
auf die öffentliche Meinung zur Türkei in der EU vorstellte. Es sei sehr selten in der Medienwirkungsforschung,<br />
dass sich so klare Zusammenhänge nachweisen ließen wie in diesem Fall,<br />
erläuterte er anhand einiger Grafiken. Negative Berichterstattung etwa über die kulturelle Bedrohung<br />
der EU durch eine türkische Mitgliedschaft führe zu einer negativen Meinung über die<br />
Türkei.<br />
Prof. Verheugen, ehemals EU-Kommissar für Erweiterung, nahm eine aus der politischen Praxis<br />
stammende Perspektive ein, bestätigte allerdings die wissenschaftliche Sichtweise weitestgehend.<br />
Durch persönliche Erfahrungen und die eine oder andere Anekdote wurde die Diskussion<br />
innerhalb der EU anschaulich dargestellt. Nachdem die Türkei schon 1963 einen Antrag auf Mitgliedschaft<br />
gestellt hatte, mussten erst weitreichende Reformen stattfinden, bevor die EU offiziellen<br />
Beitrittsverhandlungen zustimmen konnte. Prof. Verheugen bestätigte, dass gerade die<br />
Diskussionen über den Beitritt zu diesen Reformen geführt haben, und prophezeite auch, dass<br />
die Verhandlungen jetzt auf jeden Fall zum Beitritt führen werden. „Wenn beispielsweise<br />
Deutschland die Verhandlungen wirklich scheitern lassen will, kann es das in diesem Moment“,<br />
so Verheugen, „denn wir brauchen Einstimmigkeit. Aber kein Land will sich zum Sündenbock<br />
machen. Die Verhandlungen werden weitergehen.“<br />
Ein weiterer Faktor sei die Desillusionierung der Türkei: Die Krise in Griechenland und das lange<br />
Warten hätten dazu geführt, dass die Mitgliedschaft nicht mehr als sehr erstrebenswert wahrgenommen<br />
werde. Um zumindest partnerschaftliche Verhältnisse zu behalten, dürften von der<br />
EU jetzt keine negativen Signale ausgehen. Dennoch gebe es aber für beide Seiten keine realistische<br />
Alternative. CONSTANZE BURDA / NAEMI SCHADAGIES<br />
Prof. Dr. Andrea Hausmann am Pult bei der Begrüßung der Zuhörer im Audimax-Gebäude.<br />
FOTO: LORENZ PÖLLMANN<br />
William Byrnes zum<br />
Kulturmanagement<br />
in den USA<br />
Über 80 Teilnehmer besuchten am 31. Mai den<br />
Gastvortrag von Prof. William J. Byrnes über die<br />
Situation des Kulturmanagements in den USA.<br />
Der renommierte Autor und Professor folgte<br />
mit seinem Besuch an der <strong>Viadrina</strong> einer Einladung<br />
der Professur für Kulturmanagement.<br />
Byrnes ist Dekan an der Southern Utha University<br />
(USA) und setzte während seines Aufenthalts<br />
an der <strong>Viadrina</strong> wichtige Impulse für weitere<br />
internationale Kooperationen.<br />
Bachelor- und Masterstudierende erhielten<br />
durch den Vortrag vielseitige Einblicke in das<br />
US-amerikanische Kulturmanagement. Einigen<br />
humorvollen Ausführungen zu Cedar City, dem<br />
Standort der Southern Utha University, folgten<br />
Ausführungen zum Wandel der Kulturinstitutionen<br />
und der Bedeutung von Bildung für die<br />
Nachfrage kultureller Angebote. Ein besonderes<br />
Augenmerk lag auf Aspekten der Kulturfinanzierung.<br />
Hier zeigte Byrnes, dass sich Kulturinstitutionen<br />
zu rund 50 Prozent durch den<br />
Verkauf von Tickets finanzieren. Staatliche Förderungen<br />
machen lediglich rund 9 Prozent der<br />
Einnahmen aus. Im Vergleich mit Deutschland<br />
ergeben sich hier große Unterschiede, wie am<br />
Beispiel der öffentlich-rechtlichen Theater<br />
deutlich wird: Hier beträgt der Anteil staatlicher<br />
Förderung an den Gesamteinnahmen über<br />
80 Prozent.<br />
Andrea Hausmann, Professorin für Kulturmanagement<br />
und Initiatorin des Gastvortrags,<br />
freute sich über die gelungene Veranstaltung:<br />
„Wir haben uns erst kürzlich auf einer internationalen<br />
Konferenz kennengelernt und es ist<br />
für uns sehr wertvoll, dass dieser transatlantische<br />
Dialog an der <strong>Viadrina</strong> in diesem Sommersemester<br />
fortgeführt werden konnte. Die Veranstaltung<br />
ist Teil des internationalen Lehrangebots<br />
in unserem Masterstudiengang Kulturmanagement<br />
und Kulturtourismus. Es war uns<br />
jedoch wichtig, auch den Bachelor-Studierenden<br />
der <strong>Viadrina</strong> einen Zugang zu ermöglichen.<br />
Es freut mich sehr, dass dies auf so große Resonanz<br />
stieß.“ LORENZ PÖLLMANN