Abrufen - Goldman Sachs
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L’Agefi: Können Biokraftstoffe als Übergangsenergie<br />
für Transport angesehen<br />
werden, wie Gas es für die Elektrizitätsgeneration<br />
ist?<br />
Jeffrey Currie: Bei allen diesen Diskussionen<br />
werden nicht die Kosten beachtet, sondern<br />
welche Gewinne zu erzielen sind. Nun<br />
hängen jedoch alle diese Alternativlösungen<br />
mit Kosten zusammen. Ich will nicht von<br />
Übergang oder zeitlich begrenzten Elementen<br />
sprechen, denn die Biokraftstoffe gehören<br />
zu einem Energiemix. Sie könnten<br />
jedoch verschwinden, wenn das Barrel unter<br />
40 US-Dollar sinkt oder wenn die Politiker<br />
jede Unterstützung aufgeben. Tatsächlich<br />
befürchte ich, dass die Verbraucher<br />
nicht mehr so begeistert sind. Biokraftstoffe<br />
verlieren an Popularität. Von daher die<br />
Notwendigkeit, die Angebotspalette möglicher<br />
Kraftstoffe zu erweitern. Dazu gehört<br />
auch die Kernkraft. Auch wenn es sich dabei<br />
nicht direkt um einen Kraftstoff handelt,<br />
kann das Atom zur Erzeugung von synthetischem<br />
Öl, Gaz to liquid (GTL) usw. beitragen,<br />
Verfahren, die derzeit wegen der<br />
Energie gedrosselt werden. Auch hier handelt<br />
es sich um eine politische Frage.<br />
L’Agefi: Hat die Energie den Markt der<br />
landwirtschaftlichen Rohstoffe, die Rahmendaten<br />
– Lager, Saison usw. –, definitiv<br />
umstrukturiert? Haben diese sich geändert?<br />
Jeffrey Currie: Es gibt eine Arbitrage zwischen<br />
den Preisen für Energie und für landwirtschaftliche<br />
Rohstoffe. Und hohe Energiepreise<br />
werden die Landwirtschaftspreise<br />
weiter stützen. Saisonale Faktoren werden<br />
auf dem Spotmarkt an Bedeutung verlieren,<br />
nicht jedoch bei den Forwardkurven.<br />
L’Agefi: Werden die Forwardkurven für<br />
Mais denen für Erdöl folgen?<br />
Jeffrey Currie: Nein. Konvergenzelemente<br />
erscheinen eher auf dem Spotmarkt als in<br />
den Forwardkurven, bei denen die Saisonabhängigkeit<br />
und die Anbauverfahren<br />
stärker berücksichtigt werden.<br />
L’Agefi: Wie interpretieren Sie die kürzlichen<br />
Bewegungen beim Brent, wo es<br />
KnowHow 06/2007<br />
erneut zu einer Verschiebesituation kam<br />
bzw. sich die Differenz zum WTI vertiefte?<br />
Jeffrey Currie: Wir konnten eine Stärkung<br />
der Rahmendaten beobachten – die Spannung<br />
etwa zwischen Angebot und Nachfrage<br />
seit dem vergangenen Oktober –, was<br />
zur stärksten Baisse der Bestände in den vergangenen<br />
fünfzehn Jahren führte. Und das<br />
ohne Unterstützung durch das Wetter!<br />
L’Agefi: Auch die Differenz zwischen<br />
Louisiana Light Sweet (LLS) und WTI verstärkt<br />
sich. Ist das das Ergebnis der Suche<br />
nach Märkten vonseiten der Investoren?<br />
Jeffrey Currie: Verschiedene andere Referenzpreise<br />
für Rohöl entwickelten sich in<br />
letzter Zeit unterschiedlich zum WTI. Tatsächlich<br />
geriet WTI durch die Ankunft von<br />
Rohöl eines der grössten Lieferanten der<br />
Vereinigten Staaten und Kanadas unter<br />
Druck. Ein weiterer Grund war die Stilllegung<br />
mehrerer Raffinerien im Herzen des<br />
Landes. Ausserdem waren die Pipelines vom<br />
Süden in den Norden oft von Raffinerien<br />
belegt, wodurch es dem Rohöl der Cush -<br />
ing-Bestände nicht möglich war, in die andere<br />
Richtung zu fliessen. Die derzeitige<br />
Preisdynamik ist kein Ergebnis der Aktivitäten<br />
von Investoren, sondern eher das Ergebnis<br />
einer besonderen wirtschaftlichen Situa -<br />
tion beim WTI. Die Differenz zwischen<br />
WTI und Brent steht tatsächlich in direktem<br />
Zusammenhang mit der Höhe der<br />
Cushing-Bestände in Oklahoma.<br />
L’Agefi: Manche behaupten bereits, dass<br />
WTI keine Referenz für Rohöl mehr ist ...<br />
Jeffrey Currie: Tatsächlich war WTI das<br />
nie. Brent war zumindest praktisch gesehen<br />
immer viel eher eine Referenz.<br />
L’Agefi: Und wird es so bleiben?<br />
Jeffrey Currie: Ein kurzer Blick auf die<br />
Entwicklung der „Open-Interest“- Positionen<br />
bei WTI und Brent reicht! Brent hat sich<br />
kürzlich gegenüber WTI stark entwickelt.<br />
Etwas ändert sich. Vielleicht wird LLS eine<br />
bessere Referenz an der Nymex. Tatsächlich<br />
ist WTI ein Kontrakt, der in den<br />
➔ Profil Jeffrey Currie<br />
INTERVIEW<br />
Als Leiter der weltweiten <strong>Goldman</strong> <strong>Sachs</strong><br />
Rohstoff-Analyse verantwortet Jeffrey Currie<br />
das Rohstoff-Research und entwickelt Investmentstrategien.<br />
Er begann 1996 bei <strong>Goldman</strong><br />
<strong>Sachs</strong> und wurde 2002 zum Managing<br />
Director ernannt.<br />
1930er–40er Jahren erstellt wurde, als die<br />
Vereinigten Staaten Onshore-gefördertes Öl<br />
verkauften. Er repräsentiert das Landrohöl,<br />
während LLS das Hochsee-Rohöl repräsentiert.<br />
Und der Ölmarkt ist immer eher zum<br />
Meer hin orientiert.<br />
Das Interview mit Jeffrey Currie führte<br />
Anne Gaudard für das Schweizer Magazin<br />
L’Agefi am 3. Mai 2007. Abdruck mit<br />
freundlicher Genehmigung der Redaktion.<br />
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