Alpsommer&Viehscheid 2014
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Alpgenuss<br />
Die Wurzelbehandler<br />
mit dem Recht zum Graben<br />
Von vielen Liebhabern hochprozentiger Spezialitäten wird<br />
diese Pflanze, die auch auf Allgäuer Bergwiesen zu Hause ist,<br />
besonders geschätzt – und zwar vor allem in flüssiger Form:<br />
Der Enzian ist geschütztes Gewächs und als Schnaps Gaumen -<br />
kitzel im Glas zugleich. Nur einige wenige mit besonderer<br />
Erlaubnis dürfen ihn überhaupt aus dem Boden holen<br />
Die Enzianernte auf einem Wand ge -<br />
mälde (u.). Blauer Enzian (r.) ist oft<br />
auf den Flaschen zu sehen, er ist in<br />
der Spirituose aber nicht enthalten<br />
Mit seinem Ohrwurm »Blau blüht der Enzian«<br />
schuf Heino vor vielen Jahren nicht<br />
nur einen Kult-Schlager. Außerdem hat der<br />
Barde den Enzian neben dem Edelweiß zu einer der<br />
bekanntesten Alpenpflanzen gemacht. Der gleichnamige<br />
Schnaps hat noch dazu beigetragen.<br />
Die aromatisch-bittere Spirituose soll besonders bei<br />
Magenbeschwerden helfen. Man sagt, dass im Allgäu<br />
die alten Weible am Morgen als Erstes einen Enzian zu<br />
sich nehmen, weil der so gut für den Magen sei. Eine<br />
erste Erwähnung der Heilwirkung von Enzian findet<br />
sich schon 100 n.Chr. bei Pedanios Dioskurides,<br />
einem griechischen Arzt und Pharmakologen.<br />
»Etikettenschwindel« und Naturschutz<br />
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Obwohl auf den allermeisten Flaschen die trichterförmige<br />
tiefblaue Blüte prangt, enthält die Spirituose<br />
»Enzian« nicht die Spur jener blau blühenden Pflanze.<br />
Der Enzian wird vielmehr aus der Wurzel des wesentlich<br />
größeren und daher ergiebigeren Gelben Enzians<br />
gebrannt. Da der Gelbe Enzian – wie auch die Blüten<br />
und die Bestandteile sämtlicher Enziane – unter<br />
Naturschutz steht, ist die Entnahme der Wurzeln in<br />
freier Natur streng geregelt.<br />
Wenige sogenannte »Wurzengraber« haben aufgrund<br />
uralter Grab- und Brennrechte die Erlaubnis, die Wurzeln<br />
mit einer speziellen, zweizinkigen Hacke auszugraben.<br />
Sie dürfen jedoch nur die dicksten<br />
Enzianwurzeln in einem Abstand von sieben Jahren<br />
vom Gesamtstock trennen. Dadurch ist gesichert, dass<br />
die Wurzeln der Pflanze wieder nachwachsen.<br />
Für die regelmäßige Erteilung der Genehmigungen<br />
zur Entnahme nach strengen Naturschutzvorgaben ist<br />
die Untere Naturschutzbehörde bei der Bezirksregierung<br />
in Augsburg zuständig. Auch die Maximalmengen,<br />
die pro Jahr gegraben werden dürfen, sind ge regelt:<br />
Alpsommer<br />
&<strong>Viehscheid</strong> <strong>2014</strong>