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Alpsommer&Viehscheid 2014

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<strong>Viehscheid</strong>-Trilogie (auch für »Nicht-Allgäuer«)<br />

Es ist wie ein Heimatlied, das Geläute vom Vieh,<br />

es schwingt in den Himmel hinauf, göttlich schön.<br />

Es ist ein heiliges Lied von Heimat und Boden,<br />

Herrgott sieh her, wir wollen Dich loben.<br />

Für einen guten Sommer Vergelts Gott sagen,<br />

darum darf auch das erste Rind einen Kranz heut tragen.<br />

Es dampft, tost, schiebt und schreit,<br />

dort ein kleines Kälbchen in der Mitte.<br />

Und fünf schneidige Hirten vorne her,<br />

Theres denkt: »Da gefällt mir einer, von dem will ich mehr.«<br />

Für so etwas haben die jetzt keinen Kopf,<br />

sie sind froh, dass sie glücklich im Tal herunten sind.<br />

Auch wenn es manchmal knapp herging, keins von den Tieren ist abgestürzt<br />

und von den Hirten ist auch keiner verletzt.<br />

Und das Vieh spürt es, dass es heim geht in den Stall<br />

und das Geläute schwingt über unserem Tal.<br />

Gänsehaut zieht mir die Kopfhaut zusammen,<br />

ich weiß, für meine Heimat gäb ich das letzte Hemd.<br />

Mein Gerührt-sein hat jetzt ein Ende<br />

»Mama, komm ich hab kalte Hände,<br />

vom Geld meiner Patin will ich jetzt etwas kaufen,<br />

und du sollst mit mir zu den Buden laufen!«<br />

Das gehört zum <strong>Viehscheid</strong>, wir gehen jetzt zum kramen<br />

»und ich hol mir eine Bratwurst mit Senf«, sagt Anton.<br />

Bei den Spielsachen stehen die kleinen Kinder<br />

und Max schaut, wo die Traktoranhänger sind.<br />

Es gibt Hosenträger, Hausschuhe, Schnallen,<br />

es gibt Magenbrot und für die Mäuse gibt’s Fallen.<br />

Das Meiste hat man ja schon letztes Jahr gesehn<br />

und dort fliegt der erste Luftballon in die Höhe.<br />

Beim Gemüsehobelstand bleib ich stehen,<br />

da ist einer, der laut und schnell reden kann.<br />

Der macht aus Tomaten Sternchen<br />

und aus Karotten macht er Hörnchen.<br />

Ich kann gar nicht mehr weiterlaufen –<br />

jetzt muss ich so einen Hobel kaufen.<br />

Es gibt noch weitere fünf Hobelstände<br />

und zu Hause hab ich dann drei solchene in den Händen.<br />

Zwei davon gibt man dem Christkind mit –<br />

einen für die Patin, den anderen… weiß ich noch nicht.<br />

Und abends im Zelt geht’s wie immer hoch her!<br />

Die Hindelanger können feiern – das wissen noch mehr.<br />

Von auswärts kommen viele und wie!<br />

Aber nach der ersten Maß Bier gehen sie meistens in die Knie.<br />

Sepp zerreißt Baptists gutes Trachtenhemd,<br />

dafür haut ihm der einen Maßkrug auf den Kopf.<br />

Mariele hat zuviel Schnaps erwischt,<br />

sie übergibt sich hinterm Zelt und weiß nicht mehr, wo sie ist.<br />

Theres war den ganzen Tag hinter dem Hirten her,<br />

jetzt gibt er nach, bevor sie noch heult.<br />

Dort schwanken sie aus dem Zelt, zu zweit,<br />

ist das etwas Schönes, der Hindelanger Scheid. •<br />

Cornelia Beßler<br />

Alpsommer<br />

&<strong>Viehscheid</strong> <strong>2014</strong><br />

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