Alpsommer&Viehscheid 2014
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Reproduktion: Thomas Niehörster; Fotos: Pfronten Tourismus/Erwin Reiter; Touristinfo Wertach; Walsermuseum Riezlern<br />
Oben: Abbildung einer Vor -<br />
führung des Laubschnitter -<br />
tanzes vor Kurfürst Clemens<br />
Wenzeslaus in Bad Hinde lang.<br />
Rechts: Die Trachten gruppe<br />
Riezlern zeigt den Webertanz<br />
(ca. 1960er-Jah re).<br />
Ganz rechts: Der Nach wuchs<br />
des Trachten- und Heimat -<br />
vereins Altstädten beim<br />
Pfarrfest 2005 in Altstädten<br />
Foto: Trachten- und Heimatverein Altstädten<br />
Vergessener Reigen für den Fürsten<br />
Beim Laubschnittertanz handelt es sich dagegen um einen<br />
Brauchtumstanz aus dem 18. Jahrhundert, der einzig<br />
und allein in Hindelang aufgeführt wurde. Somit<br />
würde er für die Gemeinde – ähnlich wie der heute<br />
noch alle fünf Jahre aufgeführte Wilde-Männle-Tanz<br />
in Oberstdorf – ein Alleinstellungsmerkmal darstellen.<br />
Dies jedoch nur theoretisch, denn niemand in Bad Hindelang<br />
erinnerte sich noch an den Reigen, bis er in dem<br />
Buch »Pfarrei Hindelang« von Alois Schmid um 1900<br />
zum ersten Mal wieder publik gemacht wurde.<br />
Ebenso ist kaum bekannt, dass sich im Trauzimmer des<br />
Hindelanger Rathauses die Kopie eines Bildes befindet,<br />
das die Zeremonie des Laubschnittertanzes bei einer<br />
Aufführung vor Kurfürst Clemens Wenzeslaus darstellt.<br />
Trotz Recherchen konnten bis heute keine Noten<br />
zum Laubschnittertanz oder Melodien jener Tage aufgefunden<br />
werden. Sicher sind jedoch bei den Tanzliedern<br />
sogenannte Schwegelpfeifen, eine Urform der<br />
Querflöte, eingesetzt worden, sodass sich anhand hierfür<br />
beispielhafter Noten jene Tänze nachkomponieren<br />
und wieder aufführen ließen.<br />
Alois Schmid beschrieb den Ablauf im Jahr 1906 folgendermaßen:<br />
»Der Laubschnittertanz des jungen Volkes<br />
zu Hindelang wurde am Fuße des Imberger Hornes<br />
in einem Maskenspiel dargestellt. Da kamen ein Dutzend<br />
Mädchen oder mehr mit ihren Laubsäcken, welche<br />
sie quer über dem Hals, den Schultern und den in<br />
die Hüften gestemmten Armen trugen, den buschigen<br />
Bergwald herab über die Ostrach-Brücke, wo ihnen<br />
dann plötzlich aus dem Dickicht ein Schwarm von Hirten<br />
entgegen sprang, sie drohend umringte und zwang,<br />
zu Gesang und Hirtenpfeife die Tänze der Gegend aufzuführen.«<br />
Der Text von Alois Schmid erschien im<br />
»Oberländer Erzähler« (Unterhaltungsblatt zum »Allgäuer<br />
Anzeigeblatt«), Nr. 77, 1906.<br />
Dieser Tanzaufführung lag der Beschreibung von<br />
Schmid zufolge wohl der örtliche Brauch zugrunde,<br />
dass die Mädchen im Sommer auf die Berge stiegen,<br />
um Laub für die Ziegen zu sammeln. Dabei kamen sie<br />
nicht selten an den Sennhütten vorbei, wo die Sennen<br />
und Hirten schon lungerten, um den einen oder anderen<br />
Streich zu spielen. Mit dem folgenden Haschen und<br />
Necken begründete sich der Laubschnittertanz, wie<br />
Schmid 1906 schilderte. • Thomas Niehörster<br />
42 Alpsommer<br />
&<strong>Viehscheid</strong> <strong>2014</strong>