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17.2. ZUM WERK 53<br />
Geschäftsführende Sekretäre <strong>der</strong> Secession waren die<br />
Vettern Bruno und Paul Cassirer, die in Berlin eine<br />
Kunstgalerie besaßen. Die Galeristen vermittelten Gaul<br />
kaufkräftige Kunden wie den Unternehmer Eduard Arnhold,<br />
den Zeitungsverleger Rudolf Mosse, den Maler<br />
Max Liebermann und den Ree<strong>der</strong> Albert Ballin. Zu den<br />
frühen Interessenten gehörten auch Museumsdirektoren<br />
wie Alfred Lichtwark, <strong>der</strong> 1906 neun Tierskulpturen für<br />
die Hamburger Kunsthalle erwarb. Derartige Kontakte<br />
boten zumindest finanziell einen zufriedenstellenden<br />
Ausgleich für einige vergebliche Versuche, in Berlin Aufträge<br />
für größere Werke im öffentlichen Raum zu bekommen.<br />
Zu den engeren Freunden des <strong>Bildhauer</strong>s gehörten seine<br />
Berufskollegen Bernhard Heising und Ernst Barlach sowie<br />
<strong>der</strong> Maler und Zeichner Heinrich Zille. Mit dem lebensfrohen<br />
Paul Cassirer freundete sich <strong>der</strong> eher introvertierte<br />
August Gaul beson<strong>der</strong>s an (im Freundeskreis war<br />
die Rede von „Paulchen und Gaulchen“), <strong>der</strong> Galerist war<br />
auch in Gauls Todesstunde an dessen Seite und versuchte<br />
später, den künstlerischen Nachlass zu regeln.<br />
August Gaul wurde 1908 zum Professor an <strong>der</strong> Akademie<br />
<strong>der</strong> Künste ernannt und 1919 in die Ankaufskommission<br />
<strong>der</strong> Berliner Nationalgalerie berufen. Er starb 1921 kurz<br />
nach seiner Ernennung zum Senator an <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong><br />
Künste, ohne dieses Amt noch antreten zu können. Sein<br />
Ehrengrab <strong>der</strong> Stadt Berlin befindet sich im Feld 7 auf<br />
dem Berliner Friedhof Dahlem.<br />
• Fischotter, 1897. Berlin.<br />
• Schafe, 1901. Berlin.<br />
• Löwe, 1904. Berlin, Alte Nationalgalerie.<br />
• Schwanenkükenbrunnen, 1908. Kurfürstendamm<br />
61, Berlin-Charlottenburg.<br />
• Entenbrunnen vor dem Renaissance-Theater, 1911.<br />
Berlin.<br />
• Goldener Hirsch, 1912. Rudolph-Wilde-Park,<br />
Berlin-Schöneberg.<br />
vergrößern und Informationen zum Bild anzeigen<br />
Eselserie: Sich wälzen<strong>der</strong> Esel, Ausschlagen<strong>der</strong> Esel,<br />
Traben<strong>der</strong> Esel, Gehen<strong>der</strong> Esel (Nie<strong>der</strong>sächsisches<br />
Landesmuseum Hannover)<br />
17.2 Zum Werk<br />
Von seiner Ausbildung her und durch die Arbeit bei Reinhold<br />
Begas war Gaul dem Historismus verbunden, speziell<br />
dem Neobarock, einem repräsentativen, zuweilen<br />
pathetischen Stil mit anspruchsvollen Motiven und oft<br />
komplizierten Formen. Sein Studienaufenthalt in Italien<br />
1897/1898 brachte eine grundlegende Umorientierung.<br />
Über den <strong>Bildhauer</strong> Louis Tuaillon (1862–1919), <strong>der</strong> sich<br />
zwischen 1885 und 1903 in Rom aufhielt und seinerseits<br />
von Adolf von Hildebrand (1847–1921) beeinflusst war,<br />
lernte Gaul dessen Lehren und Arbeitsweise kennen. Hildebrand<br />
lebte seit etwa 1870 abwechselnd in Italien und<br />
München. Seine Skulpturen waren gekennzeichnet durch<br />
ruhige Formen und durch Verzicht auf alle Details, die<br />
zum Verständnis des Ganzen entbehrlich waren; damit<br />
bildete er einen künstlerischen Gegenpol zu Begas. In <strong>der</strong><br />
Schrift „Vom Problem <strong>der</strong> Form in <strong>der</strong> bildenden Kunst“<br />
beschrieb er 1893 seine Vorstellungen.<br />
In <strong>der</strong> Folge orientierte sich August Gaul an diesen Vorgaben<br />
und übertrug sie auf seine eigene Arbeit. Er betonte<br />
die plastischen Qualitäten, zeigte die Tiere in ruhiger,<br />
typischer Haltung, konzentriert auf das Wesentliche,<br />
weitgehend frei von stofflich begründeten Strukturen.<br />
Mit dieser sachlichen Auffassung nahm er Charakteristika<br />
<strong>der</strong> beginnenden Mo<strong>der</strong>ne vorweg. Zeitgenössische<br />
Beobachter erwähnten mehrfach einen Bezug<br />
zu altägyptischer und antiker Skulptur, mit <strong>der</strong> sich Gaul<br />
auseinan<strong>der</strong>gesetzt hatte; so schrieb <strong>der</strong> Kunsthistoriker<br />
Emil Waldmann 1919: Erst wenn er dann ägyptische und<br />
etruskische und archaisch-griechische Dinge ansah, wuß-