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TIERGESCHICHTEN<br />
Der Star – ein<br />
verkannter Star<br />
DER VOGEL DES JAHRES 2018 HAT VIELE TALENTE<br />
UND MAG ES ABWECHSLUNGSREICH<br />
Ein Star in seinem metallisch schimmernden Federkleid.<br />
Foto: Franz Zäpernick<br />
Jede neue Blüte im Garten verheißt das Nahen des Frühlings.<br />
Schneeglöckchen, die ersten Krokusse, schließlich Blaustern<br />
und Narzisse. Wir warten auf ein anderes, untrügliches Zeichen<br />
dafür, dass nun der Frühling endlich da ist, schauen erwartungsvoll<br />
hoch in die Krone des noch winterkahlen<br />
Walnussbaums, horchen auf eine neue Strophe im Lied der Vögel.<br />
Und dann hat das Warten eines Morgens ein Ende: Sie sind wieder<br />
gekommen – die Stare. Manchmal lassen sie sich Zeit, tauchen<br />
erst Mitte April auf, um ihren Nistkasten im Hinterhof zu inspizieren.<br />
Fällt die Prüfung zur Zufriedenheit aus, beginnt das Paar <strong>mit</strong><br />
dem Nestbau. Besonderen künstlerischen Aufwand treiben sie<br />
nicht hierfür, im Wesentlichen sind es kleine und größere Äste,<br />
die sie durch das Schlupfloch ins Innere der Holzbehausung<br />
schieben. Feder- und Moosbetten bauen sie nicht. Den Staren deshalb<br />
Schlichtheit zu unterstellen, wäre ganz und gar verfehlt. So<br />
betörend schön klingt der Abendgesang der Stare, deren schwarzes<br />
Federkleid in der Brutzeit metallisch grün und violett schimmert.<br />
So munter hört sich ihr Schwatzen an. Als stimmliche<br />
I<strong>mit</strong>ationskünstler bedienen sie sich auch in den Tonfolgen des<br />
Gesangs anderer Vogelarten und ahmen selbst menschengemachte<br />
Geräusche nach. Ein Star steckt dahinter, wenn im Kirschbaum<br />
plötzlich ein Handy zu tönen beginnt. Wie trostlos und leise<br />
war es in dem einen Jahr, als der Starenkasten aus unerfindlichen<br />
Gründen verwaist blieb.<br />
Stare lieben und pflegen die Geselligkeit. In unserem Dorf<br />
haben sie sich zwar nicht zu einer Brutkolonie zusammengefunden,<br />
aber am Abend sammelt sich ein kleiner Trupp zum gemeinschaftlichen<br />
Abendessen. Jeden Tag am selben Ort: Geschäftig<br />
pickend laufen die Stare <strong>mit</strong> den Pferden über die Wiese.<br />
Der lateinische Name Sturnus vulgaris verweist auf den vermeintlichen<br />
Allerweltsvogel. Der NABU sieht in ihm jedoch ein<br />
Paradebeispiel dafür, wie es um unsere eigentlich häufigen Vogelarten<br />
steht. Noch zählt er <strong>mit</strong> seinen durchschnittlich 3,65 Millionen<br />
Brutpaaren zu den häufigsten Vogelarten in Deutschland<br />
und Europa, doch spätestens seit der Jahrtausendwende gehen die<br />
Bestände der Stare zurück, er gilt als „gefährdet“. Denn seine bevorzugten<br />
Lebensräume wie Weiden, Wiesen und Felder <strong>mit</strong> Alleen<br />
und Waldrändern werden immer intensiver genutzt. Er<br />
benötigt Baumhöhlen zum Brüten und Nahrungsflächen <strong>mit</strong> kurzer<br />
Vegetation, wo er Würmer und Insekten findet. Doch Hecken<br />
und Feldgehölze »stören« eher beim intensiven Anbau von Getreide<br />
und Energiepflanzen in Monokulturen. Auch die zunehmende<br />
Haltung von Nutztieren in abgeriegelten Riesenställen<br />
setzt dem Star zu. Grasen Tiere nicht auf der Weide und hinterlassen<br />
ihren Mist, bleibt <strong>mit</strong> den angelockten Insekten ein wichtiges<br />
Nahrungs<strong>mit</strong>tel aus.<br />
Indem er den Star zum Vogel des Jahres 2018 gekürt hat, wirbt<br />
der NABU für eine ökologische Ackerbewirtschaftung, für eine<br />
kleinteilige und artenreiche Kulturlandschaft, in der es Hecken<br />
gibt, Kühe auf den Wiesen grasen und alte Bäume <strong>mit</strong> ihren Höhlungen<br />
erhalten werden.<br />
Jeder Garten- oder Hausbesitzer kann einen Anfang machen<br />
und der Wohnungsnot des Stars <strong>mit</strong> einem Nistkasten begegnen.<br />
Gärtnern ohne Pflanzenschutz<strong>mit</strong>tel und Insektizide sowie Beeren<br />
tragende Gehölze verhelfen dem Star – und vielen anderen Vögeln<br />
– zu ausreichend Nahrung. Was im Kleinen gelingt, sollte auch<br />
im Großen möglich sein, meint der NABU und setzt sich für ein<br />
Umdenken in der Landwirtschaft ein.<br />
Alles Gute für Ihr Tier<br />
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<strong>Calluna</strong> 19