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BUCHVORSTELLUNGEN<br />
Bücher von und für Menschen <strong>mit</strong> Tieren<br />
MARION KORTH<br />
Drei Bücher stellen wir hier vor und so unterschiedlich sie<br />
auch sein mögen, alle handeln von Menschen und Tieren,<br />
ihren Begegnungen, von Grenzen und wie sich diese verschieben,<br />
ja auflösen und den Blick freimachen – nicht zuletzt auf<br />
uns selbst. Aber jetzt schnell los: Hund Bintas wartet schon, um uns<br />
sein Zuhause zu zeigen.<br />
Telse Maria Kähler: »Interview <strong>mit</strong><br />
Emely und andere Wildschweingeschichten«,<br />
80 Seiten, fester Einband,<br />
Books on Demand, ISBN 978-3-<br />
7448-9767-9, 16,50 Euro<br />
Das Kinderbuch INTERVIEW MIT<br />
EMELY führt uns nach Bokelberge bei<br />
Ettenbüttel (Landkreis Gifhorn), wo<br />
Kindercoach und Tierheilpraktikerin<br />
Corinna Michelsen <strong>mit</strong> ihren Kindern<br />
Luca und Lasse und nicht zuletzt vielen<br />
zwei- und vierbeinigen Freunden<br />
lebt. Telse Maria Kähler aus Isenbüttel<br />
hat die Geschichten aufgeschrieben<br />
und lässt uns durch die Augen von<br />
Hofhund Bintas lauter tierische Abenteuer<br />
erleben. Ohne Konflikte klappt<br />
das Zusammenleben nicht. Wildschwein<br />
Willy hört nur, wann er will<br />
und nutzt jede Gelegenheit, ins Haus<br />
zu laufen und es sich auf dem Sofa<br />
bequem zu machen. Rudi und Rosa, eigentlich entzückende Frischlinge,<br />
finden, dass An griff die beste Verteidigung ist, und zeigen sich<br />
von ihrer ungemütlichsten Art, und auch Emely ist sehr gut darin,<br />
jedes Loch im Zaun zu finden und auf eigene Faust Ausflüge zu unternehmen<br />
– bis eines Tages sogar die Polizei die Straße sperrt, da<strong>mit</strong><br />
Emely, die gerade mal wieder ausgebrochen ist, nichts passiert.<br />
Die Tiergeschichten sprechen für sich, dazu noch die schönen Fotos<br />
und liebevollen Zeichnungen von Sarah Bühring, da hätte es manche<br />
pädagogische Untermalung gar nicht gebraucht, um die Botschaft<br />
vom vertrauensvollen Zusammenleben in dieser ungewöhnlich<br />
Wohngemeinschaft zu ver<strong>mit</strong>teln.<br />
Silvia Furtwängler kann nicht so viel schocken, als Huskygespannfahrerin<br />
hat sie Erfahrung <strong>mit</strong> schwierigen Wetterverhältnissen, großen<br />
Kraftanstrengungen und unwegsamen Gelände. Als sie sich nun aber<br />
AUF HANNIBALS FÄHRTE begibt, so auch der Buchtitel, stehen ihr<br />
echte Abenteuer bevor. Vielleicht hätte sie besser einen Elefanten wie<br />
der berühmte Feldherr <strong>mit</strong>nehmen sollen, statt der Terriermischlingshündin<br />
Mulan, die unter Größenwahn leidet und sich für einen Elefanten<br />
hält. In ihrem selbstironischen Reisebericht geht es <strong>mit</strong> Silvia<br />
Furtwängler über die Alpen. Schon lange hatte sie sehen wollen, wie<br />
Hannibal seinen Weg gefunden hat, sich für eine Route entscheiden<br />
musste, immer auf der Suche nach einem sicheren Lagerplatz, der<br />
Wasser in der Nähe und Gras für die Tiere zu bieten hat.<br />
Trotz Computerkarten und genauester GPS-Daten wird es Silvia Furtwängler<br />
nicht einfach gemacht, die historische Alpenquerung nachzuwandern.<br />
Sie hat nicht daran gedacht, dass beispielsweise<br />
französische Straßenbauer seit den Punischen Kriegen ganze Arbeit<br />
Silvia Furtwängler: »Auf Hannibals<br />
Fährte – Eine Frau, ein Hund, keine<br />
Elefanten«, 256 Seiten, 26 Farbfotos,<br />
flexibler Einband, Rowohlt Taschenbuch<br />
Verlag (rororo), ISBN<br />
978-3-499-63252-5, 9,99 Euro.<br />
Timo Ameruoso ist ein junger talentierter<br />
Springreiter. Er wird nicht aus dem<br />
Sattel geworfen, sondern verunglückt<br />
<strong>mit</strong> seiner Vespa. Jugendlicher Leichtsinn<br />
gepaart <strong>mit</strong> zu hoher Geschwindigkeit<br />
werfen ihn aus der Bahn. Nach<br />
dem Unfall ist nichts mehr wie es war.<br />
Ameruoso sitzt gelähmt im Rollstuhl<br />
und findet sich Jahre später in einem<br />
freudlosen Berufsleben <strong>mit</strong> einem<br />
missgünstigen Kollegen wieder. In seinem<br />
Buch ZUM AUFGEBEN IST ES<br />
ZU SPÄT schaut er zurück auf das, was<br />
ihm nicht gut getan hat, und beschreibt,<br />
wie es die Pferde waren, die<br />
seinem Leben eine neue Richtung<br />
gaben.<br />
Fünf Dinge haben sie ihm beigebracht,<br />
die Ameruoso in Bezug auf sich, aber<br />
geleistet haben und dass eine markierte<br />
Fahrradstrecke nicht mehr ist als ein<br />
schmaler Streifen Asphalt, neben dem<br />
die Lastwagen vorbeidonnern. Und<br />
dann ist da noch Ole, der Bundeswehrsoldat<br />
und »Späher«, der ihre Wanderstrecken<br />
im Auto vorwegnimmt und brav<br />
in der nächsten Stadt oder auf dem<br />
nächsten Campingplatz das Lager in<br />
Form von Zelten aufschlägt.<br />
Während des beschwerlichen Marsches<br />
hat sie Zeit, ihre Mitmenschen zu beobachten<br />
und sich immer wieder zu fragen,<br />
ob die Historiker bei ihrer<br />
Hannibal-Wegbeschreibung nicht vielleicht<br />
doch einen Fehler gemacht<br />
haben.<br />
Timo Ameruoso: »zum Aufgeben ist es<br />
zu spät – Fünf Dinge, die Pferde uns<br />
über das Leben lehren«, 208 Seiten,<br />
zahlreiche SW-Abbildungen Klappenbroschur,<br />
Rowohlt Polaris, ISBN 978-<br />
3-499-63337-9, 14,99 Euro.<br />
auch immer wieder in seinem gewaltlosen Pferdetraining zur Anwendung<br />
bringt. Von Durchhaltevermögen ist da die Rede, vom Sinn für<br />
den richtigen Moment, vor allem aber geht es darum, sich selbst zu<br />
erkennen und sich auf seine Ziele zu konzentrieren.<br />
Die Regeln, die er formuliert hat, haben ihn zum Fachmann auch für<br />
schwierige Pferde werden lassen. Es gehört Mut und Schweiß dazu,<br />
es <strong>mit</strong> Pferden wie Paolo aufzunehmen, die zwar vielleicht nicht taktisch<br />
agieren, wohl aber ihre Chancen zu nutzen wissen, um Durchzugehen,<br />
sobald irgendwo ein Grashalm lockt. Auf Rücksichtnahme<br />
kann der Rollstuhlfahrer jedenfalls nicht hoffen, »ganz im Gegenteil«,<br />
schreibt er. Timo Ameruoso nimmt es trotzdem <strong>mit</strong> Paolo auf und gewinnt<br />
einen Freund fürs Leben so wie tiefe Einsichten in das menschliche<br />
Leben und seine Fallstricke. Seine Botschaft: »Grenzen gibt es<br />
nur im Kopf«.<br />
<strong>Calluna</strong> 57