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Calluna Winter18 mit Heidja

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TIERGESCHICHTEN<br />

Eine Schleiereule blickt aus ihrem Brutkasten in einer Scheune in Oerrel.<br />

Zum Schutz vor Mardern ist das Einflugloch <strong>mit</strong> Blech umkleidet.<br />

len. Oder anders ausgedrückt: Die Eulen fanden immer weniger<br />

Mäuse zum Fressen. Als Gründe dafür nennt Seeler »die Intensivierung<br />

und Modernisierung der Landwirtschaft«. Dazu gehöre<br />

das Verschwinden extensiv genutzter Wiesen ebenso wie das Umpflügen<br />

von Ackerrandstreifen und Feldwegen. Und auch der<br />

Mähdrescher habe einen erheblichen Anteil am Rückgang der<br />

Mäusepopulation. In früheren Zeiten, erläutert Seeler, sei das Getreide<br />

auf dem Feld geschnitten und erst nach Einlagerung in der<br />

Scheune gedroschen worden. Heute werde es dagegen gleich auf<br />

dem Feld in einem Arbeitsgang gemäht und gedroschen, und die<br />

Mäuse fänden im Winter in der Scheune nichts mehr zu fressen.<br />

Hinzu komme, dass die Scheunen und Ställe heuzutage geradezu<br />

hermetisch verschlossen seien, sodass dort ohnehin keine Eule<br />

mehr auf Mäusejagd gehen könne. Mäuse zu vergiften, sei eine<br />

weitere Unsitte, die letztendlich auch den Eulen schade. Zum<br />

Rückgang des Nahrungsangebotes komme das Fehlen von mardersicheren<br />

Brutmöglichkeiten in Scheunen und Ställen. Und<br />

dann sei da auch noch der Straßen- und Schienenverkehr, der vielen<br />

Schleiereulen das Leben koste. Schleiereulen könnten 15 Jahre<br />

und älter werden, aber die meisten kämen nur auf ein bis zwei<br />

Jahre. »Entweder verhungern sie, oder sie kommen bei einem Verkehrsunfall<br />

ums Leben«, weiß Horst Seeler, der akribisch über das<br />

Alter der Schleiereulen Buch führt.<br />

Seit dem Start ihres »Dauerprojekts« zum Schutz der Schleiereule<br />

haben die ehrenamtlich tätigen Ornithologen im Raum<br />

Foto: Inka Lykka Korth<br />

Die Schleiereule<br />

Mit ihrem herzförmigen und sehr hellem,<br />

fast weißem Gesichtsschleier lässt<br />

sich die Schleiereule (Tyto alba) von<br />

allen anderen Eulen gut unterscheiden.<br />

Außerdem fehlen ihr die eulentypischen<br />

Ohrfedern, und sie hat verhältnismäßig<br />

kleine, schwarze Augen. Die<br />

33 bis 35 zentimeter lange Eule erreicht<br />

eine Flügelspannweite von 85<br />

bis 95 zentimeter. Die Männchen wiegen<br />

290 bis 340 Gramm, die Weibchen<br />

310 bis 370 Gramm.<br />

Die Lautäußerungen der Schleiereule sind im Vergleich zu denen anderer<br />

Eulen sehr speziell. Besonders markant ist der lang gezogene,<br />

kreischende Revierruf des Männchens. Für den Schleiereulenexperten<br />

Horst Seeler klingt er wie das Quietschen eines kaputten Keilriemens.<br />

zur Warnung ruft die Schleiereule hastig kraich-kraich, auf<br />

Bedrohungen reagiert sie <strong>mit</strong> Fauchen und Schnabelknappen.<br />

Die Schleiereule jagt <strong>mit</strong> dem Gehör. Sie hat das beste Gehör unter<br />

den Vögeln. Die Schleiereulen übertreffen bei der Jagd nach Beutetieren<br />

die phänomenalen Ortungsleistungen der Fledermäuse. Richtungsunterschiede<br />

von einem Grad im Gegensatz zu vier Grad bei<br />

Fledermäusen werden noch wahrgenommen. Sie hören nicht nur die<br />

leisesten Geräusche, sie fixieren die Richtung der Geräuschquelle<br />

und er<strong>mit</strong>teln die Entfernung zu ihr. Im Winter kann die Schleiereule<br />

durch eine bis zu sieben zentimeter hohe Schneedecke (Pulverschnee)<br />

Mäuse orten und schlagen.<br />

Das Federkleid der Schleiereule unterstützt die nächtliche Jagd: Der<br />

Schleier funktioniert wie ein Parabolreflektor, der eintreffende<br />

Schallwellen sammelt und zu den Ohröffnungen leitet. Die Ohröffnungen<br />

liegen innerhalb des Schleiers.<br />

Die Nahrung der Schleiereule besteht zu über 95 Prozent aus Mäusen.<br />

Bevorzugt werden Feld- und Waldmäuse. Stehen sie nicht in<br />

ausreichender Menge zur Verfügung, jagen sie Schermäuse, Hausmäuse,<br />

Spitzmäuse, Frösche und Vögel.<br />

Der Winter ist für die Schleiereule eine harte zeit. Die Schleiereule<br />

kann im Vergleich zu anderen Eulenarten und zu Greifvögeln nicht<br />

einmal die Hälfte an Fettreserven anlegen. Sie kann ohne Nahrung<br />

nur wenige Tage überleben. Wenn verharschte Schneedecken über<br />

eine Woche lang die Nahrungsquellen abdecken und es keine Möglichkeiten<br />

gibt, innerhalb von Ställen und Scheunen Mäuse zu fangen,<br />

setzt das große Massensterben der Schleiereulen ein. Junge<br />

Eulen haben kaum eine Chance, den Winter zu überleben, und von<br />

den erfahrenen Alt-Eulen überlebt auch nur ein kleiner Prozentsatz<br />

(in manchen Jahren nicht einmal zehn Prozent).<br />

Im März beginnt die Balz, und im Normalfall wird ab Mitte April gebrütet.<br />

Nach dem ersten Ei folgen weitere Eier im Abstand von jeweils<br />

zwei bis drei Tagen, bis das Gelege <strong>mit</strong> etwa sechs Eiern<br />

abgeschlossen ist. Gelegegrößen bis zu 14 Eiern sind möglich. Nestmaterial<br />

wird nicht herbeigeschafft, die Eier werden auf eine Schicht<br />

von zerbissenem Gewölle abgelegt.<br />

Jedes Ei wird gut einen Monat lang bebrütet. Wenn das letzte Junge<br />

schlüpft, kann das älteste bereits zwei Wochen alt sein. Mitte Juni<br />

sind alle Jungen geschlüpft.<br />

Die Eulen-Familie benötigt in jeder Nacht etwa 35 Mäuse. Bis das<br />

älteste Junge zwei Wochen alt ist, versorgt das Männchen allein die<br />

Familie, danach beteiligt sich auch das Weibchen an den nächtlichen<br />

Jagdflügen. Nach über acht Wochen Nestlingszeit verlassen die Jungen<br />

ihren Brutplatz. Nach weiteren vier Wochen in Obhut ihrer Eltern,<br />

Training des Fliegens und Jagens, müssen die Jungen das<br />

heimatliche Revier verlassen. Sie suchen sich in der näheren oder<br />

weiteren Umgebung ein eigenes Revier und versuchen, <strong>mit</strong> einem<br />

Partner im kommenden Jahr eine eigene Familie zu gründen.<br />

Wenn das Nahrungsangebot im Sommer und Herbst noch groß<br />

genug ist oder sich erst entwickelt, werden noch späte oder zweite<br />

Bruten festgestellt. Die letzten Bruten werden erst im August begonnen.<br />

Quellen: Horst Seeler und NABU<br />

Foto Horst Seeler<br />

<strong>Calluna</strong> 21

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