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Calluna Winter18 mit Heidja

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Vielleicht stammt die Fußfessel aus dem Uelzener Gefängnis, das einst rechts neben dem Amtsgericht stand. Das Gefängnis ist längst abgerissen, und<br />

im alten Gerichtsgebäude befindet sich heute das Standesamt.<br />

Freiheitsstrafe fand erst seit dem 13. Jahrhundert allmählich Eingang<br />

in die Rechtssprechung, allerdings nicht <strong>mit</strong> einem erzieherischen<br />

Grundgedanken, sondern als Alternative zu einer<br />

Geldstrafe oder als Milderung der Todesstrafe. Gefangene wurden<br />

oftmals unter unmenschlichen Bedingungen in Burgverliesen,<br />

Stadttürmen oder Rathauskellern untergebracht.<br />

War eine Person zahlungsunfähig, verlor sie oftmals die Bürgerrechte<br />

und viele Städte sahen die Verbannung der gesamten Familie<br />

vor. Der Bann übte allerdings oft wenig Druck auf den<br />

Schuldner aus, da dieser verständlicherweise ohnehin kaum darauf<br />

aus war, demnächst wieder heimzukommen. Er versuchte lieber<br />

andernorts sein Glück. Deswegen bemühten sich viele Städte<br />

darum, die Wirkung ihres Bannes durch Verträge <strong>mit</strong> anderen<br />

Städte zu erweitern. So schlossen 1476 die Städte Lübeck, Stade,<br />

Uelzen, Magdeburg, Braunschweig, Halle/Saale, Halberstadt,<br />

Goslar, Hildesheim, Göttingen, Stendal, Hannover und Einbeck<br />

einen solchen Vertrag.<br />

Für den Vollzug der körperlichen Strafen war der Scharfrichter<br />

zuständig. Im 16. Jahrhundert übte in Uelzen dieses Amt zeitweise<br />

Hans Bockenhusen aus. Er wohnte wohl im Turm der Büttelei an<br />

der südöstlichen Stadtmauer, und hier waren auch die Gefangenen<br />

untergebracht. Die Stadt hatte gegen Ende des 14. Jahrhunderts<br />

den ehemaligen Hof des Herzogs erworben und dort neben Büttelei<br />

und Scharfrichterwohnung auch den Stadtbauhof untergebracht.<br />

Seit dem 16. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle ein<br />

Wirtschaftshof, der dem Herzog unterstellt war. Hier wurden<br />

Pferde untergestellt und Vorräte gelagert. Heute ist dieser Bereich<br />

ein Teil des Uelzener Herzogenplatzes am ehemaligen Veerßer Tor.<br />

Hans Bockenhusen hatte sein Handwerk offenbar gelernt, wird<br />

er doch in der Überlieferung als mester bezeichnet. Was es für<br />

einen Scharfrichter wohl zu lernen gab? Zumindest musste er sich<br />

ein wenig in Anatomie auskennen, da<strong>mit</strong> eine Hinrichtung oder<br />

Folter nicht misslang. Ersteres sollte schließlich möglichst schnell<br />

zum Tode führen, während der Delinquent unter der Folter nicht<br />

zu früh sein Leben aushauchen durfte. Zwei Gulden erhielt Hans<br />

Bockenhusen 1584 für die Tortur der Magd Margarete Hobermann,<br />

die auf diese Weise gezwungen werden sollte, den Namen<br />

des Vaters ihres unehelichen Kindes preiszugeben. Bockenhusen<br />

arbeitete zudem als Abdecker und Hundefänger. Hunde aus der<br />

Umgebung, die in der Stadt frei herumliefen, durfte er stricken,<br />

also an die Leine legen. Die Eigentümer mussten sie dann je nach<br />

Hunderasse gegen eine entsprechende Gebühr auslösen. Hunde<br />

von Geistlichen waren von dieser Regelung allerdings ausgenommen.<br />

Vor dem Gesetz ist eben nicht jeder gleich, schon gar nicht<br />

ein Hund.<br />

Ein Mensch aber auch nicht, und so war es noch im 19. Jahrhundert<br />

üblich, dass Verbrecher von Adel nicht in irgendeinem<br />

Turm gefangen gehalten wurden, sondern – wenn sie denn verurteilt<br />

wurden – ihre Strafe in Festungshaft absaßen. Dies sollte ihr<br />

Ansehen aufrecht erhalten. Auch die bedauernswerte Kurprinzessin<br />

Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg, bekannt als<br />

Prinzessin von Ahlden, lernte die Festungshaft bitter kennen. Sie<br />

wurde wegen böswilligen Verlassens ihres Ehemannes 1694 in<br />

einem Ehescheidungsverfahren als schuldig erklärt und auf<br />

Schloss Ahlden im heutigen Heidekreis festgesetzt. Obwohl im<br />

Urteil nichts von einer andauernden Gefangenschaft stand, durfte<br />

sie ihr Gefängnis bis zu ihrem Tod nicht wieder verlassen.<br />

Nach der Reformation hatte ein Umdenken eingesetzt, nun<br />

wurde die Freiheitsstrafe nicht mehr rein als Vergeltungsmaßnahme<br />

betrachtet, sondern war <strong>mit</strong> dem Ziel der Besserung und<br />

Resozialisierung der Straftäter verbunden. Ob dies in dem Fall<br />

<strong>Calluna</strong> 53

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