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Vielleicht stammt die Fußfessel aus dem Uelzener Gefängnis, das einst rechts neben dem Amtsgericht stand. Das Gefängnis ist längst abgerissen, und<br />
im alten Gerichtsgebäude befindet sich heute das Standesamt.<br />
Freiheitsstrafe fand erst seit dem 13. Jahrhundert allmählich Eingang<br />
in die Rechtssprechung, allerdings nicht <strong>mit</strong> einem erzieherischen<br />
Grundgedanken, sondern als Alternative zu einer<br />
Geldstrafe oder als Milderung der Todesstrafe. Gefangene wurden<br />
oftmals unter unmenschlichen Bedingungen in Burgverliesen,<br />
Stadttürmen oder Rathauskellern untergebracht.<br />
War eine Person zahlungsunfähig, verlor sie oftmals die Bürgerrechte<br />
und viele Städte sahen die Verbannung der gesamten Familie<br />
vor. Der Bann übte allerdings oft wenig Druck auf den<br />
Schuldner aus, da dieser verständlicherweise ohnehin kaum darauf<br />
aus war, demnächst wieder heimzukommen. Er versuchte lieber<br />
andernorts sein Glück. Deswegen bemühten sich viele Städte<br />
darum, die Wirkung ihres Bannes durch Verträge <strong>mit</strong> anderen<br />
Städte zu erweitern. So schlossen 1476 die Städte Lübeck, Stade,<br />
Uelzen, Magdeburg, Braunschweig, Halle/Saale, Halberstadt,<br />
Goslar, Hildesheim, Göttingen, Stendal, Hannover und Einbeck<br />
einen solchen Vertrag.<br />
Für den Vollzug der körperlichen Strafen war der Scharfrichter<br />
zuständig. Im 16. Jahrhundert übte in Uelzen dieses Amt zeitweise<br />
Hans Bockenhusen aus. Er wohnte wohl im Turm der Büttelei an<br />
der südöstlichen Stadtmauer, und hier waren auch die Gefangenen<br />
untergebracht. Die Stadt hatte gegen Ende des 14. Jahrhunderts<br />
den ehemaligen Hof des Herzogs erworben und dort neben Büttelei<br />
und Scharfrichterwohnung auch den Stadtbauhof untergebracht.<br />
Seit dem 16. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle ein<br />
Wirtschaftshof, der dem Herzog unterstellt war. Hier wurden<br />
Pferde untergestellt und Vorräte gelagert. Heute ist dieser Bereich<br />
ein Teil des Uelzener Herzogenplatzes am ehemaligen Veerßer Tor.<br />
Hans Bockenhusen hatte sein Handwerk offenbar gelernt, wird<br />
er doch in der Überlieferung als mester bezeichnet. Was es für<br />
einen Scharfrichter wohl zu lernen gab? Zumindest musste er sich<br />
ein wenig in Anatomie auskennen, da<strong>mit</strong> eine Hinrichtung oder<br />
Folter nicht misslang. Ersteres sollte schließlich möglichst schnell<br />
zum Tode führen, während der Delinquent unter der Folter nicht<br />
zu früh sein Leben aushauchen durfte. Zwei Gulden erhielt Hans<br />
Bockenhusen 1584 für die Tortur der Magd Margarete Hobermann,<br />
die auf diese Weise gezwungen werden sollte, den Namen<br />
des Vaters ihres unehelichen Kindes preiszugeben. Bockenhusen<br />
arbeitete zudem als Abdecker und Hundefänger. Hunde aus der<br />
Umgebung, die in der Stadt frei herumliefen, durfte er stricken,<br />
also an die Leine legen. Die Eigentümer mussten sie dann je nach<br />
Hunderasse gegen eine entsprechende Gebühr auslösen. Hunde<br />
von Geistlichen waren von dieser Regelung allerdings ausgenommen.<br />
Vor dem Gesetz ist eben nicht jeder gleich, schon gar nicht<br />
ein Hund.<br />
Ein Mensch aber auch nicht, und so war es noch im 19. Jahrhundert<br />
üblich, dass Verbrecher von Adel nicht in irgendeinem<br />
Turm gefangen gehalten wurden, sondern – wenn sie denn verurteilt<br />
wurden – ihre Strafe in Festungshaft absaßen. Dies sollte ihr<br />
Ansehen aufrecht erhalten. Auch die bedauernswerte Kurprinzessin<br />
Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg, bekannt als<br />
Prinzessin von Ahlden, lernte die Festungshaft bitter kennen. Sie<br />
wurde wegen böswilligen Verlassens ihres Ehemannes 1694 in<br />
einem Ehescheidungsverfahren als schuldig erklärt und auf<br />
Schloss Ahlden im heutigen Heidekreis festgesetzt. Obwohl im<br />
Urteil nichts von einer andauernden Gefangenschaft stand, durfte<br />
sie ihr Gefängnis bis zu ihrem Tod nicht wieder verlassen.<br />
Nach der Reformation hatte ein Umdenken eingesetzt, nun<br />
wurde die Freiheitsstrafe nicht mehr rein als Vergeltungsmaßnahme<br />
betrachtet, sondern war <strong>mit</strong> dem Ziel der Besserung und<br />
Resozialisierung der Straftäter verbunden. Ob dies in dem Fall<br />
<strong>Calluna</strong> 53