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Nationen mit gleichzeitiger Aufforderung,<br />
schon bei der Nennung den möglichen Kaufpreis<br />
für das mitgebrachte Pferd zu benennen,<br />
spricht für sich.<br />
Wir sehen in diesen Rennen keinen sportlichen<br />
Anreiz und wollen nicht an diesen Spektakeln<br />
teilnehmen, wenngleich die Erlebnisse<br />
und Erfahrungen rund um die Rennen gerade<br />
für unsere Töchter durchaus interessant sein<br />
könnten. Unsere Entscheidung ist auch unter<br />
dem Aspekt zu sehen, dass wir als langjährige<br />
Zuchtstätte in einem Land, wo im Vergleich<br />
zum nahen europäischen Ausland, sehr wenig<br />
für gute Distanzpferde bezahlt wird, weder<br />
<strong>Pferde</strong> über diesen Weg verkaufen möchten,<br />
noch die Möglichkeit nutzen, die seit kurzem<br />
übliche Ankommerprämie mitzunehmen. In<br />
Dubai wurden, soweit mir bekannt, im Januar<br />
etwa 22.000 US$ und jetzt im Presidents Cup<br />
in Abu Dhabi über 30.000 US$ jedem<br />
ausländischen „Ankommer“ bezahlt.<br />
Da wir von einigen Leuten persönlich<br />
in den sozialen Medien, per<br />
mail oder auch telefonisch angesprochen<br />
wurden, ob wir denn der<br />
Einladung folgen, haben wir, auch<br />
um es zu erklären, beschlossen, unsere<br />
Absage öffentlich mit einem<br />
klaren Statement zu verbinden.<br />
Durch seine Teilnahme an diesen<br />
privaten Rennen akzeptiert jeder<br />
Teilnehmer die Veranstaltung so<br />
wie sie ist. Man hat uns auch vorgeworfen,<br />
warum wir dann in Valeggio<br />
an der Jugend-WM teilgenommen<br />
hatten. Aber eine Teilnahme an einer<br />
Meisterschaft, auch an einer<br />
internationalen, ist nicht jedem<br />
möglich, der könnte oder möchte.<br />
Vielmehr muss man sich durch Leistung<br />
qualifizieren und wird durch<br />
das jeweilige Land über die jeweilige<br />
FN zur Teilnahme genannt. Das<br />
ist ein großer Unterschied, den wir<br />
auch in den anschließenden Diskussionen<br />
erklären mussten, weil dies<br />
wohl vielen nicht klar ist.<br />
1/<strong>2018</strong> - www.in-the-focus.com<br />
Auch in der Wüste lassen sich Distanzritte durchführen, die nicht<br />
auf die Kosten der <strong>Pferde</strong> gehen - natürliche Tracks reduzieren die<br />
Geschwindigkeit, so dass die Gefahr einer Überforderung verringert<br />
wird.<br />
alle Fotos: G. Waiditschka / <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong><br />
AP: Was genau sind Einladungsrennen, und<br />
welchem Zweck dienen die Einladungen an<br />
internationale Reiter wie beispielsweise<br />
beim "Presidents Cup"?<br />
A.A.S.: Mit den Einladungsrennen verfolgen<br />
die Gastgeber mehrere Ziele. Zum einen lädt<br />
man die aktuell erfolgreichsten ReiterInnen<br />
fast jeder Nation ein, was dann einer Art von<br />
eigener Weltmeisterschaft gleichkommt. Die<br />
eigenen Reiter messen sich quasi mit den<br />
„Besten" aus aller Herren Länder, was früher<br />
tatsächlich zutraf, wenngleich die ausländischen<br />
<strong>Pferde</strong> ja immer mit dem Handicap der<br />
langen Anreise und meist auch des extremen<br />
Klimawechsels gehandicapt sind. Zum anderen<br />
waren diese Rennen auch immer Schaufenster<br />
einer sich zunehmend professionalisierenden<br />
Szene, die vor allem auf das „große<br />
Geld“ durch den Ankauf eines <strong>Pferde</strong>s, welches<br />
sich im Rennen besonders gut gezeigt<br />
hat, hoffte. Heute hat sich das verselbstständigt<br />
und es sind ganz klar Ankaufrennen, die<br />
Preisangabe bei Nennung ist zwar freiwillig,<br />
aber die Gastgeber lassen sich auf diese Art<br />
und Weise eine Menge guter <strong>Pferde</strong> quasi vor<br />
die Haustür liefern, um dann <strong>Pferde</strong> mit Potenzial,<br />
die auch noch vor Ankauf praktischerweise<br />
durch die Teilnahme geprüft werden, zu<br />
erwerben. Einerseits schwächt das den Wettbewerb,<br />
wenn die guten <strong>Pferde</strong> nicht wieder<br />
mit nach Hause gehen und dann den Sportlern<br />
in den anderen Nationen nicht mehr<br />
zur Verfügung stehen. Andererseits ist der<br />
„Verbrauch“ an guten <strong>Pferde</strong>n erheblich, die<br />
nächste Saison ruft und man braucht belastbare<br />
hoch talentierte <strong>Pferde</strong>, um den stetigen,<br />
fast schon abonnierten nächsten Championatstitel<br />
wieder zu erlangen. Ein letzter Effekt<br />
ist der erhoffte und weitestgehend eintretende<br />
Imagegewinn, der auch durch die Varianten<br />
der großen Rennen in Europa, die mit Reisekostenzuschüssen<br />
und Ankommerprämien<br />
locken, eintritt. Wenn viele internationale Reiter<br />
an diesen Rennen teilnehmen, dann werden<br />
diese wohl mehrheitlich von den perfekt<br />
organisierten Abläufen, der Gastfreundschaft<br />
und der guten Stimmung berichten - dabei<br />
werden aber die Schattenseiten zurückgedrängt,<br />
oder gar negiert.<br />
AP: Der Distanzsport hat sich in den letzten<br />
10-15 Jahren stark verändert, unter anderem<br />
tritt das Motto "angekommen ist gewonnen"<br />
immer weiter in den Hintergrund.<br />
Heute scheint der Maßstab aller Dinge die<br />
Geschwindigkeit zu sein, auch bei uns. Im<br />
Mittleren Osten werden Geschwindigkeiten<br />
von über 40 km/h pro Loop geritten, denn<br />
schließlich ist (laut FEI) ein Distanzritt ein<br />
"Wettbewerb gegen die Uhr". Was läuft hier<br />
falsch?<br />
41<br />
A.A.S.: Gleich mehrere Dinge: Erstens werden<br />
alle möglichen Ziele dieser eigentlich<br />
fantastischen Reitsportart auf ein einziges<br />
Ziel, nämlich „Erster“ zu werden, reduziert.<br />
Hinzu kommt, dass ein „immer schneller“ als<br />
Dauerentwicklung dem "biologischen System<br />
Pferd" erheblich schadet und einen hohen<br />
Preis von unseren tierischen Partnern verlangt.<br />
Das ist leider bereits Realität geworden,<br />
weil solche Geschwindigkeiten nur möglich<br />
sind, wenn man entgegen der internationalen<br />
Regeln, die Strecken nahezu zu 100 %<br />
präpariert, permanentes Crewing zulässt, das<br />
Anreizsystem so auslegt, dass „gewinnen um<br />
jeden Preis“ zum höchsten Ziel erklärt wird<br />
und Weltrekorde ermöglicht werden.<br />
Flache Strecken ohne große Richtungs- und<br />
Geläufwechsel lassen monotone Bewegungsabläufe<br />
zu, permanentes Kühlen durch Wasser<br />
täuscht den Metabolismus der<br />
<strong>Pferde</strong> und behindert körpereigne<br />
Frühwarnsysteme. Die Begleitung<br />
durch die Fahrzeuge ist mit unerlaubtem<br />
„Ziehen“ gleichzusetzen,<br />
was ebenfalls <strong>Pferde</strong> manipulieren<br />
kann, denn diese folgen den parallel<br />
fahrenden Fahrzeugen wie Artgenossen.<br />
Von veterinärmedizinischen<br />
Hilfen jenseits der ethisch vertretbaren<br />
Grenzen im Training ganz zu<br />
schweigen, genauso von der Skrupellosigkeit,<br />
mit der die besten <strong>Pferde</strong><br />
dann im Wettkampf bis an den<br />
Zusammenbruch benutzt werden.<br />
Im Rennsport gibt es keine Weltrekorde<br />
sondern nur Jahressieger, weil<br />
ein "immer schneller" eben nicht<br />
möglich ist. Wie man in Boudheib<br />
gesehen hat, senken die regelkonformen<br />
natürlich belassenen Streckenteile<br />
erheblich die Geschwindigkeit<br />
und damit das Risiko für die<br />
<strong>Pferde</strong> – und es gibt dennoch Sieger.<br />
AP: In wieweit trifft die FEI eine<br />
Mitschuld an dieser Entwicklung?<br />
A.A.S.: Die FEI setzt ihre eigenen<br />
Regeln nicht durch. Sie läßt zu, dass<br />
Weltrekorde erklärt werden, regelt nicht die<br />
notwendigen Sperrzeiten für <strong>Pferde</strong> nach<br />
Einsätzen mit bestimmten Durchschnittsgeschwindigkeiten.<br />
Sie lässt zu, dass es nun<br />
über den bisher höchsten Wettbewerbsklassen,<br />
den CEI 4* Veranstaltungen – EM und<br />
WM für Junioren oder Senioren – neue CEI<br />
5* Veranstaltungen eingeführt wurden, die<br />
vor allem mit hohen Preisgeldern locken<br />
und alleine dadurch nur von Veranstaltern<br />
durchgeführt werden können, die entweder<br />
selber die Mindestgewinnsumme von<br />
50.000 CHF und mehr aufbringen können<br />
oder die entsprechend gesponsert sind.<br />
Dahinter steht auch der Versuch, mit mehr<br />
Medienpräsenz, die zwingend zu einem 5*<br />
Event gehört, mehr Öffentlichkeit für unseren<br />
Sport zu gewinnen. Was verständlich erscheint,<br />
aber angesichts der sich häufenden<br />
Vorfälle gleichzeitig auch sehr riskant ist. Im<br />
Spannungsfeld zwischen Professionalität,<br />
Sport Distanzreiten