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Arabische Pferde IN THE FOCUS 1/2018 (Vol. 13) - Leseprobe

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Nationen mit gleichzeitiger Aufforderung,<br />

schon bei der Nennung den möglichen Kaufpreis<br />

für das mitgebrachte Pferd zu benennen,<br />

spricht für sich.<br />

Wir sehen in diesen Rennen keinen sportlichen<br />

Anreiz und wollen nicht an diesen Spektakeln<br />

teilnehmen, wenngleich die Erlebnisse<br />

und Erfahrungen rund um die Rennen gerade<br />

für unsere Töchter durchaus interessant sein<br />

könnten. Unsere Entscheidung ist auch unter<br />

dem Aspekt zu sehen, dass wir als langjährige<br />

Zuchtstätte in einem Land, wo im Vergleich<br />

zum nahen europäischen Ausland, sehr wenig<br />

für gute Distanzpferde bezahlt wird, weder<br />

<strong>Pferde</strong> über diesen Weg verkaufen möchten,<br />

noch die Möglichkeit nutzen, die seit kurzem<br />

übliche Ankommerprämie mitzunehmen. In<br />

Dubai wurden, soweit mir bekannt, im Januar<br />

etwa 22.000 US$ und jetzt im Presidents Cup<br />

in Abu Dhabi über 30.000 US$ jedem<br />

ausländischen „Ankommer“ bezahlt.<br />

Da wir von einigen Leuten persönlich<br />

in den sozialen Medien, per<br />

mail oder auch telefonisch angesprochen<br />

wurden, ob wir denn der<br />

Einladung folgen, haben wir, auch<br />

um es zu erklären, beschlossen, unsere<br />

Absage öffentlich mit einem<br />

klaren Statement zu verbinden.<br />

Durch seine Teilnahme an diesen<br />

privaten Rennen akzeptiert jeder<br />

Teilnehmer die Veranstaltung so<br />

wie sie ist. Man hat uns auch vorgeworfen,<br />

warum wir dann in Valeggio<br />

an der Jugend-WM teilgenommen<br />

hatten. Aber eine Teilnahme an einer<br />

Meisterschaft, auch an einer<br />

internationalen, ist nicht jedem<br />

möglich, der könnte oder möchte.<br />

Vielmehr muss man sich durch Leistung<br />

qualifizieren und wird durch<br />

das jeweilige Land über die jeweilige<br />

FN zur Teilnahme genannt. Das<br />

ist ein großer Unterschied, den wir<br />

auch in den anschließenden Diskussionen<br />

erklären mussten, weil dies<br />

wohl vielen nicht klar ist.<br />

1/<strong>2018</strong> - www.in-the-focus.com<br />

Auch in der Wüste lassen sich Distanzritte durchführen, die nicht<br />

auf die Kosten der <strong>Pferde</strong> gehen - natürliche Tracks reduzieren die<br />

Geschwindigkeit, so dass die Gefahr einer Überforderung verringert<br />

wird.<br />

alle Fotos: G. Waiditschka / <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong><br />

AP: Was genau sind Einladungsrennen, und<br />

welchem Zweck dienen die Einladungen an<br />

internationale Reiter wie beispielsweise<br />

beim "Presidents Cup"?<br />

A.A.S.: Mit den Einladungsrennen verfolgen<br />

die Gastgeber mehrere Ziele. Zum einen lädt<br />

man die aktuell erfolgreichsten ReiterInnen<br />

fast jeder Nation ein, was dann einer Art von<br />

eigener Weltmeisterschaft gleichkommt. Die<br />

eigenen Reiter messen sich quasi mit den<br />

„Besten" aus aller Herren Länder, was früher<br />

tatsächlich zutraf, wenngleich die ausländischen<br />

<strong>Pferde</strong> ja immer mit dem Handicap der<br />

langen Anreise und meist auch des extremen<br />

Klimawechsels gehandicapt sind. Zum anderen<br />

waren diese Rennen auch immer Schaufenster<br />

einer sich zunehmend professionalisierenden<br />

Szene, die vor allem auf das „große<br />

Geld“ durch den Ankauf eines <strong>Pferde</strong>s, welches<br />

sich im Rennen besonders gut gezeigt<br />

hat, hoffte. Heute hat sich das verselbstständigt<br />

und es sind ganz klar Ankaufrennen, die<br />

Preisangabe bei Nennung ist zwar freiwillig,<br />

aber die Gastgeber lassen sich auf diese Art<br />

und Weise eine Menge guter <strong>Pferde</strong> quasi vor<br />

die Haustür liefern, um dann <strong>Pferde</strong> mit Potenzial,<br />

die auch noch vor Ankauf praktischerweise<br />

durch die Teilnahme geprüft werden, zu<br />

erwerben. Einerseits schwächt das den Wettbewerb,<br />

wenn die guten <strong>Pferde</strong> nicht wieder<br />

mit nach Hause gehen und dann den Sportlern<br />

in den anderen Nationen nicht mehr<br />

zur Verfügung stehen. Andererseits ist der<br />

„Verbrauch“ an guten <strong>Pferde</strong>n erheblich, die<br />

nächste Saison ruft und man braucht belastbare<br />

hoch talentierte <strong>Pferde</strong>, um den stetigen,<br />

fast schon abonnierten nächsten Championatstitel<br />

wieder zu erlangen. Ein letzter Effekt<br />

ist der erhoffte und weitestgehend eintretende<br />

Imagegewinn, der auch durch die Varianten<br />

der großen Rennen in Europa, die mit Reisekostenzuschüssen<br />

und Ankommerprämien<br />

locken, eintritt. Wenn viele internationale Reiter<br />

an diesen Rennen teilnehmen, dann werden<br />

diese wohl mehrheitlich von den perfekt<br />

organisierten Abläufen, der Gastfreundschaft<br />

und der guten Stimmung berichten - dabei<br />

werden aber die Schattenseiten zurückgedrängt,<br />

oder gar negiert.<br />

AP: Der Distanzsport hat sich in den letzten<br />

10-15 Jahren stark verändert, unter anderem<br />

tritt das Motto "angekommen ist gewonnen"<br />

immer weiter in den Hintergrund.<br />

Heute scheint der Maßstab aller Dinge die<br />

Geschwindigkeit zu sein, auch bei uns. Im<br />

Mittleren Osten werden Geschwindigkeiten<br />

von über 40 km/h pro Loop geritten, denn<br />

schließlich ist (laut FEI) ein Distanzritt ein<br />

"Wettbewerb gegen die Uhr". Was läuft hier<br />

falsch?<br />

41<br />

A.A.S.: Gleich mehrere Dinge: Erstens werden<br />

alle möglichen Ziele dieser eigentlich<br />

fantastischen Reitsportart auf ein einziges<br />

Ziel, nämlich „Erster“ zu werden, reduziert.<br />

Hinzu kommt, dass ein „immer schneller“ als<br />

Dauerentwicklung dem "biologischen System<br />

Pferd" erheblich schadet und einen hohen<br />

Preis von unseren tierischen Partnern verlangt.<br />

Das ist leider bereits Realität geworden,<br />

weil solche Geschwindigkeiten nur möglich<br />

sind, wenn man entgegen der internationalen<br />

Regeln, die Strecken nahezu zu 100 %<br />

präpariert, permanentes Crewing zulässt, das<br />

Anreizsystem so auslegt, dass „gewinnen um<br />

jeden Preis“ zum höchsten Ziel erklärt wird<br />

und Weltrekorde ermöglicht werden.<br />

Flache Strecken ohne große Richtungs- und<br />

Geläufwechsel lassen monotone Bewegungsabläufe<br />

zu, permanentes Kühlen durch Wasser<br />

täuscht den Metabolismus der<br />

<strong>Pferde</strong> und behindert körpereigne<br />

Frühwarnsysteme. Die Begleitung<br />

durch die Fahrzeuge ist mit unerlaubtem<br />

„Ziehen“ gleichzusetzen,<br />

was ebenfalls <strong>Pferde</strong> manipulieren<br />

kann, denn diese folgen den parallel<br />

fahrenden Fahrzeugen wie Artgenossen.<br />

Von veterinärmedizinischen<br />

Hilfen jenseits der ethisch vertretbaren<br />

Grenzen im Training ganz zu<br />

schweigen, genauso von der Skrupellosigkeit,<br />

mit der die besten <strong>Pferde</strong><br />

dann im Wettkampf bis an den<br />

Zusammenbruch benutzt werden.<br />

Im Rennsport gibt es keine Weltrekorde<br />

sondern nur Jahressieger, weil<br />

ein "immer schneller" eben nicht<br />

möglich ist. Wie man in Boudheib<br />

gesehen hat, senken die regelkonformen<br />

natürlich belassenen Streckenteile<br />

erheblich die Geschwindigkeit<br />

und damit das Risiko für die<br />

<strong>Pferde</strong> – und es gibt dennoch Sieger.<br />

AP: In wieweit trifft die FEI eine<br />

Mitschuld an dieser Entwicklung?<br />

A.A.S.: Die FEI setzt ihre eigenen<br />

Regeln nicht durch. Sie läßt zu, dass<br />

Weltrekorde erklärt werden, regelt nicht die<br />

notwendigen Sperrzeiten für <strong>Pferde</strong> nach<br />

Einsätzen mit bestimmten Durchschnittsgeschwindigkeiten.<br />

Sie lässt zu, dass es nun<br />

über den bisher höchsten Wettbewerbsklassen,<br />

den CEI 4* Veranstaltungen – EM und<br />

WM für Junioren oder Senioren – neue CEI<br />

5* Veranstaltungen eingeführt wurden, die<br />

vor allem mit hohen Preisgeldern locken<br />

und alleine dadurch nur von Veranstaltern<br />

durchgeführt werden können, die entweder<br />

selber die Mindestgewinnsumme von<br />

50.000 CHF und mehr aufbringen können<br />

oder die entsprechend gesponsert sind.<br />

Dahinter steht auch der Versuch, mit mehr<br />

Medienpräsenz, die zwingend zu einem 5*<br />

Event gehört, mehr Öffentlichkeit für unseren<br />

Sport zu gewinnen. Was verständlich erscheint,<br />

aber angesichts der sich häufenden<br />

Vorfälle gleichzeitig auch sehr riskant ist. Im<br />

Spannungsfeld zwischen Professionalität,<br />

Sport Distanzreiten

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