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Gsungen&Gspielt 02/2017

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VORSICHT<br />

DER BINDERTANZ IN BOZEN<br />

Ein historischer Festtanz wird wiederbelebt.<br />

ebenso von städtischen Handwerkern<br />

als Standestanz ihrer Zunft.<br />

Text: Hubert Kuppelwieser<br />

Nach mehrjähriger Pause wird heuer<br />

am 10. August anlässlich der<br />

Lorenzinacht wieder der Bozner Bindertanz<br />

von der Arbeitsgemeinschaft<br />

Volkstanz in Südtirol in Zusammenarbeit<br />

mit dem Südtiroler Volksmusikkreis<br />

auf dem Waltherplatz in Bozen<br />

aufgeführt. In der Lorenzinacht wird<br />

in Bozen die Bedeutung des Weinbaus<br />

für die Stadt und Umgebung gefeiert,<br />

Weinbauern und Kellereien bieten ihre<br />

Erzeugnisse zur Verkostung an.<br />

(Foto: Franz Hermeter)<br />

Tanzgeschichte<br />

Während sich im 16. Jahrhundert der<br />

Paartanz immer stärker durchsetzte<br />

und den Gruppentanz mehr und mehr<br />

verdrängte, stand in den Städten eine<br />

besondere Form des Gruppentanzes in<br />

voller Blüte: der Schwerttanz und der<br />

ihm verwandte Reiftanz. In dieser Zeit<br />

wurde dieser Tanz jedoch schon seit<br />

Jahrhunderten getanzt, erst nur von bäuerlichen<br />

Männerbünden in Verbindung<br />

mit dem Frühjahrsbrauchtum, später<br />

Der Schwerttanz ist ein nur von Männern<br />

getanzter Kettenreigen. Seine<br />

Wurzeln reichen tief in vorchristliches<br />

Brauchtum hinab. Er trägt nicht den<br />

Charakter eines Kampftanzes, wenn<br />

auch Elemente des Kampfes darin enthalten<br />

sind. Das Schwert dient vielmehr<br />

als Bindeglied zwischen den einzelnen<br />

Tänzern. Die Bindung an bestimmte<br />

Aufführungszeiten, besonders in der<br />

Fasnacht, weist auf die bäuerliche Herkunft<br />

hin. Motive wie das „Töten“ und<br />

„Wiedererwecken“ des Narren gehören<br />

zu den Initiationsriten (= Aufnahmebräuche)<br />

in Männerbünde oder Zünfte,<br />

denen sich der zum Mann gewordenen<br />

Bursche unterziehen musste. Das unbefangene,<br />

ungestüme und ungezügelte<br />

Treiben des jungen Menschen musste<br />

abgelegt werden, um als vollwertiges<br />

Mitglied in die Gemeinschaft aufgenommen<br />

zu werden.<br />

Der Reiftanz bildet eine Abart des Kettenschwerttanzes<br />

und unterscheidet sich<br />

im Wesentlichen nur vom Tanzgerät,<br />

Reifen an Stelle von Schwertern. Die<br />

einzelnen Figuren sowohl im Schwerttanz<br />

als auch im Reiftanz haben entsprechende<br />

Symbolkraft. Der „große Kreis“<br />

ist Ausdruck gemeinschaftlichen geschlossenen<br />

Erlebens und steht als Sonnensymbol<br />

für Leben, für Wachstum,<br />

für Unendlichkeit, für Dauerhaftigkeit.<br />

Die „vier kleinen Kreise“ symbolisieren<br />

ein Kleeblatt und damit das Glück,<br />

welches man in diesen Kreisen mit all<br />

seiner Symbolkraft zu bannen sucht.<br />

Die „Krone“ oder „Rose“ ist unter anderem<br />

ein Symbol der Fruchtbarkeit und<br />

Wachstumskraft, aber auch der Unabhängigkeit<br />

= Souveränität der Zunft. Sie<br />

ist auch die besondere Referenz an die<br />

Obrigkeit, an Gönner und alle Zuseher.<br />

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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 42. JAHRGANG | HEFT <strong>02</strong> | JUNI <strong>2017</strong>

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