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150 Jahre MHD (Buch)

Geschichte des Marien Hospital

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Sterilisation<br />

(sterilisiert) werden, wenn nach den Erfahrungen<br />

der ärztlichen Wissenschaft mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist,<br />

daß seine Nachkommen an schweren körperlichen<br />

oder geistigen Erbschäden leiden<br />

werden“ (§ 1.1). Als erbkrank im Sinne des<br />

Gesetzes galt, wer an folgenden Erkrankungen<br />

litt: „1. Angeborenem Schwachsinn,<br />

2. Schizophrenie, 3. zirkulärem (manischdepressivem)<br />

Irresein, 4. erblicher Fallsucht,<br />

5. erblichem Veitstanz, 6. erblicher Blindheit,<br />

7. erblicher Taubheit, 8. schwerer erblicher<br />

körperlicher Mißbildung“ (§ 2.1). Zuständig<br />

für die Entscheidung über eine Zwangssterilisation<br />

waren eigens eingerichtete<br />

„Erbgesundheitsgerichte“ (§ 5), die aus<br />

einem Amtsrichter, einem beamteten Arzt<br />

und einem mit der „Erbgesundheitslehre“<br />

besonders vertrauten Mediziner zusammengesetzt<br />

waren (§ 6.1).<br />

Die Meldepflicht an die Erbgesundheitsgerichte<br />

verlangte von katholischen Ärzten<br />

und Pflegern eine Form der Mitwirkung,<br />

die durch die Enzyklika „Casti connubii“<br />

untersagt war. „Zu verwerfen“, so die autoritative<br />

Stellungnahme von Papst Pius XI.<br />

im <strong>Jahre</strong> 1930 zur Sterilisationsfrage, „sind<br />

jene bedenklichen Bestrebungen, die zwar<br />

zunächst das natürliche Recht des Menschen<br />

auf die Ehe, tatsächlich aber unter gewisser<br />

Rücksicht auch das Gut der Nachkommenschaft<br />

angehen. Es finden sich nämlich<br />

solche, die in übertriebener Sorge um die<br />

‚eugenischen‘ Zwecke nicht nur heilsame<br />

Ratschläge zur Erzielung einer starken und<br />

gesunden Nachkommenschaft geben ... ,<br />

sondern dem ‚eugenischen‘ Zwecke den<br />

Vorzug vor allen andern, selbst denen einer<br />

höheren Ordnung geben. ... Ja sie gehen<br />

so weit, solches von Gesetzes wegen, auch<br />

gegen ihren Willen, durch ärztlichen Eingriff<br />

jener natürlichen Fähigkeit berauben zu<br />

lassen, und zwar nicht als Körperstrafe<br />

für vergangene Verbrechen, noch auch<br />

um künftigen Vergehen solcher Schuldigen<br />

vorzubeugen, sondern indem sie<br />

gegen alles Recht und alle Gerechtigkeit<br />

für die weltliche Obrigkeit eine Gewalt<br />

in Anspruch nehmen, die sie nie gehabt<br />

hat und rechtmäßigerweise nicht haben<br />

kann. Sie vergessen zu Unrecht, daß die<br />

Familie höher steht als der Staat, und daß<br />

die Menschen nicht an erster Stelle für die<br />

Zeit und Erde, sondern für den Himmel<br />

und die Ewigkeit geboren werden“.<br />

Zu Recht stellte der Deutsche Caritasverband<br />

nach der Veröffentlichung<br />

des Gesetzes im August 1933 fest: „Uns<br />

Katholiken bringt dieses Gesetz ... in<br />

eine besondere Lage, die der Schwierigkeiten<br />

nicht entbehrt“. Wohl mahnten<br />

die Bischöfe die Gläubigen wiederholt<br />

zur Einhaltung der lehramtlichen Normen,<br />

doch blieben sie eine Antwort auf<br />

die Frage schuldig, wie sich Ärzte und<br />

Pfleger einer Mitwirkung an dem Gesetz<br />

entziehen sollten. Bemerkenswert ist<br />

daher eine vertrauliche Aktennotiz von<br />

NS-Propagandaplakat, um 1935<br />

Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Grafenberg,<br />

Bergische Landstraße 2, um 1930<br />

Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Grafenberg,<br />

Patientenakte, 1934<br />

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