150 Jahre MHD (Buch)
Geschichte des Marien Hospital
Geschichte des Marien Hospital
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<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Marien Hospital Düsseldorf<br />
Synagoge, Kasernenstraße 67b,<br />
um 1910<br />
Blick auf die brennende Synagoge,<br />
10. November 1938<br />
Mobiliar einer jüdischen Familie vor<br />
dem Haus Hüttenstraße 81,<br />
10. November 1938<br />
Das Pogrom vom<br />
9./10. November 1938<br />
Als Ernst vom Rath, Sekretär<br />
der deutschen Botschaft<br />
in Paris, von einem über die<br />
Zwangsdeportation seiner Eltern<br />
erbitterten Juden erschossen<br />
wurde, wurde dieser Mord<br />
zum Anlass für befohlene und<br />
planmäßige Gewalttaten an jüdischen<br />
Mitbürgern und ihrem<br />
Eigentum in der Nacht vom 9.<br />
zum 10. November 1938. Wie<br />
in anderen Städten des Reiches,<br />
ging auch in Düsseldorf<br />
die große Synagoge an der<br />
Kasernenstraße in Flammen<br />
auf. An zahlreichen Stellen in<br />
der Stadt wurden in den frühen Morgenstunden noch Wohnungseinrichtungen<br />
und Kunstgegenstände von höchstem<br />
Wert zerschlagen. Aus Augenzeugenberichten ist bekannt,<br />
dass bei der befohlenen Aktion in Düsseldorf nicht nur zahlreiche<br />
Menschen misshandelt und schwer verletzt, sondern<br />
auch mindestens acht ermordet wurden.<br />
Auch wenn nur wenige Nachrichten erhalten sind, so<br />
steht fest, dass in der Pogromnacht zahlreiche verletzte<br />
Düsseldorfer Juden im Marienhospital notärztlich versorgt<br />
wurden. So berichtet etwa der jüdische<br />
Maler Albert Herzfeld in seinem Tagebuch<br />
von folgender Begebenheit, die sich während<br />
der Reichskristallnacht in unmittelbarer<br />
Nähe des Marienhospitals ereignete:<br />
„Ich lag nach meinem Herzkollaps schwer<br />
leidend im Parterre straßenwärts im Bett<br />
und wurde in der Nacht von Mittwoch auf<br />
Donnerstag gegen 12 Uhr durch ein starkes<br />
Stoßen und Poltern gegen die Haustüre des<br />
uns genau gegenüberliegenden Hauses in<br />
der Feldstraße 34 und ein nachfolgendes<br />
Weh- und Schmerzensgeschrei geweckt.<br />
Ich war viel zu schwach, um aufzustehen,<br />
aber ich weckte die im nebenan liegenden<br />
Eßzimmer zu meiner eventuellen Hilfeleistung<br />
während der Nacht schlafende<br />
Hausangestellte Frau Auguste Stiltz. Ich<br />
war mir sofort klar, daß ein antisemitischer<br />
Exzeß gegen den hochanständigen<br />
Hausinhaber Salomon Loeb, einem Kombattanten<br />
aus dem Weltkrieg, statt fand.<br />
Frau Stiltz öffnete etwas die Jalousie und<br />
sah dann daß wilde Horden unter Führung<br />
von SA-Männern in das Haus eingedrungen<br />
waren, nachdem sie die Haustüre demoliert<br />
hatten. Wir hörten, wie alle Scheiben<br />
zerschlagen und die Hausbewohner, nach<br />
ihrem Schreien zu urteilen, in der gröbsten<br />
Weise mißhandelt wurden. Nach einer<br />
halben Stunde zogen die Horden ab, und<br />
es fuhr ein städtisches Krankenauto vor, in<br />
dem ein in Tücher eingewickelter Mann,<br />
wie sich später ergab, Herr Loeb selbst,<br />
ins Krankenhaus abtransportiert wurde. Er<br />
hatte, wie Frau Stiltz einige Tage später von<br />
seinem Angestellten hörte, 9 Dolchstiche<br />
erhalten und befindet sich heute noch als<br />
Patient im Marienhospital“.<br />
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