150 Jahre MHD (Buch)
Geschichte des Marien Hospital
Geschichte des Marien Hospital
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Die Revolution 1918/1919<br />
eine harte Probe gestellt; erst drei Monate<br />
später konnte er als geheilt entlassen werden.<br />
Unter den Verletzten befanden sich<br />
auch Spartakusleute; zwei schwer durch<br />
Bauch- und Brustschuß verletzt; einer starb<br />
in derselben Nacht, seine Schußwunde<br />
kam allen unbedenklich vor, deshalb wurde<br />
er, da alles überfüllt war, ins Badezimmer<br />
untergebracht, dort fand man ihn morgens<br />
tot vor, in der Tasche seines Überziehers<br />
die schriftliche Austrittserklärung aus der<br />
katholischen Kirche – vielleicht, daß er doch<br />
im letzten Augenblick mit einem Act der<br />
Reue vor den Richterstuhl Gottes trat; der<br />
zweite lebte noch 3 Tage und starb dann<br />
nach andächtigem Empfang der Hl. Sakramente;<br />
Andere leichtverwundete kamen<br />
noch und wurden nach dem Notverband<br />
wieder entlassen; die Schießerei dauerte<br />
noch bis genau 9 Uhr, als die Nacht völlig<br />
hereinbrach, war alles ruhig und still, die<br />
wachehaltenden Schwestern, es waren<br />
jetzt deren immer 2, fanden Spartakus<br />
und deren Opfer friedlich nebeneinander<br />
liegen. Die folgenden Tage waren ruhiger,<br />
jedoch der 13. Januar verlangte wieder<br />
neue Opfer; einer der Verwundeten starb<br />
auch bald infolge seines schweren Halsschusses<br />
nach andächtigem Empfang der<br />
Hl. Sakramente“.<br />
Ein Generalstreik mit einem Ausfall<br />
an Strom und Gas, an Wasser und Kohle<br />
lähmte den Krankenhausbetrieb im Marienhospital<br />
in allen Bereichen. Ein Appell<br />
der Düsseldorfer Ärzte an die Bevölkerung<br />
und an die Militärverwaltung, zu deren<br />
Unterzeichnern auch Dr. Franz Kudlek<br />
vom Marienhospital gehörte, sollte Hilfe<br />
bringen. Unter dem 5. Februar 1919 berichtet<br />
die Ordenschronik: „Mittags 12 Uhr<br />
begann der große Generalstreik. Ausgehend<br />
von den vereinigten Beamten- und<br />
Berufsorganisationen legte alles die Arbeit nieder; die Eisenbahnen<br />
und Elektrische fuhren nicht mehr; Gas und Wasser<br />
wurde abgesperrt; die Bürgerschaft Düsseldorf‘s empfand<br />
wohl am meisten den Mangel an Beleuchtung, wohingegen<br />
sich bei uns im Hospital der Wassermangel empfindlicher bemerkbar<br />
machte; glücklicherweise entdeckten wir bald im<br />
Erdgeschoß ein Krähnchen, welches noch sparsam das jetzt<br />
so seltene Naß lieferte; mit Eimern und Kannen war es dann<br />
auch den ganzen Tag belagert, bis glücklich am Abend des<br />
6. Februar infolge Verhandlungen des Vollzugsrates mit den<br />
Verbänden der Streik als beendet erklärt wurde. Viel trug zu<br />
der baldigen Beendigung des Streikes auch die Festigkeit der<br />
Ärzte bei, welche erklärten, nicht mehr arbeiten zu wollen,<br />
wenn nicht bald geordnete Zustände in Düsseldorf zurückkehrten;<br />
die Spartakisten wollten allerdings die Ärzte zwingen<br />
die Patienten zu behandeln; mehrere derselben wurden<br />
infolge Weigerung verhaftet; auch vor unserer Hospitalpforte<br />
erschien ½ 3 Uhr das berüchtigte Auto der Spartakusleute<br />
und verlangte die Vorgesetzte oder den Chefarzt zu sprechen.<br />
Da erstere beim Gebet mit der Gemeinde war, sagte sie<br />
auf Bescheid der Pförtnerin, man solle die Leute zu Dr. Kudlek<br />
schicken. In rasendem Tempo sauste nun das Auto dorthin;<br />
aber schnell benachrichtigten wir denselben von dem<br />
bevorstehenden ... Besuch, so daß er noch gerade Zeit hatte,<br />
sich in seiner Kellertreppe in Sicherheit zu bringen. Frau<br />
Dr. Kudlek verhandelte mit den Roten und es gelang ihr die<br />
Leute bis auf 5 Uhr zu vertrösten; glücklicherweise wurde um<br />
½ 4 Uhr das Ende des Streiks bekannt gegeben“.<br />
Grabenstraße 19,<br />
Spartakistenunruhen, 1919<br />
Flingern, Stadtwerke, um 1925<br />
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