Berliner Zeitung 20.10.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 245 · 2 0./21. Oktober 2018 B7<br />
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Bildung<br />
PC statt Bücher,amComputer statt im Hörsaal oder in der Bibliothek. Durch E-Learning haben Studenten von überall aus Zugriff auf Lerninhalte.<br />
DPA<br />
Experimente am Bildschirm<br />
Toolbox, MOOC, Moodle, virtuelle Versuche: Digitale Lehrangebote an Unis nehmen zu, die Vielfalt ist groß. Doch erleichtern sie wirklich das Studieren?<br />
VonAnnette Birschel<br />
Studierende lernen längst<br />
nicht mehr nur in Hörsälen<br />
und Bibliotheken. Vorlesungen<br />
gibt es als Videos,Zusammenhänge<br />
werden in Online-Tutorials<br />
erklärt, und auch virtuelle Experimente<br />
sind problemlos von zuHause<br />
abrufbar.<br />
Die Digitalisierung verändert<br />
auch die Lehre anden Hochschulen.<br />
Die Technische Universität<br />
München etwa bietet seit kurzem<br />
eine „Toolbox Lehrerbildung“ an.<br />
Lehramt-Studierende können darin<br />
beispielsweise ein Video schauen,<br />
wie sie Schülern ambesten den<br />
Satz des Pythagoras erklären. Das<br />
Angebot gibt es momentan für die<br />
Fächer Mathematik und Informatik.<br />
Es steht allen angehenden<br />
Lehrern, aber auch bereits unterrichtenden<br />
Lehrkräften kostenlos<br />
zur Verfügung.<br />
An der Rheinisch-Westfälischen<br />
Technischen Hochschule (RWTH)<br />
Aachen ist es schon seit einigen Jahren<br />
üblich, dass Studierende sämtliche<br />
Experimente online einsehen<br />
können und dafür nicht mehr im<br />
Labor vorOrt sein müssen.<br />
Neue virtuelle Formate<br />
Neben den Online-Experimenten<br />
haben sich an der RWTH weiterevirtuelle<br />
Formate etabliert. Zum Beispiel<br />
das Serious Game,also digitale<br />
Lernspiel. Studierende greifen dabei<br />
auf eine virtuelle Chemieanlage<br />
zu und üben dort ihr Wissen über<br />
das im Kurs behandelte Material,<br />
wenden es an und lösen dann praktische<br />
Probleme.<br />
„Der digitale Wandel ist an den<br />
Hochschulen angekommen“, sagt<br />
KlausWannemacher vomInstitut für<br />
Hochschulentwicklung. „Rund zwei<br />
Drittel der Hochschulen haben die<br />
Digitalisierung mittlerweile in ihrer<br />
Strategie verankert.“<br />
Doch was bringt die Technologie?<br />
„Studierende gewinnen an Mobilität,<br />
wenn die Technik flexible Lernorte<br />
ermöglicht und die Zeit minimiert,<br />
die man sonst für organisatorische<br />
Fragen oder die Anwesenheit<br />
an den Hochschulen benötigt“, sagt<br />
Marc Rittberger. Erist Direktor der<br />
Abteilung Informationszentrum Bildung<br />
beim Deutschen Institut für<br />
Internationale Pädagogische Forschung<br />
(DIPF).<br />
Damit Studierende profitieren,<br />
muss der technische Fortschritt allerdings<br />
richtig umgesetzt werden.<br />
Und der Zielgruppe auch nahegebracht<br />
werden. Oder wie es Professor<br />
Jürgen Bolten von der Jenaer<br />
Friedrich-Schiller-Universität sagt:<br />
„Grundsätzlich denke ich nicht, dass<br />
sich im Hochschul-Alltag so viel ändern<br />
wird.“ Für ihn ist die Hauptfrage,wie<br />
man Lehrende dazu motivierenkann,<br />
Zeit in E-Learning zu investieren.<br />
„Die meisten Lehrenden sehen<br />
nur die Mehrarbeit mit dieser<br />
Artder Digitalisierung.“<br />
Prof. Bolten bietet seit Jahren das<br />
Konzept des Inverted Classrooms<br />
an, was sich etwa mit umgekehrtem<br />
„Studierende gewinnen, wenn die Technik<br />
flexible Lernorte ermöglicht und die Zeit<br />
minimiert, die man sonst benötigt“<br />
Marc Rittberger,Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />
Klassenzimmer übersetzen lässt.<br />
Das Konzept: Studierende folgen einer<br />
Vorlesung daheim und diskutieren<br />
imAnschluss ineinem Forum.<br />
Anschließend treffen sie sich in der<br />
Uni, um offene Fragen oder Anwendungsaufgaben<br />
zu besprechen. Bolten<br />
hat dabei gute Erfahrungen gemacht.<br />
Das Lernen werde sodeutlich<br />
effektiver.<br />
Eine weitere digitale Lern-Möglichkeit<br />
sind sogenannte Massive<br />
Open Online Courses (MOOC). Das<br />
ist ein Format des Online-Lernens,<br />
welchesVideo-Vorlesungen, interaktive<br />
Selbsttests und Hausaufgaben<br />
mit einem sozialen digitalen Lernraum<br />
kombiniert. Interessierte können<br />
weltweit auf solche digitalen<br />
Kurse mit vielen Inhalten zugreifen –<br />
und das sogar kostenlos.Der Studierende<br />
kann selbst entscheiden, was<br />
er wann und in welchem Umfang<br />
lernen möchte.<br />
Das MOOC-Modell ist vor allem<br />
in den USA weit verbreitet. Aber<br />
auch in Deutschland nimmt die<br />
Nutzerzahl immer mehr zu. Beispiele<br />
für deutschsprachige Plattformen<br />
sind Iversity oder auch das E-Learning-Angebot<br />
des Hasso-Plattner-<br />
Instituts in Potsdam-Babelsberg. Mit<br />
der SoftwareMoodle können Studierende<br />
in einem Forummit Kommilitonen<br />
und Lehrenden agieren. Arbeitsmaterialien,<br />
Aufgaben und andere<br />
Aktivitäten lassen sich dort<br />
austauschen. Man kann einander<br />
auch direkt schreiben. Das Konzept<br />
wird neben der Universität auch an<br />
Schulen eingesetzt.<br />
Apps für spezifische Lernprobleme<br />
Das digitale Lernen hat sich bereits<br />
an einigenHochschulen in Deutschland<br />
etabliert, aber der komplette<br />
Durchbruch ist noch nicht gelungen.<br />
„Ich denke, auch in Zukunft werden<br />
Studierende ganz normal die Unibesuchen“,<br />
sagt Bolten von der Uni in<br />
Jena. Lediglich die Reihenfolge werde<br />
sich vielleicht etwas ändern. Im<br />
digitalen Lernen sieht er viel Potenzial.<br />
„Vor allem in dessen Internationalität.“<br />
E-Learning kann im Studium<br />
durchaus das Lernen erleichtern.<br />
„Digitalisierte Lernangebote eignen<br />
sich zur Unterstützung individueller<br />
Selbstlernphasen“, sagt Klaus Wannemacher.Sei<br />
es zum Beispiel durch<br />
mobile Apps für spezifische Lernprobleme<br />
oder durch studienbegleitende<br />
Leistungsmessung, sogenannte<br />
E-Assessments. (dpa)<br />
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