Berliner Zeitung 06.11.2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 259 · D ienstag, 6. November 2018<br />
·························································································································································································································································································<br />
Berlin<br />
Schluss mit Analogfernsehen in Berlin: Wernoch einen Fernseher ohne Digitalempfänger hat, muss umrüsten.<br />
GETTY IMAGES<br />
Wenn der Bildschirm schwarz bleibt<br />
In Berlin und Brandenburg wird das Analogfernsehen abgeschaltet. 75000 Haushalte sind betroffen, viele Bürger verunsichert. Die wichtigsten Antworten<br />
VonAnnika Leister<br />
Die Telefonleitungen bei<br />
Fernsehverkäufern und<br />
Reparaturdiensten laufen<br />
seit Tagen heiß. Denn<br />
viele <strong>Berliner</strong> sind verunsichert. Einige<br />
haben Post erhalten, bei anderenläuft<br />
ein Textband über den Bildschirm–mit<br />
der Mitteilung, dass das<br />
Analogfernsehen in diesen Tagen abgestellt<br />
wird. Einige Netzanbieter<br />
machen ausgerechnet jetzt auch verstärkt<br />
Werbung für neue Verträge.<br />
Doch viele, vor allem die Älteren,<br />
wissen gar nicht, ob ihr Fernseher<br />
analog läuft und was sie jetzt tun sollen.<br />
Hier die Antworten auf die wichtigsten<br />
Fragen.<br />
Wie viele Haushalte sind betroffen?<br />
In Westdeutschland wurde die<br />
Umstellung vielerorts bereits vorgenommen,<br />
insgesamt sollen jetzt<br />
noch knapp 1,2 Millionen Haushalte<br />
betroffen sein. In Berlin sind es nach<br />
Schätzung von Uwe Haaß von der<br />
Medienanstalt Berlin-Brandenburg<br />
wohl 75 000 Haushalte. Inder Mieterstadt<br />
Berlin ist Kabelfernsehen<br />
besonders weit verbreitet, weil man<br />
für eine Satellitenschüssel in der Regel<br />
eine Genehmigung des Hausherrn<br />
braucht. Zudem ist der Empfang<br />
je nach Ausrichtung der Wohnung<br />
oft schlecht. Und nicht zuletzt<br />
bieten viele Vermieter ihren Mietern<br />
den Kabelanschluss standardmäßig.<br />
Wann ist genau Schluss mit Analogfernsehen?<br />
DieTermine zur Abschaltung variieren<br />
je nach Bezirk und Anbieter. In<br />
Berlin hat dieTelekom in dieser Nacht<br />
mit der Abschaltung begonnen, Vodafone<br />
folgt in Schüben auch am 13.,<br />
20. und 27. November.Auch Potsdam<br />
und Schönefeld sind im November<br />
dran –der Rest Brandenburgs folgt im<br />
März. In der Regel läuft bei Betroffenen<br />
zurzeit ein Spruchband mit dem<br />
Abschalttermin über den Bildschirm.<br />
Brauche ich einen neuen Vertrag?<br />
Nein –auch wenn Netzbetreiber<br />
versuchen, die Unsicherheit von<br />
Analogkunden auszunutzen und<br />
ausgerechnet jetzt neue,teurereVerträge<br />
anbieten. Ein Vertragswechsel<br />
ist bei der Abschaltung aber auf keinen<br />
Fall zwingend. DieBetreiber haben<br />
der Medienanstalt eigentlich<br />
auch zugesichert, die Informationen<br />
über die Abschaltung neutral zu halten<br />
und nicht mit Werbung zu verquicken.<br />
Verstöße dagegen können<br />
bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburggemeldet<br />
werden.<br />
Woran erkenne ich, ob mein Fernseher<br />
analog empfängt?<br />
Wer eine Zimmerantenne oder<br />
eine Satellitenschüssel zum Empfang<br />
nutzt, muss sich keine Sorgen machen.<br />
Sein Programm wird schon digital<br />
übertragen. WerKabelfernsehen<br />
empfängt –erkennbar an der weißen<br />
TV-Dose an der Wand, an die der<br />
Fernseher direkt angeschlossen ist –<br />
der muss unter Umständen umrüsten.<br />
Das gilt besonders, wenn der<br />
Fernseher, egal ob Röhre oder Flachbild,<br />
vor dem Jahr 2010 gekauft<br />
wurde. Neuere Geräte haben ein<br />
Nachrüsten lassen sich alte Fernseher mit einem solchen Digital-Receiver.<br />
FOTOLIA<br />
Empfangsteil für digitales Kabelfernsehen<br />
bereits integriert. Die beste<br />
Orientierung bietet ein Blick in die<br />
Programmliste des Fernsehers: Sind<br />
es nur rund 30 Programme,die empfangen<br />
werden, und fehlen digitale<br />
Sender wie One, Tagesschau24 oder<br />
ZDFneo, läuft das Gerät analog und<br />
eine Umrüstung ist nötig.Werrund 90<br />
Sender und ARD oder ZDF auch mit<br />
ausgewiesener „HD“-Qualität empfängt,<br />
schaut hingegen sicher digital.<br />
Wasmuss ich tun, wenn ich noch analog<br />
schaue?<br />
Wer noch analog empfängt, bei<br />
dem bleibt der Bildschirm nach der<br />
Abschaltung schwarz. Ein neuer TV<br />
muss her oder aber ein DVB-C-Kabelreceiver,<br />
mit dem das alte Gerät<br />
aufgerüstet wird. Die Receiver kosten<br />
im Handel zwischen 40 und 50<br />
Euro.Nachteil: DerReceiver braucht<br />
eine eigene Fernbedienung. „Vor allem<br />
ältere Kunden sind damit oft<br />
überfordert“, sagt Frank Riewe, Geschäftsführer<br />
von Fernseh Clavis in<br />
Wilmersdorf. Da sei ein neuer Fernseher<br />
oft die bessere Alternative. Inzwischen<br />
seien alle im Handel angebotenen<br />
Geräte digitaltauglich.<br />
Und wenn ich schon digital empfangen<br />
kann?<br />
Werschon einen Digitalempfänger<br />
im Fernseher hat, aber noch analog<br />
schaut, kann in der Regel in den<br />
Menü-Einstellungen einfach selbst<br />
auf den neuen Empfangsweg „Digital-TV“<br />
oder „DVB-C“ umstellen.<br />
Weil mit der Abschaltung des analogen<br />
TV-Programms auch die digitalen<br />
Sender neu sortiertwerden, müssen<br />
außerdem auch alle, die schon<br />
seit längerem digital empfangen,<br />
nach der Umschaltung einen Sendersuchlauf<br />
starten.<br />
Ist Radio noch analog zu empfangen?<br />
Nein. WerRadio über Kabel analog<br />
empfängt, muss ebenfalls aufrüsten:<br />
Neben dem Digital-TV-Receiver<br />
braucht es dann auch einen Radio-<br />
Receiver (in der Regel zwischen 35<br />
und 55 Euro). Auch dieser benötigt<br />
eine eigene Fernbedienung. Ein<br />
neues Radio hilft in diesem Fall<br />
nicht, denn: „Es gibt noch kein Radio-Gerät,<br />
das Digitalreceiver eingebaut<br />
hat“, erklärt Frank Riewe. Als<br />
einfachste Alternative zum Receiver<br />
empfiehlt Experte Riewe eine Wurfantenne,<br />
die an das Gerät angeschlossen<br />
wird. Dann wird der Ton<br />
aber klassisch per Ultrakurzwelle<br />
(UKW)übertragen, nicht digital.<br />
Washabe ich von der Umstellung?<br />
Mehr Sender in besserer Bildund<br />
Audioqualität.<br />
Und washaben die Anbieter davon?<br />
Das Angebot von Analogfernsehen<br />
frisst Platz in den Kanälen der<br />
Netzbetreiber. Sie wollen diesen<br />
Platz für andere Angebote nutzen,<br />
zum Beispiel neue Sender und eine<br />
höhereHD-Qualität oder –recht neu<br />
–für schnelleres Internet und Telefonie<br />
per Kabel. Vonletzterem können<br />
Verbraucher auch profitieren: Häufig<br />
ist das Internet per Kabel ähnlich<br />
leistungsstark, aber wesentlich<br />
günstiger als ein DSL-Anschluss.<br />
Immobilien-Profis: Städte wie Berlin sindüberteuert<br />
Ausländische Anleger schätzen zwar Grundstücke und Häuser in Deutschland als solide Wertanlage, doch der starke Preisanstieg treibt sie in andere Regionen<br />
VonAlexander Sturm<br />
Starke Wirtschaft, politische Stabilität,<br />
Rechtssicherheit: Wohnungen<br />
und Häuser in Deutschland gelten<br />
Investoren weltweit als sicherer<br />
Hafen –zum Leidwesen vonMietern<br />
und Immobilienkäufern. In einigen<br />
Städten hierzulande ist die Wohnungsnot<br />
groß, Eigentum wird für<br />
viele Menschen unerschwinglich.<br />
Doch angesichts der hohen Preise<br />
wenden sich nun auch manche<br />
Großanleger ab,wie eine Analyse der<br />
Beratungsgesellschaft PwC zeigt.<br />
Demnach sanken die Immobilien-Investments<br />
in Deutschland in<br />
den vergangenen zwölf Monaten um<br />
drei Milliarden auf 65 Milliarden<br />
Euro. Wohnungen und Häuser in<br />
hiesigen Städten würden zwar von<br />
Großanlegerngeschätzt, weil sie viel<br />
Wert auf Sicherheit legten, heißt es in<br />
dem Papier, das der Deutschen-<br />
Presse-Agentur vorliegt. „Dennoch<br />
werden Berlin, Frankfurt, Hamburg<br />
und München vonvielen Investoren<br />
als überteuert angesehen“, sagt<br />
PwC-Partnerin Susanne Eickermann-Riepe.<br />
Die mehr als 800 Immobilien-Profis,<br />
die befragt wurden,<br />
finden die Häuserpreise in deutschen<br />
Großstädten –wie auch in anderen<br />
europäischen Metropolen –<br />
sehr sportlich. „Nahe am Gipfel“,<br />
„weit fortgeschritten“ oder „überteuert“,<br />
lautet häufig ihr Urteil.<br />
Großbritannien ist beliebter<br />
<strong>Berliner</strong> Mieter müssen weiter mit steigenden Wohnkosten rechnen.<br />
ren aus den USA, Großbritannien<br />
und China in großem Stil Wohnungen<br />
und Häuser in deutschen Städten<br />
gekauft.<br />
Bei Deals jenseits von zehn Millionen<br />
Euro stammte 2017 mehr als<br />
jeder zweite Euro vonausländischen<br />
Kapitalgebern, so der Verband deut-<br />
HANS RICHARD EDINGER<br />
Manchen Anlegern wurde es nun<br />
offenbar zu bunt. Ganz vorn in ihrer<br />
Gunst steht europaweit nicht mehr<br />
Deutschland, sondern Großbritannien.<br />
Auf der Insel wurden vom<br />
Schlussquartal 2017 bis zum Ende<br />
des dritten Quartals dieses Jahres 68<br />
Milliarden Euro in Immobilien investiert.<br />
Deutschland habe zu wenige<br />
Zielobjekte, und diese seien zu<br />
teuer, meint Eickermann-Riepe.<br />
„Aus diesem Grund konnte Großbritannien<br />
trotz des bevorstehenden<br />
Brexit vorbeiziehen.“ In den<br />
vergangenen Jahren hatten Investoscher<br />
Pfandbriefbanken. Die Einschätzung<br />
der Großanleger hat daher<br />
Gewicht. DieStudie ist ferner ein<br />
Beleg dafür,dass der seit einem Jahrzehnt<br />
laufende Immobilienzyklus in<br />
Deutschland inzwischen in einer<br />
Spätphase angekommen ist. Die<br />
Bundesbank warnte mehrfach vor<br />
Preisübertreibungen in Ballungsräumen.<br />
Sie sieht Überbewertungen<br />
von bis zu 30 Prozent, wenn auch<br />
noch keine bundesweite Blase.<br />
Innerhalb von Deutschland<br />
macht sich nun auch der 2019 geplante<br />
Brexit bemerkbar, zeigt die<br />
PwC-Studie. InFrankfurt, das viele<br />
Londoner Banker anzieht, stiegen<br />
die Immobilieninvestments demnach<br />
rasant: Am Main wurden acht<br />
Milliarden Euro in Wohnungen und<br />
Häuser gesteckt – ein Plus von 14<br />
Prozent binnen Jahresfrist. Damit<br />
holte Frankfurt hinsichtlich des Volumens<br />
Berlin ein. Die beiden deutschen<br />
Spitzenreiter stehen in Europa<br />
gemeinsam auf Platz drei hinter Parisund<br />
London.<br />
DieLandesbank Helaba erwartet,<br />
dass die Zahl der Bankbeschäftigten<br />
in Frankfurtmittelfristig um mindestens<br />
8000 Menschen steigt. Der Zuzug<br />
vonBankernaus London wegen<br />
des Brexit werde dazu beitragen,<br />
„dass sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise<br />
und Mieten mindestens<br />
in ähnlichem Tempo fortsetzt“,<br />
schätzt sie.<br />
Aber nicht nur Frankfurt, sondern<br />
auch andere deutsche Großstädte<br />
bleiben laut der PwC-Studie begehrt<br />
–trotz aller Skepsis über hohe Immobilienpreise.<br />
Gefragt nach den<br />
besten Aussichten für europäische<br />
Metropolen, sehen die befragten<br />
Profis gleich vier deutsche Städte in<br />
den TopTen: Berlin (2), Frankfurt(5),<br />
Hamburg(7) und München (10).<br />
Keine Entwarnung<br />
Auch hinsichtlich der erwarteten<br />
Mietsteigerungen geben die Studienautoren<br />
keine Entwarnung. Hier<br />
wird ebenfalls mit Aufschlägen in<br />
Frankfurtund Hamburggerechnet –<br />
und allen voraninBerlin. DieHauptstadt<br />
wird europaweit als am lukrativsten<br />
bewertet. „Die Liebesbeziehung<br />
der Immobilienbranche mit<br />
Berlin dürfte 2019 weitergehen“,<br />
heißt es.„Jeder will dortsein, und die<br />
Mieten gehen durch die Decke.“<br />
(dpa)