Berliner Zeitung 06.11.2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 259 · D ienstag, 6. November 2018 11 *<br />
·························································································································································································································································································<br />
Berlin<br />
Telefonforum<br />
Wiewird die<br />
Wohnung<br />
barrierefrei?<br />
Am Donnerstag antworten<br />
Experten auf Leserfragen<br />
Jedes Lebensalter hat seine Besonderheiten<br />
–auch, was das Wohnen<br />
betrifft. Mitdem Zimmer bei den Eltern<br />
fängt es an, dann folgt womöglich<br />
eine Studentenbude, ein Ein-<br />
Zimmer-Apartment oder eine<br />
Wohngemeinschaft. Steht die Gründung<br />
einer Familie an, denkt man<br />
neu über das Wohnen nach. Komfort<br />
wirdwichtiger,und dazu gehörtBarrierefreiheit<br />
in der Wohnung. Kinderwagen<br />
und Rollstuhl brauchen<br />
ähnlich viel Platz zum Rangieren.<br />
Schwellen und Stufen bremsen alles,<br />
was Rollen hat: Schmale Türen und<br />
ein Mini-Badezimmer erschweren<br />
die Beweglichkeit.<br />
Vonvornherein darauf zu achten,<br />
dass solche Hindernisse entweder<br />
gar nicht erst gebaut oder baldmöglichst<br />
beseitigt werden, erleichtert<br />
die Bewältigung des Alltags enorm.<br />
Allerdings gelten nur ein bis zwei<br />
Prozent des Wohnungsbestandes in<br />
Deutschland heute als barrierefrei<br />
oder barrierearm.Weil die Nachfrage<br />
steigt, müssen bis 2030 nach Hochrechnungen<br />
rund 2,9 Millionen barrierefreie<br />
Wohnungen gebaut werden.<br />
Modernisierung nutzen<br />
Wer heute schon eine entsprechendeWohnung<br />
braucht, ist gut beraten,<br />
aktiv zu werden. Immobilieneigentümer<br />
können selber entscheiden,<br />
wann, was,wie umgebaut wird.<br />
Für sie ist es optimal, im Rahmen einer<br />
ohnehin erforderlichen Modernisierung<br />
gleich die Barrieren zu beseitigen.<br />
Werzur Miete wohnt, muss<br />
sich mit seinem Vermieter ins Benehmen<br />
setzen.<br />
Werbei der technischen Planung<br />
helfen kann, wie man das finanziert,<br />
und wo es Zuschüsse oder Fördergeld<br />
für den Umbau zu einer barrierefreien<br />
Wohnung gibt, klären am<br />
kommenden Donnerstag Experten<br />
während unserer nächsten Telefonaktion.<br />
(BLZ)<br />
Am 8. November beantworten die <strong>Berliner</strong><br />
Architektin Sonja Hopf, spezialisiertauf barrierefreie<br />
Umbauten, und Alexander Nothaft vom<br />
Verbandder Privaten Bausparkassen die Fragen<br />
der Anrufer.Zuerreichen sind sie von<br />
16 bis 18 Uhr über diekostenloseTelefonnummer<br />
0800/000 47 43.<br />
Energieschub für Tegel<br />
Am Flughafen soll ein innovatives Versorgungssystem entstehen –vorausgesetzt, der BER öffnet<br />
VonMelanie Reinsch<br />
Am Flughafen Tegel scheiden<br />
sich in Berlin die Geister:<br />
Hier die Nostalgiker,<br />
die Tegel gerne und vor allem<br />
um jeden Preis offen lassen<br />
möchten, dort die Schließbefürworter,<br />
die betonen, dass ein Weiterbetrieb<br />
des Flughafens trotz erfolgreichen<br />
Volksbegehrens nicht realistisch<br />
ist. Kaum ein Thema ist in der<br />
Hauptstadt emotionaler besetzt.<br />
Längere Zeit war es still um Zukunft<br />
und Nachnutzung des Flughafens<br />
TXL. Zuletzt hatte die <strong>Berliner</strong> Clubszene<br />
den Flughafen im Auge.<br />
Fakt ist nun: Es tut sich was in Tegel.<br />
Am Montag stellte die Tegel Projekt<br />
GmbH das neue Energiekonzept<br />
für den Forschungs- und Industriestandort<br />
Urban Tech Republic und<br />
das Schumacher Quartier vor, die<br />
entstehen sollen, wenn der alte Flughafen<br />
in Tegel seinen Betrieb einstellt.<br />
Die <strong>Berliner</strong> Stadtwerke und<br />
Eon werden das Areal über ein neuartiges<br />
Niedrigtemperaturnetz in<br />
Zukunft mit Wärme und Kälte versorgen.<br />
Umweltfreundlich, nachhaltig<br />
und innovativ, sokündigte es die<br />
Bietergemeinschaft an, die als Sieger<br />
aus einer EU-weiten Konzessionsausschreibung<br />
hervorgegangen ist.<br />
Energiekunde als Produzent<br />
Es soll eines der größten Stadtentwicklungsprojekte<br />
Europas werden,<br />
das auch die rund 5000 Wohnungen<br />
einbezieht, die im Schumacher<br />
Quartier entstehen werden. Diese<br />
neuen Wohnungen werden technisch<br />
so ausgestattet, dass sie mit<br />
dem neuen Wärmenetz korrespondieren.<br />
60 Millionen Euro kostet dieses<br />
Energiekonzept für das gesamte<br />
Areal, das gebaut werden soll.<br />
Mit der Entwicklung und dem<br />
Management der Urban Tech Republic<br />
und des Schumacher Quartiers<br />
hat das Land Berlin die Tegel<br />
Projekt GmbH beauftragt.<br />
Das sogenannte Low-Exergie-<br />
Netz (kurz: LowEx-Netz) hat einen<br />
entscheidenden Vorteil gegenüber<br />
klassischen Fernwärmenetzen. Es<br />
arbeitet mit einer niedrigeren Betriebstemperatur,<br />
wodurch Wärmeverluste<br />
reduziert werden können,<br />
also auch Kosten. Laut Projektbetreiber<br />
sollen die Jahreskosten für Abnehmer<br />
von LowEx-Wärme bei Berlin<br />
TXL deutlich unter denen vergleichbarer<br />
Fernwärmesysteme liegen.<br />
Zudem kann überschüssige<br />
oder selbst erzeugte Energie, beispielsweise<br />
Produktionsabwärme<br />
Auch das alte Flughafen-Gebäude in Tegel soll energetisch saniertwerden.<br />
Zuhören: Über die Planungenfür<br />
Berlin TXL, The Urban<br />
Tech Republic und das Schumacher<br />
Quartier informiert<br />
die TegelProjekt GmbH auf<br />
der 9. öffentlichen Standortkonferenz.<br />
Sie beginnt am<br />
Dienstagabend im Technologie-<br />
und Innovationspark<br />
Berlin Humboldthain, Peter-<br />
Behrens-Halle, auf dem Gelände<br />
der TU.<br />
WAS PASSIERT, WENN TEGEL SCHLIESST?<br />
Fliegen: Außerdem besteht<br />
vorOrt die Möglichkeit, in einem<br />
virtuellen Rundgang die<br />
Urban Tech Republic kennenzulernen,<br />
Drohnen durch<br />
einen Parcours zu fliegen<br />
und im „Cube“ seine Meinung<br />
zu sagen. Die Veranstaltung<br />
beginnt um 17 Uhr.<br />
Die Adresse lautet: Gustav-<br />
Meyer-Allee 25, 13355 Berlin.<br />
Beteiligen: In drei verschiedenen<br />
Panels (Technologien<br />
für die Stadt der Zukunft;<br />
Moderierter Marktplatz-<br />
Rundgang mit Senatsbaudirektorin<br />
Regula Lüscher,<br />
Neuer Wohnraum für Berlin<br />
im Schumacher Quartier mit<br />
Bausenatorin Katrin Lompscher)<br />
kann man sich konkret<br />
über die einzelnen Projekte<br />
informieren.<br />
IMAGO<br />
von Gewerbe- und Industriebetrieben<br />
oder Energie aus erneuerbaren<br />
Quellen, dem System zugeführtwerden.<br />
Jeder Kunde ist also zugleich<br />
auch Produzent. Das Netz dient<br />
auch als Energie-Tauschplatz, denn<br />
es vereint dezentral die Energie aus<br />
Solaranlagen, Blockheizkraftwerken,<br />
Geothermie und Abwasserwärme.<br />
„In der geplanten Größenordnung<br />
ist das LowEx-Netz weltweit<br />
einzigartig“, sagte Philipp Bouteiller,<br />
Geschäftsführer der Tegel Projekt<br />
GmbH. Mit zehn Kilometern Länge<br />
sei das Wärmenetz „das nachhaltigste<br />
Energiesystem, das wir kennen“.<br />
80 Prozent der Wärmelieferung<br />
stammt aus erneuerbarer Energie.Man<br />
wolle mit der Kohlendioxid-<br />
Reduktion so „nah an die Null, wie es<br />
geht“, betonte Bouteiller.<br />
EinLeuchtturm-Projekt<br />
Berlin hat sich diesbezüglich viel<br />
vorgenommen – bis 2050 will die<br />
Stadt zur klimaneutralen Metropole<br />
mutieren. Ein Mammutprojekt wie<br />
in Tegel muss da natürlich als Avantgarde<br />
fungieren. So sieht es auch Jörg<br />
Simon, Vorstandschef der <strong>Berliner</strong><br />
Wasserbetriebe. Als kommunales<br />
Unternehmen setze man auf einem<br />
für Berlin bedeutsamen Gelände ein<br />
Energiekonzept mit Leuchtturmcharakter<br />
um, erklärte Simon.<br />
Soweit der Plan für Tegel. Denn<br />
natürlich setzt das alles eines voraus:<br />
dass der Flughafen Berlin Brandenburg<br />
fertig wird. Bisher hält BER-<br />
Chef Engelbert Lütke Daldrup am<br />
Termin fest: Im Oktober 2020 soll der<br />
neue Flughafen eröffnen. „Danach<br />
richten wir uns“, sagte Bouteiller.Ein<br />
halbes Jahr nach der BER-Eröffnung<br />
soll Tegel geschlossen werden. Für<br />
den Baubeginn ist der Sommer 2021<br />
vorgesehen, man rechnet mit einer<br />
Bauzeit vondreibis fünf Jahren.<br />
Eon-Vorstandsmitglied Karsten<br />
Wildberger sagte,der Zuschlag durch<br />
das Land Berlin beweise,dass„klimafreundliche<br />
Lösungen sich auch wirtschaftlich<br />
durchsetzen können, wenn<br />
sie intelligent und innovativ entwickelt“<br />
würden. „Für uns ist es das<br />
erste Netz einer völlig neuen Generation<br />
und ein wichtiger Schritt für die<br />
kommunale Energiewende“, sagte<br />
Wildberger weiter. Für Tegel-Fans<br />
sieht es also immer düsterer aus.<br />
Nicht nur stimmte das Abgeordnetenhaus<br />
im Juni für eine Schließung.<br />
Auch die FDP zögert: Ungewiss, ob<br />
die Liberalen noch mit einer Klage<br />
beim Verfassungsgerichtshof des<br />
Landes Berlin dem Volksentscheid<br />
zur Durchsetzung verhelfen wollen.<br />
Rentner tötet<br />
Wildschwein<br />
mit Axt<br />
80-Jähriger konnte sich<br />
gutes Fleisch nicht leisten<br />
I<br />
neinem Waldstück in Reinickendorf<br />
hat ein Rentner ein zutrauliches<br />
Wildschwein geschlachtet.<br />
Nach Ansicht von Polizisten ist dies<br />
zwar eine skurrile, aber auch traurige<br />
Geschichte.<br />
Voneinem Lidl-Parkplatz an der<br />
Karolinenstraße aus sah ein Zeuge<br />
am Donnerstagabend, wie sich in<br />
demWaldstück um das Tegeler Fließ<br />
ein Mann vorsichtig einem Wildschwein<br />
näherte. Das Tier hatte offenbar<br />
keine Angst vor dem Menschen.<br />
Plötzlich holte der Mann mit<br />
einer Axt aus und schlug zu.<br />
Der Zeuge wählte den Polizeinotruf<br />
110. In der Nähe des Parkplatzes<br />
traf gegen 22.40 Uhr eine<br />
Funkstreife ein. Die Beamten sahen<br />
eine Frau, die in einem geparkten<br />
Auto saß. „Ich warte auf meinen<br />
Mann, der gleich von der Arbeit<br />
kommt“, sagte die 75-Jährige. Was<br />
sie mit „Arbeit“ meinte, stellte sich<br />
bald heraus, als sich die Polizisten<br />
weiter in der Umgebung umschauten.<br />
Sie fanden zwischen den Bäumen<br />
eine enthauptete Bache. Nach<br />
Angaben der Polizei war das Wildschwein<br />
schon gehäutet und teilweise<br />
ausgenommen. Eingeweide<br />
und größere Stücken Fleisch waren<br />
bereits in einer Kiste verpackt. Eine<br />
Axt und ein Messer lagen daneben.<br />
Der Täter versteckte sich im Gebüsch.<br />
Bei dem Mann handelt es sich<br />
um einen 80 Jahrealten ehemaligen<br />
Fleischer.Ergab zu, das zutrauliche<br />
Tier mit der Axt erschlagen zu haben,<br />
um es dann zu schlachten und<br />
auszunehmen. Er zeigte den Polizisten<br />
auch den abgetrennten Kopf des<br />
Tieres.<br />
Die Beamten übergaben die Kadaverteile<br />
dem Förster und beschlagnahmten<br />
die Schlachtwerkzeuge.<br />
Den 80-Jährigen zeigten sie<br />
an wegen des Tatbestands der Jagdwilderei.<br />
Als Grund für seine Tatgab<br />
der Rentner an, dass er sich das gute<br />
Wildschweinfleisch einfach nicht<br />
leisten könne.<br />
Die Zahl der Fälle von Wilderei<br />
steigen in Berlin seit Jahren an. Im<br />
Jahr 2016 zählte die Kriminalstatistik<br />
120 dieser Delikte. Imvergangenen<br />
Jahr waren es bereits 151 Fälle. Wilderei<br />
wird mit Freiheitsstrafe bis zu<br />
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.<br />
(kop.)